Annekathrin Giegengack: Es bedarf einer grundlegenden Reform der Krankenhausplanung

Redebeitrag der Abgeordneten Annekathrin Giegengack zum Antrag "Krankenhausbedarfsplanung und -finanzierung auf neue Herausforderungen einstellen"
94. Sitzung des Sächsischen Landtages, 9. April 2014, TOP 9

– Es gilt das gesprochene Wort –

Meine Damen und Herren,
die gesundheitliche Versorgung in Deutschland steht vor großen Herausforderungen. Der demografische Wandel führt zu sich ändernden Bedürfnissen und einer zunehmenden Zahl älterer und chronisch kranker Patienten. So ist beispielsweise damit zu rechnen, dass im Jahr 2020 jeder fünfte Krankenhauspatient an einer Demenz erkrankt ist. Die Krankenhäuser werden sich dieser Entwicklung stellen müssen und es ist löblich, dass die LINKE dieses Thema aufgreift. Eine wirkliche Lösung bietet sie jedoch nicht an, wenn sie die Staatsregierung lediglich auffordert einen Krankenhausbedarfsplan für den Zeitraum bis 2030 vorzulegen.
Nach unserer Auffassung bedarf es vielmehr einer grundlegenden Reform der Krankenhausplanung.
Wir sind überzeugt, dass langfristig kein Weg an der Zusammenführung von stationärer und ambulanter Planung in einem Landesversorgungsplan vorbeiführt. Die bisherige Art der Planung ist eine zentrale Ursache für die strikte Trennung zwischen den Versorgungssektoren und den daraus resultierenden und viel beklagten Brüchen und Doppelstrukturen in der medizinischen Versorgung.
Auch die Qualität der Krankenhäuser muss im Planungssystem eine größere Rolle spielen. Daten zur Prozess- und Ergebnisqualität stationärer Einrichtungen sind in unserem Gesundheitssystem bereits vorhanden. Zudem müssen die Pflegequalität, Angaben zur Rehospitalisierungsrate, aber auch Qualitätsdaten aus dem ambulanten Bereich künftig berücksichtigt werden.
Während wir Ihnen bei Punkt eins nicht folgen können, sieht dies bei den Punkten zwei und drei – den Krankenhausinvestitionen – etwas anders aus. Meine Damen und Herren, die Summe ist kaum vorstellbar, aber der Investitionsstau an Krankenhäusern von Flensburg bis Garmisch bewegt sich nach vorsichtigen Schätzungen mittlerweile bei etwa 25 Milliarden Euro.
Sicher müssen manche Investitionsentscheidungen kritisch hinterfragt werden, weil durch sie auch Doppelstrukturen z. B. bei den Großgeräten aufgebaut wurden. Auch hat die Aufteilung der Finanzierungszuständigkeiten zwischen Kassen und öffentlicher Hand zu falschen und kostenträchtigen Steuerungsanreizen geführt. Getätigte, aber auch unterlassene Investitionen haben Auswirkungen auf die Betriebskosten eines Hauses. Diese Kosten müssen von den Krankenhausträgern finanziert werden, die an den Investitionsentscheidungen nur am Rande beteiligt sind.
Aktuellen Zahlen zufolge stammen mehr als die Hälfte der Investitionsmittel der Krankenhäuser nicht aus der Investitionsförderung der Länder. Doppelt benachteiligt sind hier die öffentlichen Krankenhäuser, da sie sich nicht in der Form wie private am Kapitalmarkt finanzieren können. Die wirtschaftlich schwierige Lage vieler öffentlicher Krankenhäuser ist daher auch dem Umstand geschuldet, dass sie die notwendigen Mittel für die Investitionsfinanzierung aus den eigentlich nur für die Betriebs- und Personalkosten vorgesehenen DRG-Vergütungen erwirtschaften müssen, was wiederum Kosteneinsparungen zu Lasten des Personals und hier insbesondere der Pflege zur Folge hat.
All diese Punkte verweisen darauf, dass es einer auskömmlichen und verlässlichen Investitionsfinanzierung bei den Krankenhäusern bedarf. Und insbesondere die ostdeutschen Länder stehen mit dem Wegfall der Krankenkassenzuschüsse ab 2015 vor einem großen Problem. In Sachsen machen diese Zuschüsse knapp die Hälfte der bereitgestellten Investitionssummen aus. Die Landesmittel sollen ab 2015 jedoch nur von 47 Mio. auf 57 Mio. Euro steigen.
Wir GRÜNE unterstützen daher, dass im Zukunftsinvestitionsfonds Mittel für den Krankenhausbau bereitstehen, aber die 52 Mio. Euro kompensieren auch nur etwas mehr als die Hälfte dessen, was durch den Beitrag der GKV wegfallen wird. Pro Jahr dürfen 26 Mio. Euro entnommen werden. Das heißt, nach heutigem Stand, sind die Mittel innerhalb von zwei Jahren verbraucht.
Meine Damen und Herren, bei aller nötigen Schwerpunktsetzung ist eins klar, wir werden angesichts unserer eigenen Finanzkraft auf Dauer diese immense Aufgabe allein nicht stemmen können. Aus diesem Grund unterstützen wir ausdrücklich die Bemühungen der Staatsregierung um ein Bund-Länder- bzw. ein Bund-Länder-Kassen-Programm zur Krankenhausinvestitionsförderung.
Auch wir GRÜNEN haben uns auf Bundesebene dafür eingesetzt und im Bundestag einen Antrag eingebracht, der vorsieht, dass in Zukunft die Länder und Krankenkassen gemeinsam die Verantwortung für die Investitionsförderung aber auch für die Krankenhausplanung übernehmen. Ein vergleichbares System wird seit Anfang 2012 in der Schweiz praktiziert.
Aus diesem Grund werden wir dem Punkt zwei im Antrag zustimmen. Bei Punkt drei werden wir uns enthalten. Die Forderung der LINKEN in den Doppelhaushalt 2015/2016 mindestens 150 Millionen Euro für Krankenhausinvestitionen einzustellen, kommt dem Bedarf sächsischer Krankenhäusern mit Sicherheit mehr entgegen als das, was die Staatsregierung bis jetzt plant. Doch allein die bis jetzt beantragten Investitionsvorhaben belaufen sich laut Krankenhausgesellschaft Sachsen auf 250 bis 300 Mio. Euro.