Gisela Kallenbach: Budgethoheit des Parlaments – Das Parlament muss sich vor dem Kabinett der Mittelverteilung befassen können

Redebeitrag der Abgeordneten Gisela Kallenbach zum Antrag der SPD „Richtige Weichenstellung für Sachsens Zukunft – Operationelle Programme des ESF und EFRE neu ausrichten“ (Drs 5/13578), 90. Sitzung des Sächsischen Landtages, 29. Januar 2014, TOP 7

– Es gilt das gesprochene Wort –
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Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen,
seit Mitte Dezember liegen die Entwürfe der Operationellen Programme 2014 bis 2020 vor. Die Veröffentlichung im Internet und die Einladung zur öffentlichen Beteiligung – wenn auch offiziell noch ohne Landtag – sind ein Novum, das ich ausdrücklich würdige. Meine Kritik am Verfahren aber bleibt: Das Parlament muss sich nach meinem Verständnis eigentlich vor dem Kabinett inhaltlich mit den Grundlinien und der Mittelverteilung befassen. Stichwort: Budgethoheit des Parlaments. Schließlich geht es um geschätzte 2,6 Milliarden Euro nur für EFRE und ESF.
Dem sozusagen „inoffiziellem“ Entwurf sind die Grundsätze der Staatsregierung aber bereits zu entnehmen und da sehen auch wir Änderungsbedarf.
Meine Fraktion stimmt daher dem Antrag der SPD im Grundsatz zu, auch wenn wir wissen, dass noch einige Voraussetzungen zu klären waren, ehe ein endgültiger und im VREA bereits zugesagter Entwurf vorgelegt werden kann.
Einige Hinweise sollen aber bereits jetzt gegeben werden.
Der Vollständigkeit halber sollte der Landtag nicht nur über die OPs für EFRE und ESF, sondern auch über das Entwicklungsprogramm für den Ländlichen Raum informiert werden.
Im Berichtsteil fehlt mir die Frage nach dem Mittelabfluss. Wo werden EU-Mittel voraussichtlich nicht ausgeschöpft? Und was lernen wir für die neue Förderperiode daraus?
Mir fehlt zweitens die Frage nach dem Aufwand der Fördermittelverwaltung. Wieviel kostet die Verwaltung je Euro EU – Mittel? Kann man das reduzieren? Diese Frage muss im Interesse der Steuerzahler beantwortet werden.
Welche eigenen Maßnahmen plant der Freistaat zur Entbürokratisierung?
Zum Partnerschaftsprinzip: Bei aller Anerkennung von Verbesserungen, die Kommunen wurden bisher bei der Programmplanung unzureichend beteiligt. Zur Herbstkonferenz der Fondsverwalter waren sie gar nicht erst eingeladen. Städte sind so wichtige Projektträger, dass der Sächsische Städte- und Gemeindetag nicht allein für alle verhandeln sollte.
Die Antragstellerin fordert eine andere Schwerpunktsetzung. Dem stimmen wir explizit beim Straßenbau zu: Nichts gegen einige nötige Ortsumgehungen, aber hier sind bisher 160 Mio. Euro für Neubauvorhaben geplant. Vertreter der EU-Kommission haben deutlich gesagt, dass sie den Straßenbau im OP für Sachsen nicht akzeptieren werden.
Sollte ich bereits heute den Vorentwurf der OP`s beurteilen, hätte ich einige Fragen:
Wie passen die neuen Operationellen Programme zu den Landesstrategien? Das Prüfkriterium „ex-ante-Konditionalität“ wurde ja neu eingeführt, weil die Regionen vor Programmbeginn die nötigen Rechtsgrundlagen und Strategien haben sollen. Sachsen ist da grundsätzlich gut aufgestellt; dennoch: Wir Grüne sehen das z.B. beim Wasserrecht nicht, weil – wie hinlänglich bekannt- z.B. die Betreiber von Tagebauen großzügig von Wasserabgaben befreit sind und damit Landesgeld für den Gewässer- und Hochwasserschutz fehlt.
Man erkennt zudem, dass das Querschnittsziel der sozialen und ökologischen Nachhaltigkeit eben nicht durchgängig berücksichtigt wird. Weil das Geld nicht genutzt werden soll, um zur Entwicklung von Produkten zu motivieren, die zu mehr Effizienz und Ressourcenschonung beitragen.
Werden klimaschädliche Wirkungen der EU-geförderten Maßnahmen minimiert? Wird das Bauen auf der Grünen Wiese verhindert? Nein!
Ziel des ESF ist, die Armut zu bekämpfen. Dafür aber ist die Fokussierung auf die Langzeitarbeitslosen zu eng. Armut trifft auch viele andere Menschen, denen über ESF- Mittel Unterstützung gegeben werden könnte.
Sobald die Entwürfe mit den Budgetansätzen vorliegen, erwartet meine Fraktion, dass in Übereinstimmung mit dem Urteil des Sächsischen Verfassungsgerichtshofes der Landtag Stellung beziehen wird, ehe die Operationellen Programme nach Brüssel geleitet werden – und daher werden wir über dieses Thema erneut diskutieren müssen.

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