Katja Meier: Die Abwärtsspirale im Öffentlichen Verkehr muss gestoppt werden!

Redebausteine der Abgeordneten Katja Meier zur Aktuellen Debatte (Die Linke): "Bahnland Sachsen auf dem Abstellgleis"
30. Sitzung des Sächsischen Landtags, 16. März 2016, TOP 4

– Es gilt das gesprochene Wort –

Herr Präsident, meine Damen und Herren,
Wenn CDU und SPD dieser Tage zu den drohenden Abbestellungen von sächsischen Bahnverbindungen gefragt werden, gibt es 2 Antwortmöglichkeiten:
1: Schulterzucken, bedauernder Blick: Leider hätten sich die westdeutschen Bundesländer gegenüber den ostdeutschen bei der aktuellen Verteilung der Regionalisierungsmittel für den Schienenverkehr durchgesetzt, das sei unsolidarisch und gemein, man könne nichts dafür, jetzt müsse eben gespart werden.
oder
2: Bitte haben Sie Geduld: Es gibt seit letztem Jahr die vom Landtag beschlossene ÖPNV-Strategiekommission. Lassen Sie die Kommission in Ruhe arbeiten, alle diese Themen werden dort besprochen und schlussendlich werden Ergebnisse vorliegen.
Beide Erzählungen haben eines gemeinsam: Sie lenken ab!
Denn der Hauptakteur für die Entwicklung des Öffentlichen Verkehrs gerät aus dem Fokus: die Sächsische Staatsregierung. Doch genau JETZT werden die Weichen für die Zukunft des sächsischen Eisenbahnnetzes gestellt und zwar von der Staatsregierung.
Seit 2010 hat die CDU geführte Staatsregierung nur noch zwischen 74 und 78 Prozent der Regionalisierungsmittel an die Zweckverbände weitergereicht und ist damit bundesdeutsches Schlusslicht. Sachsen hat mit dem Rest des Geldes u.a. den Schülerverkehr mit jährlich 55 Mio. Euro finanziert, was eigentlich reine Landesaufgabe ist.
Die Folgen waren und sind unübersehbar: Streckenausdünnung oder Abbestellung, Bus statt Bahn  und Tarifsteigerungen von bis zu 20 Prozent in den letzten 5 Jahren.
Die Folge dieser Kürzungspolitik: weniger Regionalisierungsmittel vom Bund. Warum? Weil sich der neue Verteilungsschlüssel aus zwei Faktoren zusammensetzt: 1. die demographische Entwicklung und 2. die Anzahl der bestellten Zugkilometer.
Nun werden wir für die Verkehrspolitik der sächsischen CDU-Regierungen bestraft.
Insgesamt erhöht zwar der Bund die Gelder auf 8 Milliarden Euro und bis 2030 um je 1,8% jährlich dynamisiert, aber trotzdem profitieren die ostdeutschen Länder davon kaum.
Woran das liegt – an der unter den Verkehrsminister ursprünglich vereinbarten „Sperrklinke“, die sicherstellen sollte, dass kein Land weniger Geld bekommt als bisher, die aber von Schäuble einkassiert wurde.
Wie konnte das passieren? In den entscheidenden Verhandlungen waren die ostdeutschen Verhandlungsführer und Ministerpräsidenten nicht gut vorbereitet und haben sich von dem unverhofften Geldsegen blenden lassen.
Jetzt stellen sich Abgeordnete der Regierungsfraktionen hin und zeigen mit dem Finger auf die Westländer. Aber wenn man mit dem Finger auf andere zeigt, dann zeigt man auch mit drei Fingern auf sich selbst!
Gerade Länder mit GRÜNER Regierungsbeteiligung haben im Gegensatz zu Sachsen ambitionierte Verkehrsleistungen bestellt. Und sie haben sich ehrgeizige Ziele gesetzt:
Baden-Württemberg will seine Fahrgastzahlen verdoppeln und Schleswig-Holsteins seinen ÖPNV-Anteil bis 2030 um 50 Prozent erhöhen. Die NRW-Zukunftskommission hat sich offensiv für eine 50- bis 100-prozentige Steigerung der ÖPNV-Verkehrsleistung ausgesprochen.
 
Aber genau solche Ziele hat sich weder die Regierung noch die sächsische ÖPNV-Strategiekommission gesetzt. Sowohl Eva Jähnigen hat bei der Einsetzung der Kommission auf konkrete Ziele gedrängt als auch ich, die ich jetzt für die GRÜNEN in der Kommission sitze.
Dieser Ansatz blieb bisher unerhört.
Eine aktive sächsische Bahnpolitik findet also nicht statt, stattdessen wird auf die Ergebnisse der ohne konkreten Zielvorgaben tagenden Strategiekommission am Ende der Legislatur 2019 gewartet.
Wir müssen aber jetzt die Weichen stellen, um den Verkehrszweckverbänden Planungssicherheit zugeben und die Abwärtsspirale im Öffentlichen Verkehr zu stoppen.
Momentan wird der Haushaltsentwurf des Freistaates für die Jahre 2017/18 erarbeitet.
In der Zeitung darf ich jetzt ständig Interviews von den Herren Heidan, Krauß, Baum und Meyer lesen, die sich für den Erhalt ihrer Strecken vor Ort einsetzen. Gehen Sie zu Dulig und zu Unland und erläutern Sie ihre Situation vor Ort.
Und wenn sich keine entsprechenden Aufwüchse im Haushalt finden, dürfen Sie sicher sein, dass wir GRÜNE, wie bei den vergangenen Haushaltsverhandlungen auch Änderungsanträge einbringen, die eine Weiterreichung der Regionalisierungsmittel von mindestens 90 Prozent an die Zweckverbände vorsehen. Insbesondere der Schülerverkehr muss zukünftig aus eigenen Landesmitteln finanziert werden.
Und dann meine Herren kommt es hier im Landtag zum Schwur!
Vielen Dank!

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