Franziska Schubert: Für ein gerechtes Erbschaftsteuergesetz – jährliche Erlöse aus starken Unternehmen bringen mehr als sprudelnde Einmalerlöse aus dem Vererben

Rede der Abgeordneten Franziska Schubert zum Antrag der Fraktion DIE LINKE "Bei der Neuregelung der Erbschaftssteuer Gestaltungsmissbrauch stoppen und Steuergerechtigkeit herstellen" (Drs. 6/1730)
16. Sitzung des Sächsischen Landtags, 8. Juli 2015, TOP 6
– Es gilt das gesprochene Wort –

Sehr geehrter Herr Präsident,
sehr geehrte Damen und Herren,
das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil vom 17. Dezember 2014 festgestellt, dass eine steuerliche Begünstigung von Betriebsvermögen durchaus möglich ist, wenn diese Begünstigung ausreichend mit dem Gemeinwohl wie dem Erhalt von Arbeitsplätzen zu begründen ist. Kassiert wurden die steuerbegünstigenden Vorschriften, die auf mehr als 90 Prozent der Unternehmen in Deutschland anwendbar sind und somit den gesamten Bereich der Unternehmenserbschaften besser stellt.
Die Bundesregierung muss nun bis zum 30. Juni 2016 das Urteil entsprechend umsetzen. Wir GRÜNEN begleiten den Prozess und die Diskussion zum Thema. Uns sind die Für und Widers und die verschiedenen Standpunkt der Länder zum jetzigen Zeitpunkt bekannt.
Der Gesetzentwurf zur Neuregelung der Erbschaftsteuer steht heute auf der Tagesordnung des Bundeskabinetts, und wie bereits am Montagabend der Presse zu entnehmen war, wurde ein Kompromiss erarbeitet, der beschlussfähig ist. Wir werden sehen. Sowie uns dieser Gesetzentwurf vorliegt, werden wir auch diesen mit unseren Kolleginnen und Kollegen in den anderen grünen Landtagsfraktionen diskutieren.
Als sächsische GRÜNE interessieren uns natürlich die Auswirkungen für Sachsen. Dabei werden wir aber nicht aus den Augen verlieren, dass Sachsen auch von den Ländern mitfinanziert wird, die ihre wesentlich höheren Steuereinnahmen heute einer stabilen und international wettbewerbsfähigen, überwiegend mittelständischen Unternehmenslandschaft verdanken. Unternehmen, die – anders als die bei Verkauf entstehenden Töchter internationaler Unternehmensgruppen – tatsächlich vor Ort traditionell Verantwortung übernehmen und auch vor Ort komplett steuerpflichtig sind.
Zu Ihrem hier vorliegenden Antrag möchte ich noch anmerken: Sie fordern im ersten Punkt die Streichung aller steuersenkenden Sonderausnahmen. Im zweiten Punkt wollen Sie gleichzeitige unternehmens- und arbeitsplatzsichernde Modelle der Erbschaftssteuerzahlung einführen. Aus Ihrem Antrag ist nicht erkennbar, wie dies a) in der Umsetzung aussehen könnte bzw. wie Sie b) ohne Ausnahmeregelungen zu einer gerechten und praktikablen Regelung kommen wollen und was c) der Mehrwert Ihres Antrages ist.
Einen kurzen Exkurs möchte ich machen: Mehr als 50 Prozent aller Betriebe sind von den Ausnahmen gar nicht betroffen. "Die Welt" schrieb heute "99,8 Prozent aller Firmen lagen schon jetzt unter der Schwelle der Bedürfnisprüfung, als diese vor ihrer Anhebung noch bei 20 Millionen Euro lag. Nur wenige Unternehmen laufen also Gefahr, mehr Erbschaftsteuer zahlen zu müssen."
Wir GRÜNEN sind auch für eine gerechtes Erbschaftsteuergesetz, doch jährliche Erlöse aus starken Unternehmen mit Tradition bringen auf Dauer mehr Nachhaltigkeit als sprudelnde Einmalerlöse aus dem Vererben. Hier gilt es einen geeigneten Mittelweg zu finden.
Die Position der Linken zielt wohl kaum auf diesen Ausgleich ab.
Wir werden daher Ihren Antrag ablehnen.