Miro Jennerjahn: Illegale Graffitis können wirklich ein Problem darstellen, aber dieser Antrag ist durch und durch verlogen

Redebeitrag des Abgeordneten Miro Jennerjahn zum NPD-Antrag "Bekämpfung der Graffiti-Kriminalität im Freistaat Sachsen" (Drs. 5/12859)
85. Sitzung des Sächsischen Landtages, 17. Oktober 2013, TOP 9
– Es gilt das gesprochene Wort –
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Sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrter Herr Präsident,
illegale Graffitis können durchaus ein Problem darstellen. Über den ästhetischen Wert mag es verschiedene Auffassungen geben, klar ist aber, dass an vielen Stellen Sachbeschädigungen in großem Maße stattfinden, dass z. T. auch historisch wertvolle Bausubstanz geschädigt wird.
Natürlich müssen wir die Frage stellen, wie Graffiti-Schmierereien wirkungsvoll verhindert werden können. Wenn wir uns im Alltag umsehen, werden uns immer wieder große Flächen auffallen, die von manchen Menschen offenbar als Einladung verstanden werden, sie zu beschmieren.
Ich halte es für wichtig, an den Stellen, an denen es passt, über Flächengestaltung nachzudenken. Es gibt durchaus positive Beispiele, dass eine künstlerische Gestaltung von Flächen oder auch eine Begrünung Graffitis eindämmen können.
Dass das kein Allheilmittel ist, ist mir auch klar, andererseits sollten wir uns auch nicht in die Tasche lügen. Graffiti-Schmierereien sind eine Deliktart, die schwer zu verfolgen ist und bei der die Aufklärungsquote wohl immer gering sein wird.
Und da frage ich mich schon, was die NPD meint, wenn sie in Punkt II.3 ihres Antrags etwas nebulös vom "Einsatz innovativer Technik" redet. Meint das eine flächendeckende Videoüberwachung des öffentlichen Raums? Da kann ich nur sagen, der Zweck heiligt nicht die Mittel. Ich habe Zweifel, ob eine Ausweitung der Videoüberwachung zu einer höheren Aufklärungsrate führen würde.
Überhaupt halte ich den Antrag der NPD für bemerkenswert. Nach dem durch und durch rassistischen Antrag gestern hat sie heute offenbar wieder Kreide gefressen und versucht sich als bürgernah darzustellen. Es hat einen gewissen Unterhaltungswert, wie die NPD hier im Sächsischen Landtag unter der Leitung ihres größten Bundesvorsitzenden aller Zeiten durch die Gegend schlingert und sich Stück für Stück auf die Zeit nach der Landtagswahl 2014 vorbereitet, in der sie zum Glück nicht mehr Mitglied in diesem Hohen Hause sein wird.
Sie wollen sich hier als Hüter der öffentlichen Ordnung aufspielen und setzen sich für die Bekämpfung von Graffiti-Schmierereien ein? Schauen wir doch mal, woher ein nicht unerheblicher Teil solcher Schmierereien stammt. Wir alle haben doch noch vor Augen, was Anfang des Monats im sachsen-anhaltinischen Salzwedel los war. Mindestens 30 Nazi-Schmierereien im Stadtgebiet in nur einer Nacht.
Und jetzt tun Sie nicht so, als wäre das in Sachsen anders. Ich brauche mich doch nur in meiner Region im Muldental umzuschauen, um festzustellen, dass auch hier ein erheblicher Teil der Schmierereien einen Nazi-Hintergrund haben.
Wenn zum Beispiel an einer Wand die auf den ersten Blick unverfängliche Zahlenkombination 20 3 13 zu sehen ist, gleichzeitig rechtsextreme Flugblätter unterwegs sind, auf denen die gleiche Zahlenkombination auftaucht, im Muldental eine rechtsextreme Struktur ihr Unwesen treibt, die sich "Terror Crew Muldental" nennt und rein zufällig der 20. Buchstabe des Alphabets das "T" ist, der dritte Buchstabe das "C" und der 13. Buchstabe das "M", dann brauche ich kein Hellseher zu sein, um zu wissen, dass es sich bei der Schmiererei um ein rechtsextremes Propagandadelikt handelt.
Wenn Sie hier in dieser scheinheiligen Art polemisieren und so tun, als würden Sie sich ernsthaft Sorgen machen um das Thema Graffiti-Schmierereien, dann werden wir als demokratische Fraktionen im Sächsischen Landtag darüber nachdenken, ob wir den Innenminister darum bitten, die Straftaten im Bereich der politisch motivierten Kriminalität rechts und hier insbesondere im Bereich der Propagandadelikte in Zukunft weiter aufzuschlüsseln. Nämlich dahin gehend, bei wie vielen dieser Propagandadelikte es sich um Graffiti-Schmierereien handelt.
Sie wollen etwas gegen Graffiti-Schmierereien tun? Dann wirken Sie doch mal in aller erster Linie auf Ihre eigenen Sympathisanten ein, ihr menschenverachtendes Gedankengut nicht an jeder Hauswand zu hinterlassen.
Sie mögen diesen Antrag als strategisch geschickt betrachten, in Wahrheit ist er, wie fast alles was sie tun, durch und durch verlogen.

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