13. Februar als Sächsischer Gedenktag – Lippmann: Schamlose und unwürdigste Geschichtsverklärung

Redebeitrag des Abgeordneten Valentin Lippmann zum Gesetzesentwurf der Fraktion AfD:
"Gesetz zum Schutze des Jahrestages 13. Februar als Sächsischer Gedenk- und Trauertag für die Opfer der Bombenkriege", Drs 6/17600, 3. Juli TOP 24

– Es gilt das gesprochene Wort –
Sehr geehrter Herr Präsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

die AfD versucht sich gern darin, vollmundig und wahrheitswidrig zu behaupten, dass sie keine Nazis sind oder zumindest aber mit Nazis nichts zu tun haben.
Wenn man es als überzeugter Demokrat nicht sowieso schon besser wüsste, so wäre dieser Gesetzentwurf der erneute Beweis, dass diese Behauptung nicht stimmt, denn beim Lesen der Begründung kann man nur konstatieren, dass offenbar niemand geringeres als Joseph Goebbels selbst Pate dieses geschichtsverklärenden Fünfseiters ist.
Dieser Gesetzentwurf ist der papiergewordene Mythos Dresden, wie ihn die Nazis direkt nach der Bombardierung erschufen und wie er in den Folgejahren, auch in der DDR, fortgesetzt wurde.

Es ist der Mythos der unschuldigen Stadt, die ohne Not und ohne Notwendigkeit in einem kriegsverbrecherischen Akt der Alliierten, der seinesgleichen Suche, dahingerafft wurde. Seit vielen Jahren bemüht man sich in Dresden, diesen Mythos, der dazu beigetragen hat, die Stadt über ein Jahrzehnt zum Massenaufmarschpunkt der extremen Rechten zu machen, zu entkräften. Und nun kommen sie mit einem Gesetzentwurf in astreiner nationalsozialistischer Propaganda, indem Sie von „alliierten Bombenterror“ sprechen und wollen diesen Mythos wieder befeuern. Das spricht für sich.
Das ist dann teilweise noch so intellektuell unredlich, dass man sich beim Lesen bemühen muss, nicht mit dem Kopf auf der Tischplatte aufzuschlagen. Sie behaupten, wie es schon die alten Nazis taten und die neuen Nazis tun, die Singularität des Bombenangriffs auf Dresden, stellen ihn auf eine Stufe mit Hiroshima und Nagasaki und behaupten, Dresden sei die Chiffre für unfassbares Leid. Das ist historisch falsch und ein Affront gegen alle Städte, die ähnliche Angriffe erlebt haben.
Regelrecht schon widerlich ist dann noch ihre Behauptung, mit dem Gedenken an Dresden würde man dem Schicksal aller Menschen in der Welt gedenken, die Opfer des Krieges geworden sind.
Glauben Sie ernsthaft, dass die Opfer des Nationalsozialistischen Terrors, Städte wie Oradour und Lidice, Rotterdam und Coventry sich bei der Nennung von Dresden, in das am 13. und 14. Februar der von den Nazis entfesselte Krieg zurückkehrte, mitgemeint fühlen? Wohl kaum – Das was Sie hier machen ist schamlose und unwürdigste Geschichtsverklärung.

Aber was ist von einer Partei zu erwarten, deren Fraktionsvorsitzender im Bundestag die Zeit des Nationalsozialismus als Vogelschiss bezeichnet. Obwohl: in dieser Konsequenz würden Sie in Ihrem Gesetzentwurf ja die mangelnde Gravität der Erinnerung an einen Vogelschiss beklagen – das ist dann ja auch irgendwie inkonsequent.

Zu der Gravität des Erinnerns noch einige Worte. In Dresden hat sich in den letzten Jahren, nach viel Streit, eine Gedenk- und Erinnerungskultur entwickelt, die zunehmend von Vielfalt geprägt ist und neben dem individuellen Gedenken auch das gemeinsame Mahnen der Ursachen des Bombenangriffes umfasst. Es ist in der Dresdner Erinnungskultur noch viel Luft nach oben, aber es ist gut, dass beispielsweise der Mahngang Täterspuren mittlerweile fester Bestandteil des Umgangs mit dem 13. Februar ist.
Was dabei  keiner braucht ist ein Gedenktag der Mythen fördert, die Gesellschaft spaltet und keinen einzigen Mehrwert für irgendwen schafft – außer vielleicht für die AfD, die mit ihrer Behauptung der Profanierung des Gedenkens und der Forderung nach dem Schutz des stillen Gedenken alle vielfältigen Formen des Erinnerns abschaffen und die Zivilgesellschaft schwächen will.
Die Folge sind dann aber auch wieder 10.000 Neonazis, die unkommentiert durch Dresden ziehen. Aber vielleicht ist es genau das, was man als AfD eigentlich will, wenn man wie in diesem Gesetzentwurf Jospeh Goebbels gedanklich folgt.

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