Miro Jennerjahn: Do you speak English?

Redebeitrag des Abgeordneten Miro Jennerjahn zum NPD-Antrag "Deutsch statt ‚denglisch‘ – Anglizismen im Verantwortungsbereich der Staatsregierung vermeiden" in der 42. Sitzung des Sächsischen Landtages, 12.10., TOP 12
Es gilt das gesprochene Wort!
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Die NPD im Sächsischen Landtag hat einen Antrag gestellt, auf Anglizismen, insbesondere aus den letzten Jahren und Jahrzehnten zu verzichten und zu diesem Zwecke für die Verwaltung ein Handbuch erstellen zu lassen.
Auf dieses Ansinnen antwortete die Staatsregierung  völlig richtig: Die Amtssprache in Deutschland ist Deutsch.
Aber es lohnt sich eine nähere Betrachtung dieser wirklich wichtigen kulturellen Frage.
Zum einen: es gibt viele, die an der Amtssprache deutsch in regelmäßigen Abständen verzweifeln, wenn sie z. B. eine Verordnung lesen. Aber das liegt in 99% der Fälle erkennbar und nachweislich nicht daran, dass in der Verordnung ein neuerer Anglizismus verwendet wurde.
Zum anderen: das heute gebräuchliche Deutsch ist ein Sprachenbastard erster Güte.
Es hat lateinische Lehnwörter in seiner Frühphase wie Fenster, Pforte und Tafel aus fenestra, porta und tabula aufgenommen. Es hat französische Lehnwörter in seiner Kulturphase wie goutieren, regieren, filletieren, tranchieren und musizieren aufgenommen. Selbst sorbische Lehnwörter hat das Deutsche in seiner Eroberungsphase hier in unserer Region aufgenommen. Das bekannteste Beispiel dürfte „Quark“ sein. Und in seiner wirtschaftlichen Entwicklungsphase hat das Deutsche viel Englisch aufgenommen. Einzelne Lehnwörter haben sogar Wege um den halben Globus zu uns zurück gelegt, z.B. das Wort ‚Amok’ aus dem Malayischen und das Wort ‚Tabu’ aus dem Polynesischen, die uns Europäern die Briten aus der Kolonialzeit mitbrachten.
Wem also an sprachlicher Reinrassigkeit gelegen ist, der sollte Altsächsisch und Angelsächsisch (also Englisch) zum Pflichtfach erheben. Die Angeln und die Sachsen, die im 6. Jahrhundert das heutige Großbritannien eroberten, dürfen mit historischem Recht für sich beanspruchen, germanische Ursprachen gesprochen und mit nach England gebracht zu haben.
Auf jeden Fall auf der richtigen Seite ist man als volkstreuer Germane,  wenn man seinem Kind gleich im frühen Alter ein vernünftiges „th“ beibringt, denn ohne „Thing“ kein echter Germane. Wem Englisch zu schwer ist, der kann sich auch mit Friesisch oder Plattdeutsch behelfen, das ist dem Urgermanisch immer noch näher als unser heutiges Hochdeutsch. Ich plädiere allerdings lieber weiter dafür, Englisch bereits im Kindergarten verpflichtend zu lehren.
Wer eine andere traditionelle deutsche Sprache aus eigenem Recht dem Englischen vorzieht, kann sich am „Yiddish Daytsh“ versuchen, das sich zwischen dem 9. und 12. Jahrhundert parallel zum Hochdeutschen, Englischen, Niederländischen und Schwedischen aus dem Ursächsischen entwickelte. Diese Sprache entwickelte sich hier – im mitteleuropäischen Raum und in Osteuropa.
Ich verstehe auch nicht, dass die NPD das Lehnwort „Feuer“ nicht vehement ablehnt. Es stammt vom altfränkischen „fiur“ ab und hat das altsächsische und damit so germanische „eldund“ genau so gnadenlos abgelöst wie Karl der Große die Sachsen zwangschristianisierte.
Die ideologische Prinzipienlosigkeit der NPD in Fragen der Reinrassigkeit unserer Sprache spottet doch jeder Beschreibung, wo sie doch auf das Wort für Feuer so elementar angewiesen ist bei den vielen Fackelumzügen und Brandanschlägen.
Dazu kommen neuere Anglizismen: Computer ist ein allgemein gebräuchliches Wort geworden. Kein Mensch sagt „Zusammenzähler“, wie man es wohl eindeutschen müsste. Wir kommen kulturell mit Computer irgendwie zurecht. Die Franzosen haben sich mit ihrem Versuch, „ordinateur“ statt Computer zu sagen, keinen Gefallen erwiesen. Keiner versteht sie. Sie haben sich eine sprachliche Parallelwelt organisiert. Vielleicht hat die NPD ja das im Sinn: eine sprachliche Parallelwelt zu schaffen, die auch besser zu ihren illegalen „Reichspässen“ passt.
Wer Anglizismen wie download aus germanischem Pflichtbewusstsein abscheulich findet, muss sich vor Augen führen, dass wir es hier mit ursächsischer Sprachpflege zu tun haben, denn das Wort „down“ stammt vom altsächsischen „of dune“ = vom Hügel, der Düne herab und auch das Wort „load“ ist urgermanisch, stammt es doch vom altsächsischen „leite“ = Weg oder Last.
Download ist also urgermanische Sprachpflege vom Feinsten und verrät den gebildeten Traditionalisten.
Das Englische verdankt dem Deutschen auch viele Lehnwörter. Älteren Datums sind Wörter aus Kunst, Kultur und Philosophie wie Bildungsroman, Götterdämmerung, Wahlverwandtschaft, und Zeitgeist.
Vor ca. 100 Jahren brachten die Deutschen übrigens viele Wörter, die Lebensmittel bezeichnen, mit nach Amerika, als sie dahin auswanderten – wie bratwurst, eisbein, hefeweizen, und rollmops. Übrigens auch das sorbisch-deutsche Quark!
Und im 20. Jahrhundert hatten die Deutschen nichts Besseres zu tun als für so zweifelhafte Lehnwörter wie blitzkrieg, herrenvolk, machtpolitik und to go schuss (frei drehen) zu sorgen.
Dann doch lieber Computer und Download!!