Begrenzung des Flächenverbrauchs – Günther: der Flächenfraß läuft munter weiter und das ist schlicht nicht hinnehmbar!

Redebeitrag des Abgeordneten Wolfram Günther zum Gesetzesentwurf der Fraktion GRÜNE:
"Gesetz zur Begrenzung des Flächenverbrauchs im Freistaat Sachsen", Drs 6/14409, 2. Juli TOP 9

– Es gilt das gesprochene Wort –
Sehr geehrter Herr Präsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

wir haben heute einen Gesetzentwurf zur Begrenzung des Flächenverbrauchs im Freistaat Sachsen in 2. Lesung vorliegen.

Kurz: was ist das Problem?
Im Freistaat Sachsen haben sich zwei Entwicklungen völlig voneinander entkoppelt: Im Zeitraum von 2005 bis 2015 haben sich die Siedlungs- und Verkehrsfläche im Freistaat um circa 30.000 Hektar vergrößert. Das sind etwa acht Hektar pro Tag. Acht Hektar pro Tag verschwinden also täglich. Zugleich ist die Bevölkerung in Sachsen in diesem Zeitraum um 220.000 Einwohner zurückgegangen – ein Rückgang um 5,4 Prozent.

Wir wissen, wir sprechen auch heute nicht von Bevölkerungswachstum in Sachsen, wir sind inzwischen zufrieden, wenn wir eine Bevölkerungsstabilisierung erreichen. Aber der Flächenfraß läuft munter weiter und das ist schlicht nicht hinnehmbar!

Da sind auch solche ‚tollen‘ Projekte dabei wie der Industriepark Oberelbe mit 140 Hektar Flächenversiegelung. Meines Wissens gibt es allein in Sachsen ganze 130 Ortsumgehungen und Straßenprojekte, die allein in Sachsen für den Bundesverkehrswegeplan angemeldet worden sind. Ich will die Straßenprojekte gar nicht alle im Einzelnen aufzählen, aber es ist eine klare Tendenz erkennbar, dass wir immer mehr wertvollen Boden verbrauchen.
Allein in den letzten 15 Jahren sind drei Prozent Landwirtschaftsfläche verloren gegangen und das trifft einige Landwirtschaftsbetreibe ganz erheblich. Aber es ist natürlich auch ein enormer Verlust für all die Bodenfunktionen, wenn der Boden dauerhaft überbaut ist. Natürlich geht mit dem Flächenfraß auch ein Lebensraum verloren.

Auch für den Klimawandel hat der Flächenfraß von erheblicher Bedeutung: Zunehmend haben wir es mit Starkregenereignissen, teilweise Katastrophen zu tun und da stellt sich die Frage, warum solche Starkregenereignisse so schnell katastrophale Auswirkungen annimmt – weil im Zeitraum 2005 bis 2015 einfach mal 30.000 Hektar Boden verlorengegangen sind und das Wasser irgendwo anders fließen und seinen Weg nehmen muss.

Zudem spricht die Nationale Nachhaltigkeitsstrategie für die Eindämmung des Flächenfraßes: Die Nationale Nachhaltigkeitsstrategie hat für ganz Deutschland einen Flächenverbrauch von 30 Hektar pro Tag vorgesehen. Auf Sachsen heruntergebrochen bedeutet dies einen Flächenverbrauch von etwa 1,5 Hektar pro Tag. Hört, hört, wir sind also meilenweit von den Nachhaltigkeitszielen entfernt.
Selbst der Landesentwicklungsplan möchte auf etwa zwei Hektar pro Tag Flächenverbrauch kommen. Es ist natürlich außerordentlich schön, wenn man sich zunächst einmal solche Ziele setzt, aber wir erreichen in Sachsen nicht, weil es keinerlei Verbindlichkeit gibt.

Wir GRÜNE wollen mit diesem Gesetzentwurf den Flächenverbrauch bis 2025 auf null Hektar Neuversiegelung herunterfahren und dafür als Planungsinstrument ein Flächenzertifikatesystem einführen. 2025 wäre ein solcher Handel mit Flächenzertifikaten verbindlich. Wenn ich also als Kommune Flächen neu bebauen möchte, muss ich sehen, wo ich anderswo Flächen entsiegeln kann. Nur so bekommt die Umweltressource Boden mit all ihren Ökosystemdienstleistungen einen ehrlichen Preis.

Diesen Flächenzertifikatehandel ließe sich ins heutige Zentrale Flächenmanagement des Freistaates hervorragend integrieren und wir haben für diese Idee einen großen Zuspruch aus Reihen der Sachverständigen bekommen. Der Tenor war, dass es einen großen Bedarf nach einem Flächenzertifikatehandel gibt und dies ein sinnvolles Instrument ist. Vor diesem Hintergrund bitte ich um Ihre Zustimmung zu unserem Antrag. Vielen Dank.

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