Miro Jennerjahn zur Einführung von Bürgerarbeit

Redebeitrag des Abgeordneten Miro Jennerjahn zum Antrag „Bürgerarbeit in Sachsen einführen“ in der 17. Sitzung des Sächsischen Landtages, 16. Juni, TOP 12
Es gilt das gesprochene Wort!
—————————————————————————-
Sehr geehrter Herr Präsident,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
es ist schon eine erstaunliche Interessenvielfalt, die sich hier beim Thema Bürgerarbeit offenbart. Da haben wir die SPD als Antragstellerin, der das Konzept Bürgerarbeit in der Vergangenheit nicht weit genug ging und die deshalb unseren grünen Antrag (Drs. 4/7724) aus dem Jahr 2007 mit dem Titel „Modellprojekt Bürgerarbeit für Sachsen in Anlehnung an das Modell von Bad Schmiedeberg (Sachsen Anhalt)“ ablehnte.
Immerhin legte die SPD mit dem Kommunal-Kombi kurze Zeit später ein Programm vor, das von der Bürgerarbeit gar nicht so weit entfernt war. Leider überdauerte der Kommunal-Kombi die Zeit der SPD-Regierungsbeteiligung nur wenige Wochen, bevor er von den neuen FDP-Regenten geschliffen wurde.
Die sächsische CDU hingegen hält sich vornehm zurück und delegiert die Verantwortung für den Arbeitsmarkt seit dem Ende ihrer Alleinregierung jeweils an den gerade mit im Boot sitzenden Juniorpartner. Dabei stehen Sie doch, werte Kolleginnen und Kollegen von der CDU, der Bürgerarbeit grundsätzlich sehr offen gegenüber.
Kollege Thomas Pietzsch, äußerte sich zum eingangs erwähnten Antrag meiner Fraktion wie folgt (ich zitiere): «Bürgerarbeit kann sehr wohl Perspektiven außerhalb des traditionellen Erwerbsarbeitsmarktes aufzeigen.» (Zitat Ende)
Auch auf Bundesebene hat man in der CDU offensichtlich begriffen, dass Bürgerarbeit allemal besser ist als nichts zu tun. Wie sonst ist es zu erklären, dass sie den Weg in den Koalitionsvertrag der aktuellen Bundesregierung gefunden hat. Ich zitiere: «Die Koalition wird deshalb Voraussetzungen dafür schaffen, dass neue Lösungsansätze wie z.B. die ‚Bürgerarbeit’ …. ab Beginn der Arbeitslosigkeit erprobt werden können.»
Genau das hat Ursula von der Leyen mit ihrem Aufruf zur Durchführung von Modellprojekten vom April dieses Jahres in die Tat umgesetzt und die meisten Bundesländer haben mitgezogen.
Still ruht der See dagegen in Sachsen. Arbeitsminister Morlok tat nichts, um über das Bundesprogramm zu informieren, geschweige denn, dafür zu werben oder eine Beteiligung aktiv zu unterstützen. Kein Wunder, gehört die FDP doch zu den arbeitsmarktpolitischen Extremisten, die steif und fest darauf beharren, dass sich Langzeitarbeitslosigkeit allein auf dem ersten Arbeitsmarkt klären lässt.
Sehr geehrter Herr Staatsminister Morlok, ich habe große Lust, Ihnen zu raten, sich weiter mit Autokennzeichen zu beschäftigen, damit Sie nicht noch mehr Schaden anrichten. Aber Sie sind nun mal Staatsminister und sollten sich eigentlich um wichtige Themen im Lande kümmern. Statt Arbeitsminister zu sein, präsentieren Sie sich noch immer als arbeitsmarktpolitischer Geisterfahrer.
Schwierig finde ich auch die Haltung der Linken zur Bürgerarbeit. Statt sich auf einen machbaren Konsens zu verständigen, wird auf Teufel komm raus gestänkert. Bürgerarbeit sei eine Mogelpackung, die in ihrem Kern darauf abziele, Zwangsarbeit zu Niedriglöhnen durchzudrücken, heißt es beispielsweise.
Ich sage es Ihnen ganz ehrlich: Bisweilen verliere ich da die Lust, über die zwischen den markigen Sprüchen versteckten sachlichen Argumente zu diskutieren.
Es ist nämlich tatsächlich nicht von der Hand zu weisen, dass selbst ein erwerbsloser Single bei 900 Euro Brutto der Hilfebedürftigkeit kaum entkommt und weiterhin auf zusätzliche staatliche Leistungen angewiesen sein wird.
Darum begrüße ich die Forderung der SPD nach einem Differenzbetrag, der die Bezüge der Bürgerarbeiter denen der Bezieher von Kommunal-Kombi gleich stellt.
Wir GRÜNEN werden dem Antrag zustimmen, vorausgesetzt, das Programm verfolgt einen höheren Anspruch als das von Bundesarbeitsministerin von der Leyen in die Welt gesetzte Leitbild vom Müll aufsammeln und Straße fegen. Wir wollen sinnstiftende Jobs mit denen sich Langzeitarbeitslose wieder an eine normale Beschäftigung heranarbeiten können.