Datum: 30. September 2020

Afrikanische Schweinepest – Hammecke: Appell an unsere Verantwortung

Redebeitrag der Abgeordneten Lucie Hammecke (BÜNDNISGRÜNE) zur Aktuellen Debatte auf Antrag der Fraktion CDU zum Thema: "Afrikanische Schweinepest – Wie ist Sachsen vorbereitet?"
14. Sitzung des 7. Sächsischen Landtags, Mittwoch, 30.09.2020, TOP 3

– Es gilt das gesprochene Wort –

Sehr geehrter Herr Präsident,
Liebe Kolleg*innen,

ich erzähle ihnen nichts Neues. Die afrikanische Schweinepest (ASP) ist in Deutschland angekommen. Die ersten Fälle wurden in Brandenburg unweit der Grenze nachgewiesen – immerhin bis jetzt nur bei Wildschweinen und noch in keinem Hausschweinbestand. Und natürlich sind Auswirkungen für Schweinehalter*innen jetzt bereits zu spüren. Länder wie Südkorea und China haben ein Schweinefleischimport aus Deutschland beschlossen.

Innerhalb der EU gibt es dankenswerter Weise eine regionale Regelung, die nur den Import aus betroffenen Regionen regelt bzw. verbietet, aber nicht ganze Länder betrifft. Und das ist auch sehr entscheidend, denn nach dem wichtigsten Absatzmarkt für Schweinefleisch, der in Deutschland selbst liegt, sind die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union der zweitwichtigste Markt.

Auch deshalb ist es so wichtig, dass ASP nicht nach Sachsen kommt. Dass unsere Regionen eben nicht auch noch von den Exportverboten in andere EU-Länder betroffen sein werden.

Aber – und hier möchte ich mich auch ausdrücklich bedanken – Sachsen ist gut vorbereitet. Nahe beziehungsweise am nächsten zu Sachsens Grenzen ist die Erkrankung in den letzten Monaten vor allem im Westen Polens aufgetreten. Zum Schutz wurden bereits Wildabwehrbarrieren im Grenzgebiet angebracht. Für die festen Zäune ist Sachsen in der Abstimmung mit Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und dem Bund. Denn einfach so bauen, auf Land was nicht dem Freistaat gehört, ist eben nicht so einfach möglich. Da braucht es die Kooperation mit dem Bund.

Außerdem gibt es bereits ein engmaschiges Monitoring, um das Ankommen und die Ausbreitung der ASP in Sachsen zu verhindern.

Es gibt außerdem eine Informationskampagne des Sozialministeriums und des Umwelt-Energie-Klima-Landwirtschaftsministerium: mit drei zentralen Botschaften, die auch wichtig genug sind, dass wir sie alle hier im Hohen Haus noch einmal hören und wiederholen.

  1. Wenn ein Wildschweinkadaver gefunden wird, soll dieser bei den lokalen Behörden gemeldet werden!
  2. Inhaber*innen von Schweinehaltungsbetrieben werden um größtmögliche Biosicherheit in ihren Betrieben und Ställen gebeten. 
  3. Keine Lebensmittelreste beim Wandern oder an Autobahnraststätten liegen lassen!

Ich möchte auf den letzten Punkt noch einmal genauer eingehen. Weshalb ist es denn so wichtig, dass wir keine Lebensmittelreste liegen lassen?

Der Mensch ist leider einer der größten indirekten Überträger der ASP. Wir können uns als Menschen zwar – zum Glück – nicht mit dieser Krankheit anstecken. Wir können aber über Speiseabfälle, Transportmittel oder verdreckte Kleidung zur Übertragung über Hunderte von Kilometern beitragen. Mit ASP infizierte Abfälle können mit dem Auto mitgetragen werden, fallen später runter, werden dort von Wildschweinen gefressen und führen dort zu einem Ausbruch der Seuche.

Das Ganze ist auch kein abstraktes Szenario.

Noch 2017 hat das Friedrich-Löffler-Institut, das ist das Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit, das Risiko eines Eintrages durch Übertragung durch wandernde Wildschweine als mäßig eingeschätzt, hingegen durch Fahrzeuge und Menschen als hoch. Nach dem ASP 2007 in Georgien ankam, hat sich die Seuche in den folgenden Jahren immer wieder sprunghaft weiterverbreitet. Ein Beispiel sind die ersten nachgewiesenen Fälle in Belgien, die nicht durch migrierende Wildschweine verursacht werden konnten.

Der Faktor Mensch hat große Verantwortung. Und Deutschland als ein großer Schweinefleischexporteur weltweit trägt hier eine Mitverantwortung. Tiertransporte quer durch Europa sehen wir natürlich aus Tierschutzgesichtspunkten kritisch, aber auch für eine Weiterverbreitung des Virus ist es leider günstig.

Nach dem Faktor Mensch möchte ich gerne nochmal auf den Faktor Tier zu sprechen kommen.

Natürlich ist die ASP ein Problem aus wirtschaftlicher Sicht. Aber sie ist vor allem auch eine ansteckende Tierseuche, die bei Haus- und Wildschweinen in der Regel zum Tod führt. 95 Prozent aller infizierten Tiere sterben. Das gilt für die qualvoll verendeten Wildschweine, ebenso wie für Hausschweine.

Denn sobald es zu einem Fall von ASP in einem Betrieb kommt, müssen alle Tiere in diesem Betrieb getötet werden. Eine Not-Tötung, aus Seuchenpräventionssicht sinnvoll – aber es bleibt trotzdem eine Tötung ohne Weiterverarbeitung. Ohne Weiterverarbeitung zu Nahrung. Eine leider unumgängliche Maßnahme. Man muss aber hier sagen, dass viele Tiere in einem Betrieb hier natürlich das Risiko erhöhen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

ich möchte noch einmal an alle appellieren. Wir ganz individuell können etwas tun. Der bewusste Fleischkonsum, aus regionaler und kleinteiliger Landwirtschaft trägt auch dazu bei, dass die Wahrscheinlichkeit sinkt, dass tausende Tiere in einer Anlage gekeult werden müssen.

Und wir können und müssen die Faktoren weiterhin kritisch begleiten, die der Ausbreitung zuträglich sind, wie z.B. lange Tiertransporte über den europäischen Kontinent.

Vielen herzlichen Dank.
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