Petition für einen besseren Personalschlüssel in Kitas – Zais: Gute Kitas brauchen kindgerechten Personalschlüssel und eine professionelle Leitung

Rede der Abgeordneten Petra Zais (GRÜNE) zur Petitionsbeschlussempfehlung (Drs 6/8791)
50. Sitzung des Sächsischen Landtags, 15. März, TOP 13

– Es gilt das gesprochene Wort –

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen,
Auch die Fraktion B90/DIE GRÜNEN erklärt zu den genannten Petitionen im Zusammenhang mit der Verbesserung des Personalschlüssels in sächsischen Kindertageseinrichtungen ihr abweichendes Stimmverhalten.
Denn keinesfalls ist – so wie in den Beschlussempfehlungen formuliert – dem Anliegen der Petenten Rechnung getragen.
Alle, die sich in den letzten 5 Jahren um ein politisches Mandat beworben haben, wurden in vielen Veranstaltungen mit den Forderungen nach einer dringend gebotenen, substanziellen Verbesserung des Betreuungsschlüssels konfrontiert.
Substanziell auch deshalb, weil der auf dem Papier stehende Betreuungsschlüssel nur wenig mit der tatsächlichen Fachkraft-Kind-Realtion in den Kindertageseinrichtungen zu tun hatte und nach wie vor hat.
Im Dezember 2016 (HH) hat die Liga Zahlen dazu vorgelegt. Eine Fachkraft betreut danach in der Regel:
statt 6 (wie im offiziellen Schlüssel) – 9 Kinder in der Kinderkrippe
statt 12 – 18 Kinder im Kindergarten
Im Hort 22 Kinder – gefordert 1:16 /Verbesserungen sind hier nicht in Sicht
Das ist nichts, worauf SPD und CDU tatsächlich stolz sein könnten und weit von dem entfernt, was die Petenten forderten. Auch wenn Sie nicht müde werden zu betonen, dass die im Koalitionsvertrag vereinbarten Verbesserungen als Einstieg zu werten seien bleibt es dabei: Sie handeln spät und zögerlich und die vereinbarten Absenkungsschritte gleichen einer Tippel-Tappel Tour, sind nicht mehr als Kosmetik. Das ist bitter für die Betroffenen. Bitter auch deshalb, weil angesichts der guten finanziellen Situation des Freistaates eine deutlicher Schritt – wie wir ihn zu den HH-Beratungen eingebracht haben – möglich gewesen wäre. Also seien sie ehrlich – auch zu den Petenten. Sagen sie, dass sie andere Prioritäten haben, aber hauen sie der Öffentlichkeit nicht die Taschen voll mit dem Satz:
"Der Sächsische Landtag sei dem Anliegen nach einem besseren Personalschlüssel jedoch grundlegend und weitgehend gefolgt und sieht die Petition im Sinne der Qualitätssteigerung an sächsischen Kindertageseinrichtungen demnach als abgeholfen."
Ich selbst habe viele Foren und Diskussionsrunden erlebt, in denen die VertreterInnen aller Parteien für das Anliegen der ErzieherInnen, der Liga der Spritzenverbände der freien Wohlfahrtsverbände, Eltern und Gewerkschaften Verständnis zeigten und im Falle der Wahl, Veränderung versprachen.
Und auch jetzt werden Koalition und Staatsregierung nicht müde zu betonen, wie sehr ihnen die frühkindliche Bildung am Herzen liegt und wie toll der sächsische Bildungsplan ist. Ja, der Bildungsplan ist ein fachlich gutes Instrument. Aber bereits mit der Evaluierung der Personalausstattung in den Kindertageseinrichtungen im Jahr 2008 wurde klar, dass die mit der Umsetzung verbundenen höheren Anforderungen an das pädagogische Personal nicht so einfach aus dem Ärmel geschüttelt werden können.
Diese mittelbare pädagogische Arbeitszeit beinhaltet:
Entwicklungsgespräche mit den Eltern, Elternabende, Zeit für Familienbildungsangebote, Teamberatungen, Dokumentation der Entwicklungsprozesse, Qualitätsentwicklung insbesondere die interne Evaluation zur Weiterentwicklung der pädagogischen Konzepte.
Trotz der Empfehlung des Landesjugendhilfeaussschusses aus dem Jahr 2009, diese zusätzliche Zeit (4 Stunden pro pädagogische Fachkraft/pro Woche) durch einen erhöhten Zuschuss im Rahmen der gesetzlichen Kita-Finanzierung zu regeln – ist bis heute nichts passiert. Die Koalition hätte die Möglichkeit gehabt, die zunächst durch die Liga in einem ersten Schritt geforderten 2 Stunden einzubeziehen – getan hat sie es nicht. Auch diese Forderung war Teil der Petitionen und ihr wird gleichfalls nicht abgeholfen.
Eine gute Kita braucht nicht nur einen kindgerechten Personalschlüssel, sie braucht auch eine professionelle Leitung, d.h. – eine freigestellte Leitung!
Die Regelung im sächs. Kita-Gesetz lautet, je 10 vollbeschäftigten pädagogischen Fachkräften eine freigestellte Leitungskraft. Umgerechnet auf den Kita-Schlüssel bedeutet das, erst eine Kita mit 120 Kindern hat darauf Ansruch. Das ist zuwenig und wurde von den Petenten entsprechend moniert. Abgeholfen wurde der Forderung gleichfalls nicht.
Das Fazit ist: Unsere Fraktion wird dem Beschlussvorschlag nicht zustimmen. Ich kann nur empfehlen, dass man bezüglich der Ausdifferenzierungen der Entscheidung im Petitionsausschuss vielleicht auch einmal schaut, wie man das an anderer Stelle macht.
Die Stadt Chemnitz hat auch einen Petitionsausschuss. Dieser hat zum Beispiel die Möglichkeit zu entscheiden, dass einer Petition bei künftigen Beschlussfassungen abgeholfen werden kann. Das könnte ich mir sehr gut auch für den Sächsischen Landtag vorstellen. Das hätte hier gut gepasst. » alle Redebeiträge der GRÜNEN-Fraktion » alle Infos zur 50./51. Landtagssitzung