Wohnraumzweckentfremdungsgesetz – Günther: Kommunen stärken und Möglichkeiten einräumen

Redebeitrag des Abgeordneten Wolfram Günther zum Gesetzentwurf der Fraktion GRÜNE:
"Gesetz über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum im Freistaat Sachsen (Sächsisches Wohnraumzweckentfremdungsgesetz – SächsWZwEG)", Drs 6/13704, 2. Juli TOP 4
– Es gilt das gesprochene Wort –
Sehr geehrte Frau Präsidentin!
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen!

Wir haben hier im Parlament schon mehrfach über das Problem fehlenden Wohnraums gesprochen. Wir haben mittlerweile eine relativ große Einigkeit darüber, dass dort etwas passieren muss. Wir sind uns klar, dass sich die Frage verfügbaren, bezahlbaren Wohnraums in den Großstädten mit zur zentralen Frage Nummer 1 entwickelt hat. Wir wissen auch, es braucht eine ganze Reihe von Instrumenten, wie man darauf reagieren kann. Der erste Punkt ist mehr Wohnraum zur Verfügung zu stellen, dass also gebaut wird. Wir GRÜNEN sagen, im sozialen Wohnungsbau brauchen wir richtig große Sprünge; dass diese 5 000 Wohnungen, die in etwa den Bedarf der großen Schritte abbilden, kommen.
Wir haben hier schon über Mietpreisbremsen, Kappungsgrenzen oder die Unterstützung von Baugemeinschaften gesprochen. Ich will jetzt nicht alle Instrumente aufzählen, aber wir haben auch ein Problem, dass es Wohnungen gibt, die gar nicht zum Wohnen zur Verfügung stehen, weil sie für andere Dinge zweckentfremdet werden oder weil sie schlichtweg leer stehen bleiben, weil es Menschen gibt, die in Gebäuden und Wohnimmobilien einfach ihr Geld anlegen, aber an Vermietung gar nicht interessiert sind, weil das Geld einfach nur sicher geparkt werden soll.

Wir haben unseren Gesetzesantrag mittlerweile durch die 1. Lesung und auch durch den Ausschuss in der Anhörung gehabt und die Sachverständigen haben relativ einhellig gesagt: Ja, das Problem besteht, wir brauchen dort eine Lösung, und unseren Gesetzentwurf gelobt. Der Vertreter der Stadt Leipzig kam auch mit sehr konkreten Zahlen, nämlich, dass in der Stadt Leipzig circa 21 000 Wohnungen gar nicht als Wohnungen genutzt werden. Das sind etwa 6 % des gesamten Bestandes. 12 000 Wohnungen stehen leer und wenn man die normale Fluktuation mit Mieterwechsel sieht, würde ungefähr die Hälfte davon grundsätzlich unter den Bereich so eines Zweckenifremdungsverbotes fallen.
Wir haben noch andere Zahlen. Etwa AirBnB — dieser ganz bekannte Ferienwohnungsanbieter — bietet circa 1 500 Wohnungen in der Stadt Leipzig an; darunter sind ungefähr 500 dauerhaft nur als Ferienwohnungen dort drin und nicht irgendwie nebenher genutzt. Nach eigenen Angaben von AirBnB sind die Steigerungen dort pro Jahr um etwa 40 % groß. Der Vertreter der Stadt Leipzig hat nicht nur darauf hingewiesen, dass auch die Anträge für Nutzungsänderungen im Baurecht für Wohnungen steigen und dass sie teilweise schon ganze Wohngebäude betreffen, sondern vor allem die große Dynamik herausgestellt, die dort besteht.
Wir sind uns alle einig, dieses Problem Zweckentfremdung von Wohnungen ist ein Thema, das uns vor zehn Jahren hier noch nicht betroffen hat und vielleicht auch vor fünf Jahren noch kein wesentliches Thema war. Aber auch der Blick in andere Regionen Deutschlands hilft manchmal; da muss man nicht nur nach Berlin schauen, wo es innerhalb kürzester Zeit zu einem relevanten Problem geworden ist. Genau darauf weisen die Städte hin.

Ich erinnere auch daran, dass sowohl die Stadt Leipzig als auch die Stadt Dresden es schon eingefordert haben, dass wir im Freistaat mit einer Zweckentfremdungsverordnung aktiv werden. Diese Anträge liegen Ihnen vor. Wir sind in Sachsen schlichtweg Nachzügler; denn die meisten der anderen Bundesländer haben bereits solch ein Gesetz, das es möglich macht, dass Kommunen hierauf reagieren. Darauf möchte ich jetzt bei unserem Gesetzentwurf noch einmal eingehen.
Das Gesetz soll nicht nur das Problem dort angehen, wo es auftritt, sondern letztlich auch wieder die kommunale Selbstverwaltung stärken; denn wir möchten schlichtweg den Kommunen die Möglichkeit geben, dort, wo die Probleme bestehen, wo nämlich die Versorgung der Bevölkerung mit ausreichend Mietwohnraum zu angemessenen Bedingungen gefährdet ist — das sind dieselben juristischen Begriffe wie in anderem Recht, das in Sachsen bereits gilt, wie zur Mietpreisbremse oder zur Kappungsgrenze —‚ dort sollen die Kommunen für die Höchstdauer von fünf Jahren im Prinzip solche Zweckentfremdungen unter einen Genehmigungsvorbehalt stellen können. Mit Satzungen, die sie ganz zielgerichtet anwenden.
Also, weil Sie von der Koalition gern damit kommen, das seien Probleme, die nicht jeder im Land hat —wir sagen wo sie sind, müssen sie gelöst werden. Es nützt uns nichts, wenn vielleicht in Kamenz eine Wohnung leer steht, es in Leipzig aber völlig umgekehrt ist

Wir haben einen Gesetzentwurf vorgelegt und sagen: Wenn mehr als die Hälfte einer Fläche für gewerbliche oder berufliche Zwecke genutzt wird, wenn eine Wohnung komplett umgebaut wird, sodass sie gar nicht mehr bewohnbar ist oder wenn sie mehr als zwölf Wochen im Kalenderjahr für Fremdenbeherbergung zur Verfügung steht oder länger als zwölf Monate leer steht — das sind die Voraussetzungen, die gegeben sein müssen —‚ dann soll die Zweckentfremdung unter Genehmigungsvorbehalt stehen.
Wir haben im Gesetzentwurf auch klar festgelegt, unter welchen Umständen so etwas genehmigt werden müsste. Wir wollen endlich Rechtssicherheit herstellen. Wir sehen unseren Gesetzentwurf in großem Einklang mit dem, was die Sachverständigen vorgetragen haben und was die Städte Dresden und Leipzig vorgetragen haben. Es gibt keinen vernünftigen Grund dafür, ihnen dieses Instrument nicht an die Hand zu geben. Deswegen bitte ich Sie um Zustimmung zu unserem Gesetzentwurf

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