Elke Herrmann: Ein praxistaugliches Gleichstellungsgesetz ist Ausdruck einer modernen und offenen Politik

Redebeitrag von Elke Herrmann zum Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE "Gesetz zur Förderung der Gleichstellung von Frau und Mann im Freistaat
Sachsen (Sächsisches Gleichstellungsfördergesetz – SächsGleichstFördG)" (Drs. 5/7135), 73. Sitzung des Sächsischen Landtages, 17. April 2013, TOP 2

– Es gilt das gesprochene Wort –
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Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Präsidentin!

Es ist schade, dass die Diskussion nicht von Ihnen und von uns dazu genutzt wird, Vorschläge zu unterbreiten und zu diskutieren, die uns dem Ziel der Gleichbehandlung und Gleichberechtigung der Geschlechter näher bringen. Frau Saborowski-Richter sucht dagegen das Haar in der Suppe, und die Kollegin Schütz von der FDP will uns weismachen, dass eine hohe Berufstätigkeit von Frauen bereits automatisch ein Zeichen für Gleichberechtigung ist.

Wenn wir genau hinschauen, dann sehen wir, dass Frauen, obwohl wir eine hohe Berufstätigkeit von Frauen in Sachsen haben, weniger verdienen. Außerdem ist es für sie sehr schwierig, bestimmte Positionen sowohl im öffentlichen Dienst als auch in der freien Wirtschaft zu besetzen. Weil das Sächsische Frauenförderungsgesetz bisher im Bereich des öffentlichen Dienstes nicht dazu geführt hat, dass sich diese Verhältnisse stark verbessert haben, brauchen wir genau deshalb Veränderungen.

Die LINKE hat einen Gesetzentwurf vorgelegt, von dem die GRÜNE-Fraktion meint, dadurch Veränderungen in Gang gesetzt werden können.

Von den Rednern der Koalition ist darauf hingewiesen worden, dass der Sächsische Frauenförderungsbericht keine positiven Zahlen zur Beschäftigung von Frauen in Führungspositionen enthält. Frau Schütz hat gesagt, dass dazu Änderungen notwendig sind, und dass zum Beispiel diese Änderungen in einem Personalentwicklungsplan liegen könnten. Liegen könnten sage ich deshalb, weil es bisher — im öffentlichen Dienst genauso wenig wie in der freien Wirtschaft — nicht passiert.

Es nützt gar nichts, den Kopf in den Sand zu stecken und die deutschland- und europaweite Diskussion zur Gleichberechtigung von Frauen und Männern zu verpassen bzw. zu meinen, diese Diskussion würde, wenn man lange genug auf dem Stuhl sitzen bleibt, an Sachsen vorübergehen.

Die Politik in Sachsen ist in den letzten Jahren deshalb von Blindheit und Ignoranz gegenüber Geschlechterungerechtigkeit geprägt. Daraus folgen eben auch Untätigkeit und politischer Unwille. Wenn die Staatsregierung bisher nicht in der Lage war, ein neues Frauenförderungsgesetz vorzulegen, dann ist es nur in Ordnung, dass die Opposition den ersten Schritt macht und Vorschläge unterbreitet.

Wir begrüßen den Gesetzentwurf. Er räumt bereits vom Titel her damit auf, was wir nicht brauchen: Wir brauchen keine reine Frauenförderung, sondern Frauenförderung muss innerhalb eines viel breiteren Spektrums gesehen werden.
Wir brauchen Gleichstellung, das betrifft Frauen und Männer gleichermaßen. Ein praxistaugliches Gleichstellungsgesetz ist Ausdruck einer modernen und offenen Politik, die nicht vor den Realitäten die Augen verschließt, sondern nach Möglichkeiten sucht, bessere Bedingungen für die Verwirklichung von Lebensvisionen, von Lebenszielen für Frauen und Männer zu suchen und diese auch zu schaffen. Der vorgelegte Gesetzentwurf schlägt dazu geeignete Maßnahmen vor.

Das geltende Sächsische Frauenförderungsgesetz ist dagegen in dem Versuch, Frauen zu fördern, stecken geblieben. Das zeigt sich ganz deutlich in der Verteilung der Führungspositionen. Es kann nicht sein, dass nach jahrelanger Frauenförderung die Quote immer noch so schlecht ausfällt. Wir wissen, dass Frauen und Männer in der sächsischen Landesverwaltung ungefähr in gleicher Anzahl vertreten sind. Im Frauenförderbericht wird aber deutlich, dass der Anteil von Frauen in Führungspositionen in einigen Ministerien und nachgeordneten Landesbehörden nicht nur gering, sondern verschwindend gering ist. Der Anteil der Abteilungsleiterinnen im Innenministerium liegt bei 9,85 Prozent‚ und auch bei den jüngsten Personalbesetzungen sind die Chefposten wieder nur an Männer gegangen.

Im Umweltministerium sieht es noch schlechter aus: Bei den Abteilungsleiterposten sind 9,68 Prozent mit Frauen besetzt, im Finanzministerium beträgt der Anteil 10,34 Prozent.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, vor allem die Kollegen von der Koalition! Sie können doch nicht behaupten, dass kein Handlungsbedarf besteht.

Die Linksfraktion hat mit ihrem Gesetzentwurf den Handlungsbedarf erkannt und versucht, zu reagieren. Wir begrüßen das. Er greift verschiedene Punkte auf, die die Kollegin der LINKEN bereits genannt hat, zum Beispiel eine stärkere Verbindlichkeit von Gleichstellungsplänen, das Vergaberecht.

Ich sehe nicht ein – das ist von der Koalition genannt worden – warum bei der Vergabe nicht auch bestimmte Bedingungen Grundlage dafür sein sollten, dass Unternehmen Aufträge der öffentlichen Hand bekommen. Zu diesen Bedingungen gehört eben auch, dass diese Frauen angemessen fördern.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin nicht nur die besetzte Quote, sondern ich habe durch die Quote die Chance, meine Qualifikation und mein Engagement auch wirklich zu zeigen. Das, denke ich, steht Frauen in diesem Land zu.
Deshalb bitte ich Sie um Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf.

Frau Präsidentin! Die Vielzahl der Änderungsanträge zeigt, dass wir eine sehr transparente Auseinandersetzung mit diesem Gesetzentwurf im Ausschuss geführt haben und dass viele Anregungen der Sachverständigen aufgenommen worden sind. Ich halte das für einen insgesamt sehr guten Prozess. Noch ein Hinweis zu dem, was Frau Saborowski-Richter gesagt hat: Die Tatsache, dass Frauenförderpläne die Grundlage dafür sind, dass Einstellungen vorgenommen werden können, halte ich für eine Selbstverständlichkeit. Es ist bei Weitem nicht so, dass auf den Rücken von Unbeteiligten irgendetwas ausgetragen wird, sondern solche Pläne sind verpflichtend.

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