Eva Jähnigen: Die Polizeistrukturreform macht sich bemerkbar – zügige Evaluation der Sicherheitslage in Sachsen ist notwendig

Redebeitrag der Abgeordneten Eva Jähnigen zum GRÜNEN-Antrag "Evaluation der Auswirkungen des Stellenabbaus bei der Landespolizei auf die Sicherheitslage im Freistaat Sachsen" (Drs. 5/12175), 87. Sitzung des Sächsischen Landtages, 28. November 2013, TOP 7

– Es gilt das gesprochene Wort –
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Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren,
 
"Polizeiliche Bekämpfungskonzeptionen zur grenzüberschreitenden Kriminalität müssen ständig evaluiert und fortgeschrieben werden, um den objektiven Gegebenheiten bei der Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität Rechnung zu tragen."
 
Das sind nicht meine Worte, sondern ist ein Zitat aus dem Beschluss des CDU-Landesparteitages von 9. November 2013.
 
Meine Damen und Herren von der CDU: Ich nehme es mal als eine gewisse Form von Wertschätzung unserer Arbeit, dass Sie Anträge der GRÜNEN nun schon inhaltsgleich auf CDU-Landesparteitagen übernehmen. Offensichtlich haben BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN mit unserem bereits im Juni 2013 eingereichten Antrag den Finger in die Wunde gelegt.
 
In letzter Zeit wird immer klarer, wie notwendig eine Evaluation der Auswirkungen des Stellenabbaus der Polizei auf die Sicherheitslage in Freistaat Sachsen ist.
 
Seit Anfang dieses Jahres werden die ersten wesentlichen Teile der Polizeistrukturreform in Sachsen umgesetzt. Eine Strukturreform, die nicht umsonst den Titel Polizeikonzept 2020 trägt. Sieben Jahre liegen bei der Reform noch vor Sachsen und dabei sind die Auswirkungen schon deutlich zu spüren.
 
Nach wie vor halten Sie von CDU und FDP an den Zahlen für den Stellenabbau bei der Landespolizei fest.
Sie begründen dies mit der Polizeidichte, also der Zahl von Polizistinnen und Polizisten pro Einwohner. Aber schon 1999 hat die Innenministerkonferenz das bundesweit zu einer untauglichen Größe erklärt.
 
Merklich sind in der Folge vor allem der Rückzug der Polizei aus der Fläche und eine Abnahme der polizeilichen Präsenz. Ein paar Beispiele?
 
– Beim Überfall auf die Hamburger Schüler in Bad Schandau im September 2013 brauchte die Polizei fast eine halbe Stunde, um – bei Gefahr für Leib und Leben – am Tatort einzutreffen. Das nächstgelegene Polizeirevier war weit entfernt. Der Polizeiposten in Bad Schandau nachts nicht besetzt.
– Gewerkschaftsvertreter der Polizei haben in der letzten Woche Zahlen zum Einsatz von Blitzern und Geschwindigkeitsmessungen in Sachsen veröffentlicht. Das Ergebnis ist eine Reduzierung der Einsatzzeiten bei Geschwindigkeitsmessungen binnen der letzten vier Jahre um satte 46 Prozent – offenbar eine Folge der massiven Stellenkürzungen bei der Verkehrspolizei.
– Dazu kommen die nackten Zahlen des Stellenabbaus bei der Landespolizei. Hinzu kommt, auch die Bundespolizei hat über 1.000 Stellen seit 2008 in Sachsen abgebaut.
 
Der Rückzug der Polizei aus der Fläche hat vor allem im grenznahen Raum massive Auswirkungen – wobei der grenznahe Raum fast ein Drittel der Fläche Sachsens ausmacht. Die Notwendigkeit einer fundierten Analyse der Sicherheitslage scheint mittlerweile auch die CDU verinnerlicht zu haben, wenn man dem Beschluss des Landesparteitages Glauben schenkt.
 
Aber: Die Regierung hat im Juli 2013 erklärt, dass sie das nicht für notwendig hält. Die Evaluation wurde von 2013 auf 2015 verschoben. Hat der Innenminister etwa die Partei gewechselt? Oder soll die Wahl abgewartet werden? Oder spielen Sie wieder das altbewährte Spiel: Die CDU erzählt etwas anderes, als die Staatsregierung macht und versucht die Bürgerinnen und Bürger so lange in Zuständigkeits- und Verantwortlichkeitskonfusion einzunebeln, bis diese den Überblick verloren haben?
 
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
der Handlungsbedarf ist da. Wir brauchen jetzt genau die Evaluation, die das Innenministerium 2009 für notwendig gehalten hat. Wir brauchen Sie auch, damit der neu gewählte Landtag mit dem Haushalt ab 2015 entscheiden kann, ob er sich vom bisherigen Stellenabbau verabschiedet!
 
Ich zitiere erneut, diesmal aus dem Bericht des Staatsministeriums des Innern zur Überprüfung der Stellenausstattung der Polizei im Hinblick auf den Wegfall der Schengengrenzen, Drs. 5/860: „Ungeachtet dieser Maßnahmen muss sich die Personalausstattung der Polizei auch künftig an der Sicherheitslage orientieren. Deshalb sollten spätestens im Jahr 2013 die Auswirkungen des Stellenabbaus auf die Sicherheitslage im Freistaat evaluiert werden.“
 
Wir brauchen eine Evaluation der Sicherheitslage in Sachsen, insbesondere des sogenannten 15-Punkte-Programms der sächsischen Staatsregierung als Ausgleichsmaßnahme zur Kompensation des Wegfalls der Schengengrenzen:
– hinsichtlich der polizeilichen Präsenz im grenznahen Raum
– hinsichtlich der Streifentätigkeit
– hinsichtlich der Zusammenarbeit mit unseren Nachbarstaaten
 
Wir brauchen eine Evaluation von Schwerpunktkontrollen des Güterkraftverkehrs. Wenn es schon eine deutliche Verringerung der Geschwindigkeitskontrollen aufgrund von Personalmangel gibt, wie sieht es dann eigentlich mit den Kontrollen des Schwerverkehrs und des Güterverkehrs in Sachsen aus? Vermutlich genauso, wenn bis 2025 Insgesamt 43 Prozent der Stellen bei den Verkehrspolizeiinspektionen und den Autobahnpolizeirevieren abgebaut werden.
 
Wie steht es um die generelle Zusammenarbeit zwischen der Bundespolizei und der Landespolizei? Gemeinsame Streifentätigkeit war hier bereits 2009 angekündigt worden, und uns dann im Rahmen der Unterzeichnung einer Kooperation für mehr Sicherheit und vertiefte Zusammenarbeit zwischen Bundespolizei und Landespolizei im Mai dieses Jahres nochmals als Innovation verkauft worden. Das spricht nicht dafür, dass diese gemeinsamen Streifenfahrten bereits umgesetzt werden.
 
Wie gestaltet sich den die Zusammenarbeit mit der Bundespolizei und dem Zoll in Sachsen? Wie sieht es mit gemeinsamen Kontrollen auf Sachsen Straßen aus? Auch hier ist brauchen wir dringend eine Prüfung.
Sie sehen es gibt viele Fragen, die beantwortet werden müssen.
 
Meine Damen und Herren,
Wir haben mit der Einbringung des Antrags in das Plenum gewartet und wollten dem Innenminister die Chance geben, vielleicht selbstständig den für dieses Jahr angekündigten Bericht vorzulegen. Er ist bisher nicht gekommen und bisher auch nicht absehbar. Deshalb ist es jetzt die Aufgabe des Landtags, der Staatsregierung diesbezüglich Druck zu machen. Wir schlagen Ihnen jetzt den 31. März 2014 als Datum für den Evaluationsbericht vor.
 
Wir bitten um Zustimmung zu diesem Antrag. Eine Mehrheit müsste es ja geben, der CDU dürfte dies nach ihrem Parteitagsbeschluss nicht schwerfallen.

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