Franziska Schubert: Es geht nicht an, dass der Freistaat über seine Beteiligungen nicht öffentlich berichtet

Redebeitrag der Abgeordneten Franziska Schubert zum Antrag der GRÜNEN-Fraktion:
"Transparenz über Beteiligungen und Stiftungen des Freistaates herstellen und Budgetrecht des Landtages stärken – seit 2009 ausstehenden Beteiligungsbericht endlich vorlegen" (Drs 6/3982)
28. Sitzung des Sächsischen Landtags, 4. Februar 2016, TOP 11

– Es gilt das gesprochene Wort –

Sehr geehrter Herr Präsident,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
mit unserem Antrag fordern wir die Staatsregierung aus gegebenem Anlass, aber nicht zum ersten Mal auf, ihrer gesetzlich verankerten Informationspflicht zu Unternehmen, an denen der Freistaat beteiligt ist, nachzukommen. Und damit meine ich nicht die Zahlenwerke in der ohnehin zu erbringenden Vermögensrechnung oder die im Bundesanzeiger und Internet veröffentlichten Jahresabschlüsse, sondern eine klare Darstellung der Entwicklungsperspektiven und des Finanzbedarfs.
Die Staatsregierung verweist immer wieder auf die von den Unternehmen zu veröffentlichenden Jahresabschlüsse. Ein Jahresabschluss ist aber etwas anderes als ein staatlicher Beteiligungsbericht: Das möchte ich hier in aller Deutlichkeit sagen.
Wir GRÜNEN fordern einen Beteiligungsbericht, weil wir uns der Verantwortung bewusst sind, die wir als Parlament für Steuergeld, Arbeitsplätze und sächsische Kulturgüter haben.
Ohne Frage: manche öffentliche Beteiligungen werden nicht gewinnbringend arbeiten; das ist auch in Ordnung. Aber: wenn Unternehmensstrategien von Fachleuten als sehr "ambitioniert" beschrieben werden, die Millionen kosten – und ich sage es deutlich: ohne die klare Aussicht auf Erfolg und mit der Gefahr, für Sachsen weitere Imageschäden zu produzieren –, dann ist das etwas anderes als Wein und Pferde.
Ein Blick in die Sächsische Haushaltsordnung zeigt, in welchen Fällen der Freistaat sich unternehmerisch betätigen kann: Wenn entweder wichtige Interessen des Freistaats vorliegen und klar wird, was der angestrebte Zweck der Beteiligung ist; und wenn die Einzahlungsverpflichtungen und Zuführungen an die Beteiligungen als begrenzt gelten.
Für beides fordern wir eine nachvollziehbare Darstellung. Erst dann gibt es eine echte Diskussionsgrundlage, auf der wir, wie im Fall der Sächsischen Porzellanmanufaktur Meissen, gemeinsam um eine Lösung ringen können. Ja, ich habe diesen Anspruch als politisch handelnder Mensch: gemeinsam um gute Lösungen zu ringen.
Nicht die Verwaltung in Person des Finanzministers hat den Kurs vorzugeben – er hat den politischen Willen im Aufsichtsrat zu vertreten. Ich teile nicht die Meinung von Herrn Professor Unland, dass die Unternehmensstrategie alleinige Sache der Geschäftsführung sei. Es ist der Aufsichtsrat, der über Strategien berät und diese beschließt. Wenn diese dann finanzielle Auswirkungen haben, ist das Parlament unaufgefordert zu informieren. Das Parlament hat in diesem Freistaat immer noch das Budgetrecht.
Womit ich beim Aufsichtsrat bin: das Parlament hat ein Recht, zu erfahren, wie die im Rahmen des Aufsichtsrates bzw. eines entsprechenden Kontrollgremiums eingeräumten Einflussmöglichkeiten des Freistaates wahrgenommen werden und auch, inwiefern sichergestellt ist, dass die in die Kontrollgremien bestellten Personen tatsächlich über die erforderliche betriebswirtschaftliche Erfahrung und notwendige Sachkunde verfügen.
Ich will auch nicht mehr hören, dass ein solcher Bericht den Unternehmen schadet. Wenn sachsenweit alle Medien über den Rekordverlust der Sächsischen Porzellanmanufaktur reden, der Jahresabschluss aber weder auf der Seite des Finanzministeriums noch im Bundesanzeiger veröffentlicht ist und der Finanzminister die genauen Zahlen auch nicht im Ausschuss vorlegen konnte, dann hat die Informationspflicht der Staatsregierung an den Landtag eine Schieflage.
Der Freistaat hat nicht zuletzt eine Vorbildfunktion. Für kommunale Unternehmen muss nach § 99 Abs. 2 SächsGemO jedes Jahr zwingend ein öffentlicher Beteiligungsbericht mit umfassenden Lage- und Entwicklungsberichten sowie der Darstellung aller Finanzbeziehungen vorgelegt werden. Es geht nicht an, dass der Freistaat über seine Beteiligungen nicht öffentlich berichtet.
In der letzten Legislatur hatten wir bereits einen ähnlichen Antrag. Im Protokoll dazu folgende Aussage des Finanzminister: "Was allerdings Strategien anbelangt, so wird das auch in einem kommunalen Unternehmen nicht öffentlich publiziert." Dem möchte ich, auch als Kommunalpolitikerin, widersprechen: Kommunale Beteiligungsberichte werden in öffentlicher Sitzung besprochen und es wird ein Ausblick auf die Entwicklungsperspektiven gegeben. Es wird gemeinsam überlegt, wie es weitergehen soll, und dann wird ein Vertreter der Verwaltung beauftragt, in den Aufsichtsräten den politisch formulierten Willen zu vertreten.
Es geht uns GRÜNEN nicht um die Offenlegung von Geschäftsgeheimnissen. Aber nichts schafft mehr Raum für Verunsicherung, Verschwörung oder Spekulation als Kommunikationslücken; das kennen wir alle aus verschiedenen Zusammenhängen.
Allein nur in diesem Jahr zeigt die Berichterstattung zum Strafprozess gegen die Ex-Vorstände der SachsenLB oder über die Millionenverluste der Sächsischen Porzellanmanufaktur, dass wir hier seit 2010 keinen Schritt weitergekommen sind. Daher hat das Thema an Bedeutung und Dringlichkeit nichts verloren. Darum machen wir unsere Forderung nach mehr Transparenz über die Beteiligungen des Freistaates und des zu respektierenden Budgetrechts des Landtages neu auf – aus gegebenem Anlass, aber nicht zum ersten – und ganz sicher nicht zum letzten Mal.
Die regelmäßige Berichterstattung ist Voraussetzung für eine sachkundige Entscheidung des Parlamentes über Zuschüsse, Kapitalerhöhungen usw.. Wir GRÜNEN fordern daher ausdrücklich die jährliche Veröffentlichung eines qualifizierten und aussagekräftigen staatlichen Beteiligungsberichtes. Dieser soll mindestens folgende Angaben beinhalten: Angaben zum Unternehmensgegenstand, zur Besetzung der Organe, Wirtschaftsdaten sowie Entwicklungsperspektiven der Gesellschaft.

Wenn die Staatsregierung schon als Unternehmer auftritt und dieses mit Steuergeld macht, hat die Staatsregierung auch ihre Verantwortung als Unternehmer wahrzunehmen. Dazu gehört, dass eine solche Beteiligung regelmäßig nach § 65 Sächsische Haushaltsordnung bewertet und eingeordnet wird.

Daher fordern wir zu Recht, dass wieder in einer geeigneten Form über die Beteiligungen des Freistaates informiert wird und beantragen zum wiederholten Mal die Wiederauflage und jährliche Veröffentlichung des staatlichen Beteiligungsberichtes. Hierfür bitten wir um Ihre Zustimmung für unseren Antrag.