Katja Meier: Fahrverbote als Strafe ungeeignet

Rede der Abgeordneten Katja Meier zum Antrag der Fraktion DIE LINKE ‚Fahrverbot und Fahrerlaubnisentzug nicht zur allgemeinen Kriminalstrafe machen!‘
39. Sitzung des Sächsischen Landtags, 31. August 2016, TOP 6, Drs. 6/6061

– Es gilt das gesprochene Wort –

Sehr geehrter Herr Präsident,
sehr geehrte Damen und Herren,
Ideen zur Ausweitung eines Fahrverbots oder einer Entziehung der Fahrerlaubnis als strafrechtliche Sanktion kursieren ja schon seit über 20 Jahren. Mehrere Justizministerinnen und Justizminister haben sich dran schon versucht – bisher sind aber alle Anläufe im Sande verlaufen. Nun hat also Herr Maas einen neuen Anlauf genommen. Ein Sommerloch bietet sich für solcherlei Vorschläge ja auch immer an und DIE LINKE ist sogleich drauf angesprungen.
Was ist also die Idee des aktuell vorliegenden Entwurfs aus dem Bundesjustizministeriums: Das Fahrverbot soll zwar Nebenstrafe zur Geld- oder Freiheitsstrafe bleiben, dies aber auch als Sanktion für Straftaten, die nichts mit dem Straßenverkehr oder dem Führen eines Kraftfahrzeugs zu tun haben.
Auf den ersten Blick mag man meinen, dass das gar keine schlechte Idee sei. Ein honoriger Rechtsprofessor meinte sogar mal, dass solcherlei Sanktionen "für den Staat kostenneutral, für den Täter weniger schädlich als die Freiheitsstrafe und außerdem umweltfreundlich" sei.
Sie meinen, das könnte die GRÜNEN überzeugen? Nein! Die Argumentation ist nicht nur falsch, sondern auch zynisch! Seit wann ist denn die Nutzung des ÖPNVs eine Strafe?
Für uns wiegen die verfassungsrechtlichen Einwände schwerer und wir haben auch praktische Bedenken bei der Umsetzung. Die Auflösung des inneren Zusammenhangs zwischen Art der Tat und Art der Strafe senkt die Akzeptanz letzterer. Auch vor dem Hintergrund, dass es sich um eine Sondersanktion für Fahrerlaubnisinhaber handelt, ist schon jetzt mit vielen Rechtsmittelverfahren und einer entsprechenden Zusatzbelastung der Gerichte zu rechnen.
Die Ausweitung des Fahrverbots als Nebenstrafe für alle Straftaten würde außerdem die Rechtsfolgenabschätzung erheblich erschweren, da durch vielfältige Kombinationsmöglichkeiten mit Geld- und Freiheitsstrafen die Strafzumessung durch das Gericht sehr unterschiedlich ausfallen kann.
Weiterhin trifft ein Fahrverbot verschiedene Personen genauso unterschiedlich hart, wie die bisherigen Sanktionsmöglichkeiten. Strafen müssen aber gleichermaßen für alle wirken. Während für einen LKW-Fahrer oder eine Taxifahrerin diese Art von Sanktion einem Berufsverbot gleichkommt, hat es auf andere "Bestrafte" kaum Auswirkungen. Im ländlichen Raum führt ein Führerscheinentzug zur erheblichen Mobilitätseinschränkung. In den Groß- und Mittelstädten gibt es Ausweichmöglichkeiten.
Der vorliegende Antrag der LINKEN ist dann aber doch etwas sehr oberflächlich. Ihre pauschale Forderung an die Staatsregierung, die Umwandlung von Fahrverbot und Fahrerlaubnis in sogenannte "Kriminalstrafen" abzulehnen, hilft niemandem wirklich weiter. Die von der LINKEN-Fraktion befürchteten Maßnahmen sind zum Beispiel gar nicht Gegenstand des Referentenentwurfs des Bundesjustizministeriums. Weder soll das Fahrverbot zur eigenständigen Hauptstrafe werden, noch ist geplant, den Entzug der Fahrerlaubnis als Reaktion auf jegliche Straftat zu installieren.
Nichtsdestotrotz stimmen wir mit ihrer Grundintention überein, dass so erhebliche systematische Veränderungen der strafrechtlichen Sanktionen von der sächsischen Staatsregierung nicht unterstützt werden sollten.