Gisela Kallenbach zum Antrag „Stabile Müllgebühren sichern“

Wenn es sich lohnt, wie bei Papier, Glas und Schrott – sollen die Privaten den Gewinn erzielen. Wo nicht, können es die Kommunen richten
Redebeitrag der Abgeordneten Gisela Kallenbach "Stabile Müllgebühren sichern – Keine Privatisierung der Abfallwirtschaft" (SPD, Drs. 5/7627) in der 46. Sitzung des Sächsischen Landtages, 14.12., TOP 7
Es gilt das gesprochene Wort!
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Sehr geehrter Herr Präsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
das Wort von den Rosinen machte heute schon zur Genüge die Runde. Aber Adventszeit ist auch Märchenzeit; daher möchte ich Sie an Aschenputtel erinnern. Die böse Stiefmutter schüttete ihr Linsen in die Asche. Sie erinnern sich: die Täubchen halfen ihr und lasen die Guten ins Töpfchen und die Schlechten ins Kröpfchen.
Ein nicht eben seltenes Politikmodell: Wenn es sich lohnt, wie bei Papier, Glas und Schrott – sollen die Privaten den Gewinn erzielen, dann kommen die Guten ins Töpfchen. Wo nicht, können es die Kommunen richten.
Mit Gemeinwesenorientierung hat diese Art von Politik nicht viel zu tun.
Mit der Novelle des Abfallrechts wollte die schwarzgelbe Regierung in Berlin in ihrer gewohnt unternehmerfreundlichen Weise den privaten Entsorgern den roten Teppich ausrollen.
Erst der massive Einspruch von Kommunen und kommunalen Entsorgern hat Schlimmeres verhindert.  
So begrüßenswert der jetzt gefundene Kompromiss ist, es bleibt ein "Restrisiko", das schnell praktische Konsequenzen haben kann:
Private Sammler dürfen Sammlungen durchführen, wenn die Kommune diese nicht in mindestens gleichwertiger Weise erbringt oder zu erbringen beabsichtigt.
Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, ich will nicht schwarzmalen – aber es könnte sehr leicht so laufen: Der private Entsorger beschäftigt Arbeitnehmer mit einem Lohn unterhalb des verbindlichen Tarifes im kommunalen Unternehmen. Dann wäre ich gespannt, wie der Kommunale Dienstleister den Nachweis führt, dass er die Leistung in gleichwertiger Weise erbringt. Ich befürchte, dass das in der privaten Entsorgungsbranche niedrige Lohn-Niveau ein Einfallstor ist, um den kommunalen Entsorgern die lukrativen Anteile am Müll abzunehmen.
Sollte es möglich sein, – wie suggeriert wird- die Genehmigung privater Sammlungen in fast jedem Falle zu unterbinden, dann kann man auf die  "Gleichwertigkeitsklausel" auch gut und ganz verzichten, wie die SPD das in ihrem Antrag vorschlägt: STREICHEN.
Sollte das nicht geschehen und die Branche sich die Schlupflöcher suchen, wird sich der Bürger verwundert die Augen reiben: Denn dann müssen die Müllgebühren steigen, weil die kommunalen Entsorger nur noch den "Rest" wegräumen und den werthaltigen Teil den Privaten überlassen.
Das Altpapierurteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 18.6.2009 stellt klar: Abfall, der in privaten Haushalten anfällt, ist grundsätzlich der Kommune zu überlassen. Dies ist die Voraussetzung dafür, dass die Abfallwirtschaft gemeinwohlorientiert bleibt.
Fünfzehn Jahre brauchte der Altpapierkrieg bis zur gerichtlichen Entscheidung. Wenn diese Novelle ebenfalls von jahrelangem Rechtsstreit begleitet werden sollte, wäre das ein hoher Preis – für Bürger und die betroffenen Unternehmen.
Wer behauptet, die EU zwinge zur Liberalisierung des Abfallmarktes, lese des Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes vom 4.11.2011: Die kommunale Überlassung von Abfällen ist mit dem Europarecht vereinbar.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass die überwiegend von der CDU aufgestellten Bürgermeister in Sachsens Gemeinden der Idee viel abgewinnen können, dass die Kommunen hier die Verlierer sind. Sie haben in erheblichem Umfang öffentliche Mittel in die Entsorgungsinfrastruktur investiert, gerade auch in die Verwertung von Altpapier, Glas und Schrott. Diese Investitionen sollen sich nun nicht rechnen, weil der Gewinn werthaltiger Abfallströme umgelenkt wird in private Taschen?
Unsere Zustimmung findet das selbstverständlich nicht.