Karl-Heinz Gerstenberg: Hoffentlich ist sich die Staatsregierung im Klaren, dass Sie mit dem Bericht Hoffnungen geweckt hat – es darf nicht bei einmaligen Kontakten und Gesprächen bleiben

Es gilt das gesprochene Wort!

da aus den Koalitionsfraktionen CDU und SPD immer wieder Enttäuschung geäußert wird, dass die Opposition nicht stärker die Arbeit der Staatsregierung unterstützt, sage ich es heute gleich am Anfang: Streng genommen folgen wir mit dieser Aktuellen Debatte der Aufforderung der Staatsregierung. Seit März liegt der erste sächsische Kulturwirtschaftsbericht endlich vor, er soll nach dem Bekunden der Auftraggeber (Wirtschaftsministerium und Kunstministerium) dazu beitragen, die Kultur- und Kreativwirtschaft stärker ins Blickfeld der öffentlichen Aufmerksamkeit zu rücken. […] Wenn wir in den vergangenen Monaten und Jahren die Kultur- und Kreativwirtschaft im Landtag behandelt haben, dann mussten wir immer wieder feststellen, dass diese Art Öffentlichkeitsarbeit auch und gerade hier in der Politik ganz wichtig ist. Zumindest im Wirtschaftsausschuss zeigte eine Mischung aus Nichtwissen oder Ignoranz, wie notwendig Informationen zu dieser Branche sind. Umsatz erzeugen, Arbeitsplätze schaffen – das tun eben auch Leute, die nicht in ingenieurtechnischen Zusammenhängen arbeiten, die nicht klassischen Handwerksberufen nachgehen, die wenig mit der verbreiteten, noch aus dem Industriezeitalter überkommenen Vorstellung von Wirtschaft zu tun haben. Und es ist nicht das Ende von Kunst und Kultur, wenn man ganz sachlich und unaufgeregt betrachtet, welche wirtschaftlichen Effekte, nicht etwa durch Umwegrentabilität, sondern ganz konkret in der Branche selbst, erzielt werden. Bei aller Kritik, die ich an diesem Kulturwirtschaftsbericht habe: Sowohl die Ergebnisse, die er liefert, als auch die Akteure der Kultur- und Kreativwirtschaft haben es unbedingt verdient, dass wir Politikerinnen und Politiker uns genauer und intensiver damit befassen. […] 
Typisch für die Kultur- und Kreativbranche sind Erwerbsbiografien, die für immer mehr Menschen Realität werden: Drei Viertel in der Branche sind Klein- und Kleinstunternehmer, die Selbstständigenquote ist mit 21 Prozent mehr als doppelt so hoch wie in der Gesamtwirtschaft.
Damit ist aber noch längst nicht die gesamte Branche erfasst. Und hier bin ich bei einem Defizit des Berichtes: Indem in die statistische Erfassung des Berichtes nur Unternehmen mit mindestens 17.500 Euro Jahresumsatz und sozialversicherungspflichtige Erwerbstätige aufgenommen wurden, hat man einen großen Teil der in der Branche Tätigen ausgeblendet. Das mag zwar für die reine Statistik schön sein – bildet aber nicht die Realität der so genannten Kreativen Klasse ab.[…] Ich habe in den vergangenen Monaten immer wieder mit Leuten aus der Kultur- und Kreativwirtschaft gesprochen, auch mit einigen, die für den Bericht interviewt wurden. Manche äußerten die Hoffnung, dass mit dem Bericht zunächst erst mal eine Sprache gefunden sei, die – und jetzt zitiere ich – „die Menschen in der Verwaltung und in den Ministerien besser verstehen“. Daran knüpft sich die große Hoffnung, dass nun demnächst das Verweisen auf fehlende Zuständigkeiten, das Hin- und Herschicken zwischen Kulturamt und Amt für Wirtschaftsförderung ein Ende haben könnte. […] Vielleicht trägt der Bericht dazu bei, dass die Kenntnis über Kultur- und Kreativwirtschaft jetzt größer wird. Mehrmals habe ich schon erwähnt, dass ich die Handlungsempfehlungen eher knapp und enttäuschend finde.
Vollständiger Wortlaut als PDF zum herunterladen: gerstenberg_2009-05-15_slt137_top3 http://www.kommandsee.de/kreatives-sachsen/