Russland-Sanktionen – Lippold: Grundsätze der UN-Charta sind AfD zuwider. Mit den Potentaten der Welt eint sie ihr Faible für das Recht des Stärkeren

Rede des Abgeordneten Lippold zum Antrag der AfD zum Thema: "Embargopolitik gegen Russland – Wirkungen der Maßnahmen und Gegenmaßnahmen auf die sächsische Wirtschaft"
64. Sitzung des Sächsischen Landtags, 13. Dezember, TOP 13
– Es gilt das gesprochene Wort –

Herr Präsident,
meine Damen und Herren, 
inhaltlich ist hier wenig Neues zu diskutieren. Die AfD-Fraktion hat wie schon in der Vergangenheit bei Anträgen zum Thema Wirtschaftssanktionen Auskunft von der Staatsregierung erhalten und wir könnten einfach die alten Reden zu diesem Thema wieder rausholen.
Oder auch nicht und ein paar Minuten Redezeit sparen.
Doch der Antrag kann eben auch Anlass sein, mal vertieft darüber nachzudenken. Das möchte ich gern in aller Kürze und Würze tun.   
In der Charta der Vereinten Nationen, meine Damen und Herren, verpflichtet sich die Weltgemeinschaft nach den entsetzlichen Erfahrungen zweier Weltkriege auf gemeinsame Grundsätze, darunter unbedingte Achtung der territorialen Integrität und der politischen Unabhängigkeit.
Und weil sich alle Unterzeichner auch verpflichten, internationale Streitigkeiten durch friedliche Mittel beizulegen, kommen bei klaren Verstößen gegen die Charta der Vereinten Nationen eben nicht gleich Truppen zum Einsatz sondern wenn irgend möglich zunächst mildere Mittel wie Wirtschaftssanktionen, um völkerrechtswidrigem Verhalten einen Preis zu geben.
Die Verteidigung von Grundwerten, die Durchsetzung von Recht und Gesetz – und sei es Völkerrecht –  hat immer einen Preis.
Gerade für Sie, meine Damen und Herren von der AfD, die ja immer so auf Law and Order pochen, muss die Einhaltung von vereinbarten Grundsätzen doch einen hohen Wert haben.
Wie um alles in der Welt kommen Sie denn dann auf die Idee, dass uns das nichts kosten darf? Dass wir auf die Einforderung und auch die Durchsetzung der Einhaltung völkerrechtlicher Vereinbarungen verzichten sollten, wenn uns das was kostet?
Denn das schwebt Ihnen ja offenbar vor. Sie haben ja nicht gefordert, diese Kosten hier gerecht zu verteilen oder Betroffene zu unterstützen. Nein, Sie fordern einfach, auf Maßnahmen zur Sanktionierung von Rechtsbruch zu verzichten, wenn das Geld kostet.
Die aus sehr gutem Grund und nach schlimmen Erfahrungen weltweit vereinbarten Grundsätze einfach fallen zu lassen, nur weil ihre Durchsetzung Geld kostet, ist keine Option. Wahrscheinlich noch nicht einmal für Sie.
Was steckt dann hinter Ihrem Antrag? Je öfter man sich sowas im Kontext der sonst noch aus Ihren Reihen verfassten und geäußerten Meinungen anschaut, desto klarer wird das.
Es wird klar, dass es keinesfalls nur darum geht, dass wirtschaftliche Interessen gegen Grundsätze abgewogen werden. Nein, da steckt viel Ärgeres dahinter.
Ihnen sind nämlich die Grundsätze der UN-Charta völlig egal oder gar zuwider!
Sie halten es für völlig normal, dass das Recht des Stärkeren auf der internationalen Bühne gilt – und eine gnadenloser Sozialdarwinismus innerhalb der Gesellschaft.
Wer diese ideologische Basis teilt – und das tun fast alle Potentaten auf der Welt, der ist Ihr Partner im Geiste. Wer sie ablehnt, wird bekämpft.
Unabhängig davon, ob es Ihnen und so manchem Ihrer Anhänger bewusst ist oder nicht und unabhängig davon, wie oft sie solche Vorwürfe empört von sich weisen  –  die alleinige Gültigkeit des Rechtes des Stärkeren war prägendes Merkmal der nationalsozialistischen Weltanschauung, ausführlich in "Mein Kampf" beschrieben.
Wir nehmen das ernst, meine Damen und Herren. Und wir lassen Ihnen noch nicht mal im Denkansatz eine Verletzung der Grenzen durchgehen, die unsere Zivilisation von Abgründen trennen, in die unsere Väter und Mütter, unsere Großväter und Großmütter gestoßen wurden und selbst viele Millionen Menschen gestoßen haben.
Wehret den Anfängen – auch in einem an sich unbedeutenden AfD-Antrag unter Tagesordnungspunkt 13 zu vorgerückter Stunde im sächsischen Landtag. » Alle Infos zum 64. und 65. Plenum » Alle GRÜNEN Reden