Valentin Lippmann: Die Angriffe gegen Journalisten, Rundfunk und Medien zielen auch auf die Grundsäulen unserer Verfassung

Redebeitrag des Abgeordneten Valentin Lippmann zum Antrag:
"Pressefreiheit im Freistaat Sachsen schützen, die Freiheit der Berichterstattung nicht preisgeben: Angriffe auf Journalistinnen und Journalisten sind Angriffe auf Grundrechte und müssen unterbunden werden“ (Die Linke)
27. Sitzung des Sächsischen Landtags, 03. Februar 2014, TOP 9

– Es gilt das gesprochene Wort –

Sehr geehrter Herr Präsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
der Umgang mit Medien in diesem Land hat einen neuen Tiefpunkt erreicht. Das merken wir nicht nur daran, dass der Begriff Lügenpresse – trotz seiner eindeutig nationalsozialistischen Konnotation – mittlerweile zum Schlachtruf des von einigen erhofften Systemsturzes geworden ist und auch Bundestagsabgeordnete der Union nahtlos in diesen Reigen einsteigen.
Sondern wir merken es daran, dass immer häufiger Menschen gegen die Medien, die nicht ihre Ansichten vertreten – aufgrund einer politischen Lynchrhetorik gegenüber Journalistinnen und Journalisten, die von Pegida bis zur AfD reicht – nicht nur zum Wort, sondern auch zur Tat schreiten. Ich erinnere an dieser Stelle ebenfalls nur an die skrupellosen Angriffe im Legida-Umfeld in den letzten Wochen sowohl auf den MDR als auch auf RTL.
Werte Kolleginnen und Kollegen, was die Bedrohungslage von Journalistinnen und Journalisten bei Demos angeht, ist es schon lange 5 nach 12. Ich hätte nie gedacht, dass es in unserer freiheitlichen Demokratie jemals so weit kommen könnte, dass wir uns über die Frage der Sicherheit der Ausübung der Medienberichterstattung unterhalten müssen. Die gegenwärtige Bedrohungslage für Medienvertreter ist eines demokratischen Rechtsstaates unwürdig. Wir brauchen schnellstmöglich wirksame Maßnahmen, um weiteren Angriffen vorzubeugen.
Die Freiheit der Presse und des Rundfunks sind ein hohes Gut. Die Ausübung muss auch aktiv durch den Staat geschützt werden. Angriffe auf Journalistinnen und Journalisten sind keine Angriffe auf die Personen alleine, sondern auf die Freiheit der Medienberichterstattung. Genauso wie Angriffe auf Politiker nicht nur diesen als Person sondern auch unseren demokratischen Prinzipien gelten.
Und von daher, Herr Staatsminister Ulbig, war ich auch schockiert über Ihre Antwort auf eine Kleine Anfrage von mir. Ich zitiere: "Der Beruf eines Tatbetroffenen wird weder grundsätzlich noch regelmäßig erhoben und recherchierbar erfasst." Nein, Herr Minister, hier geht es nicht darum, Berufe zu erheben, sondern Offensichtliches zu dokumentieren. Hier geht es darum, dass Menschen Opfer von Straftaten werden, die ein in einer Demokratie entscheidendes Grundrecht ausüben. Angriffe auf Polizisten werden nicht zu Unrecht als Angriffe auf den Staat gewertet, von daher kann ich diese Bagatellierung nicht nachvollziehen.
Die Angriffe richten sich gegen Journalisten, gegen den Rundfunk und die Medien – sie zielen aber auf die Grundsäulen unserer Verfassung, da sie nicht genehme Meinungen durch das Recht des Stärkeren unterdrücken wollen.
Deshalb ist es notwendig, entschieden und deutlich gegen die immer stärker werdende Gewalt gegen Medien vorzugehen.
Der vorliegende Antrag ist dazu ein Schritt. Allerdings nur ein sehr kleiner. Die Dokumentation von Übergriffen ist zweifelsohne wichtig, der Berichtsantrag entsprechend auch sinnvoll. Aber brauchen wir noch mehr Infos, um zu wissen, dass wir ein Problem haben? Schützen wir die Pressefreiheit durch umfassende Berichte? Reicht nicht das, was wir sehen und hören, um festzustellen, dass es endlich Maßnahmen braucht. Maßnahmen, die dieser Antrag leider nur zu kurz anreißt.
Es braucht eine Verständigung zwischen den Medien und der Polizei über Sicherheitskonzepte. Dazu muss man sich gemeinsam an einen Tisch setzen und vor allem über Machbares reden. Es kann ja auch nicht das Ziel sein, Medienberichterstatter bei schwierigen Demolagen in einen betreuten und bewachten Wanderkessel zu stellen.
Es braucht eine Intensivierung des Verfolgungsdrucks. Der Angriff auf Medienberichterstatter ist kein Kavaliersdelikt. Es darf nicht der Eindruck entstehen, dass derartige Taten folgenlos bleiben. Dies setzt aber auch ein höheres Anzeigeverhalten von Betroffenen voraus.
Schulen Sie Ihre Einsatzführer und Polizistinnen und Polizisten, was den Umgang mit Journalisten angeht. Es darf nicht passieren, dass sich Polizisten lieber um hanebüchene Anzeigen wegen Verstößen gegen das Kunsturhebergesetz kümmern und Identitätsfeststellungen gegen Journalisten betreiben, während daneben vermeintlich "besorgte Bürger" Böller werfen. Das ist unverhältnismäßig.
Wir brauchen eine Durchsetzung der Medienberichterstattung über das Versammlungsrecht durch vollziehbare Auflagen, die gegebenenfalls auch zu Maßnahmen gegen die Versammlung führen können
Und sicherlich gibt es noch mehr Möglichkeiten. Diese müssen zügig umgesetzt werden, Herr Minister. Hier greift der Antrag zu kurz. Das Thema ist außerdem zu sensibel, um es auf dem Altar der parteipolitischen Befindlichkeiten zu opfern. Eine Diskussion im Ausschuss wäre zielführender gewesen.
Von daher schließe ich mit einem Appell an Sie, Herr Staatsminister. Handeln Sie. Machen Sie das Thema zur Chefsache. Es steht mehr auf dem Spiel als uns lieb sein kann, es geht um eine wichtige Grundlage unserer Gesellschaft.  
Vielen Dank!
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