Johannes Lichdi: Es ist möglich, die NPD aus dem Landtag zu drängen, aber beim Problem Rechtsextremismus bleibt viel zu tun

Es gilt das gesprochene Wort!
Nachdem in der 3. Wahlperiode sowohl die SPD als auch die PDS-Fraktion eine Große Anfrage zum Rechtsextremismus in Sachsen gestellt hatten, erschien uns ein erneuter Gesamtüberblick über den Rechtsextremismus geboten. Dem sollte die Große Anfrage dienen. (…)
Es ist ein verbreiteter, aber grundfalscher und gefährlicher Irrglaube, die NPD mit dem Rechtsextremismus gleichzusetzen. Denn es führt zu Verkürzungen, die der Sache nicht gerecht werden – beispielsweise wenn nach spektakulären Gewalttaten mittlerweile reflexartig nach einem Verbot der NPD gerufen wird, als ob sich damit das Problem von antisemitischer, rassistischer und diktatorischer Vorstellungen und der Gewaltbereitschaft automatisch erledigen ließe!
Die NPD ist nur eine Ausdrucksform des Rechtsextremismus. Sie ist nicht der alleinige Erzeuger rassistischer und sonstiger menschenfeindlicher Einstellungen, sie ist vielmehr der Profiteur dieser gesellschaftlich verbreiteten Ressentiments. Deshalb muss schon jetzt festgestellt werden: Sollte die NPD bei den Wahlen aus diesem Landtag fliegen, worauf wir hinarbeiten, hätte sich das Problem des Rechtsextremismus in Sachsen noch lange nicht erledigt! (…)
Auch wenn die NPD in Sachsen gegenwärtig an Mitgliedern verliert, bleibt die rechtsextreme Szene insgesamt stabil. Die Zahl der NPD-Mitglieder ist zwar von 1.000 auf 850 gesunken. Insgesamt geht die Staatsregierung aber von 3.000 Rechtsextremisten in Sachsen aus, von denen immerhin 1.280 als gewaltbereit eingestuft werden. (…)
Lückenhaftes Bild des Rechtsextremismus
Man merkt den Antworten der Staatsregierung durchaus an, dass Phänomene wie „Freie Netze“ oder „Autonome Nationalisten“ sich der Beobachtungslogik des Verfassungsschutzes entziehen. Insofern ist das in den Antworten gezeichnete Bild des Rechtsextremismus auch lückenhaft.
Ebenso haben wir kein vollständiges Bild des rechtsextremistischen Gewaltpotenzials erhalten. Straftaten von Kameradschaftsangehörigen werden beispielsweise als solche nicht gesondert erfasst. Ich halte das für einen ausgemachten Skandal, denn so hält sich der Verfassungsschutz und die Staatsregierung beide Augen über die Verantwortung und das Gefahrenpotential dieser Kreise zu. (…)
Unsere Große Anfrage wirft auch ein Licht auf die rege Demonstrationstätigkeit der extremen Rechten in Sachsen. Es wird sich zeigen, ob sich diese Aktivitäten auch 2009 wie im Wahljahr 2004 steigern werden. Auf jeden Fall müssen rechtsextreme Demonstrationen Anlass für Gegenaktivitäten der Zivilgesellschaft sein. Der zivilgesellschaftliche Widerstand kann die Nazis stoppen! – Das hat das Beispiel Leipzig gezeigt.
Bereits im kommenden Monat – am 14. Februar – werden wir anlässlich des Jahrestages der Luftangriffe auf Dresden wieder mit dem größten europäischen Naziaufmarsch konfrontiert werden. Die Antworten auf die Große Anfrage zeigen, dass eine verhältnismäßig kleine Organisation wie die Junge Landsmannschaft Ostdeutschland hier in unserer Landeshauptstadt das mittlerweile wichtigste Treffen von Rechtsextremisten in Europa organisiert. Die NPD wird diesen Aufmarsch als Wahlkampfauftakt nutzen.
Vollständiger Wortlaut als PDF zum herunterladen: lichdi_2009_01_23_slt130_top6 http://www.gruene-fraktion-sachsen.de/themen/rechtsextremismus.html