Kommunen mit Wohnraummangel brauchen Mittel an die Hand gegen Spekulation und Zweckentfremdung

Rede des Abgeordneten Wolfram Günther zur ersten Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktion GRÜNE: "Gesetz über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum im Freistaat Sachsen (Sächsisches Wohnraumzweckentfremdungsgesetz – SächsWZwEG)" (Drs. 6/13676)
75. Sitzung des Sächsischen Landtags, 28. Juni, TOP 8
– Es gilt das gesprochene Wort –  

Sehr geehrte Frau Präsidentin!
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen!

Einerseits freuen wir uns, dass Sachsen in Zeiten des demografischen Wandels nicht mehr nur noch die Richtung kennt: die Bevölkerung geht zurück, sondern unsere Städte, vor allem die Großstädte, wachsen, und dies teilweise in atemberaubendem Tempo. Nur sind solche Veränderungsprozesse auch häufig mit Schmerzen verbunden, und wir stellen fest, dass wir vor allem in den beiden Großstädten Leipzig und Dresden ein wachsendes Problem mit Wohnungsnot haben. Wir haben darüber auch schon mehrfach hier im Hohen Haus debattiert.
Wohnungsnot trifft vor allem jene, die das wenigste Geld haben — logisch, so ist nun einmal der Markt aufgebaut. Wir als GRÜNE gehen davon aus, dass sich dieses Problem nicht nur mit einer Maßnahme bekämpfen lässt. Gewiss, es gibt die Möglichkeit, dies über Mietpreisbremsen und Kappungsgrenzen zu tun — Instrumente, bei denen man durchaus noch mehr tun kann. Wir sagen auch: Wir brauchen einen deutlich größeren Anteil von Wohnungseigentümern, die nicht nur ein reines Renditeinteresse haben: Das ist das genossenschaftliche Wohnen, das ist öffentliches Wohnen.
Wir haben bereits mehrfach darüber debattiert, dass man im Bereich der Sozialwohnungen mehr tun muss, damit auch dieser Bereich in Sachsen endlich funktioniert; das möchte ich hier nicht wiederholen. Wir müssen aber auch alternative Wohnformen fördern, bei denen Menschen ihr Geschick selbst in die Hand nehmen, wie Ein-Haus-Genossenschaften und ähnliche Projekte. Es gibt eine ganze Fülle von Dingen, die man tun kann.
Ein Problem, das es ebenfalls gibt und das langsam immer stärker wird — vor allem in Leipzig, aber auch schon in Dresden; und man kennt es auch in Berlin, wo es sich innerhalb kürzester Zeit zum großen Problem ausgewachsen hat —‚ ist die Zweckentfremdung von Wohnraum als Ferienwohnung. Wenn Sie dann in einem Viertel sind, wo händeringend Wohnraum gesucht wird, und es stehen Wohnungen leer, teilweise ganze Häuser, die vorher noch in Wohneigentum zerschlagen worden sind und nicht regulär vermietet werden, dann kann es ein Problem geben bzw. wird das Problem verstärkt.
Nun haben wir auch von der kommunalen Seite die Bedarfsanmeldung — da es dies in verschiedenen Bundesländern bereits gibt — die Möglichkeit, als Kommune darauf zu reagieren und passgenau eine Satzung festzulegen, die diese Zweckentfremdung untersagt.
Was wir nun mit unserem Gesetzentwurf vorschlagen, ist im Prinzip etwas Doppeltes: die kommunale Selbstverwaltungshoheit ernst zu nehmen und zu stärken und zugleich ein Instrument zu schaffen, um diesem Wohnungsmangel zielgerichtet entgegenzuwirken.
Welche Vorstellungen es unsererseits dazu gibt, das haben wir bereits relativ detailliert in unserem Gesetzentwurf beschrieben: wenn beispielsweise eine solche Wohnung über zwölf Wochen im Jahr leersteht. Es sind auch Aussagen zur Umnutzung von Teilen der Wohnung enthalten, wenn es um über 50 % geht. Wir wollen auch darauf achten, dass man Existenzgründungen, die oft in der eigenen Wohnung erfolgen, nicht unmöglich macht. Es soll nicht verhindert werden, dass jemand eine Zweitwohnung hat und diese nicht nutzt, sondern uns geht es wirklich nur um die Wohnungen, die leerstehen, damit sie ab und zu als Ferienwohnung genutzt werden und dadurch eine viel höhere Rendite erzielen als eine normale Wohnung, und das auch nur in den Bezirken, in denen es tatsächlich ein Problem mit der Wohnraumversorgung gibt.
Mit den Begrifflichkeiten lehnen wir uns eng daran an, was wir schon bei den Mietpreisen und der Kappungsgrenze kennen. Es wird also juristisch nichts Neues erfunden, sondern es gäbe die Möglichkeit für die Kommunen, dort zu reagieren. — Damit ist die Einbringung erbracht. Wir beantragen Verweis an den Ausschuss.
Vielen Dank. 

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