Datum: 12. Januar 2006

PM 2006-10: Anhörung zum Sächsischen Verfassungsschutz- und zum Polizeigesetz: Gesetzesnovelle der Koalition verfassungswidrig

„Die Gesetzesnovelle der Koalition zum Sächsischen Verfassungsschutzgesetz ist verfassungswidrig“, so Johannes Lichdi, innenpolitischer Sprecher der GRÜNEN-Fraktion nach der heutigen Anhörung vor dem Innenausschuss des Sächsischen Landtages zu den vorgelegten Novellen zum Verfassungsschutzgesetz. „Die Koalition hält am Großen Lauschangriff wegen Bestechlichkeitsdelikten (§§ 331 bis 334 StGB) fest, obwohl das Bundesverfassungsgericht dies mit der Entscheidung vom 3. März 2004 ausdrücklich verboten hatte.“
 
Die Mehrzahl der Experten sprach sich auch gegen die Zuständigkeit des Verfassungsschutzes für den Bereich der Organisierten Kriminalität aus.
Insbesondere der ehemalige Innenminister von Schleswig-Holstein und Bundesbeauftragte für Datenschutz, Prof. Bull, hat die Zuständigkeit des Verfassungsschutzes für die Organisierte Kriminalität als „überflüssig und irritierend“ bezeichnet.
Auf Nachfrage des Abgeordneten Lichdi äußerte Prof. Bull Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Benachrichtigungsregelung im Gesetzentwurf der Koalition.
Hinsichtlich des Polizeigesetzes sprach sich Herr Steinecke, Landesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei, aus polizeilichen und verfassungsrechtlichen Gründen für die Echtzeitüberwachung aus, die unmittelbar von einem Beamten vorgenommen wird. „Der Beamte kann so sowohl verfassungswidrige Aufzeichnungen verhindern als auch sofortige  polizeiliche Maßnahmen einleiten“, so Lichdi. „Der grüne Gesetzentwurf schließt die automatische Überwachung aus und macht nur die Echtzeitüberwachung möglich.“
„Nach der Anhörung muss die Koalition ihren Gesetzentwurf grundlegend überarbeiten“, so Lichdi. „Die GRÜNE-Fraktion bietet dazu die Zusammenarbeit an. Sollte die Koalition ihren Entwurf mit ihrer Mehrheit unverändert durch den Landtag bringen, ist die GRÜNE-Fraktion bereit, vor dem Sächsischen Verfassungsgerichtshof zu klagen“, so der Innenpolitiker.

Das Sächsische Verfassungsschutzgesetz war am 21. Juli 2005 vom Sächsischen Verfassungsgerichtshof für verfassungswidrig erklärt worden. Der Landtag hat die Aufgabe bis zum 30. Juni 2006 das Gesetz zu novellieren. Die GRÜNE-Fraktion hatte Anfang September 2005 einen Gesetzentwurf dazu vorgelegt. Die  Koalition brachte im Dezember ihren Gesetzentwürfe in den Landtag ein.