Datum: 19. Juni 2006

PM 2006-207: Ökolandbau: Staatsminister verletzt Landesrecht

Weichert: Staatsminister Tillich setzt auf Agroindustrie und Risikotechnologien – Ökolandbau wird zum Stiefkind
Klammheimlich nimmt die Staatsregierung von der Vorgabe des Landesentwicklungsplans von 2003 Abstand, den Flächenanteil des ökologischen Landbaus an der landwirtschaftlichen Nutzfläche bis 2009 auf 10 Prozent ansteigen zu lassen.
Im Entwurf des ‚Entwicklungsplans für den ländlichen Raum im Freistaat Sachsen‘ (ELER) wird für das Jahr 2013 die Zielgröße jetzt mit 28.800 Hektar angegeben. Das sind nur etwa 3,2 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche, die in Sachsen insgesamt 907.000 Hektar beträgt. 
„Eine derart drastische Änderung in der Zielstellung mit einer Abweichung von 70 Prozent darf keinen Eingang in ein Landesprogramm finden“, fordert Michael Weichert, Vizechef der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. „Der Plan von Minister Tillich ist ein klarer Verstoß gegen geltendes Recht. Der Landesentwicklungsplan will 90.000 Hektar ökologisch bewirtschaftete Fläche bis 2009. Daran hat sich auch ein Minister zu halten.“
Politisch bewertet er den Entwurf als Ausdruck einer veränderten Landwirtschaftspolitik in Sachsen, die einseitig auf agroindustrielle Betriebe und Risikotechnologien wie den Einsatz von gentechnisch verändertem Saatgut setzt. „Die ökologische Landwirtschaft spielt in den Überlegungen des Ministeriums keine Rolle mehr. Sie wird zum ungeliebten Stiefkind der Staatsregierung.“ Weichert erinnerte in diesem Zusammenhang daran, dass bei der Vermarktung einseitig beim Ökolandbau gespart und die Umstellung auf den ökologischen Landbau in Sachsen in diesem und im letzten Jahr überhaupt nicht gefördert wurde.
Schon im Dezember 2005 hatte Tillich das Landesrecht gebeugt. In einem Vertrag im Rahmen der Umweltallianz Sachsen gibt er als Ziel an, „mittelfristig 5 Prozent der Landwirtschaftsfläche“ ökologisch zu bewirtschaften. (S. 11, der Broschüre Umweltallianz Sachsen, Vertragstext). „2003 werden 10 Prozent im Landesrecht fixiert, 2005 wird das Ziel auf 5 Prozent halbiert und 2006 sollen es nur noch 3,2 Prozent sein. Das ist doch eine Salamitaktik gegen den Ökolandbau.“ Weichert forderte den Minister auf, Farbe zu bekennen, und eine Änderung des Landesentwicklungsplans vorzuschlagen, statt dieses Recht immer wieder aufs Neue zu verletzten.
Der bündnisgrüne Fraktionsvize wendet sich auch an die SPD, sich dem Vorgehen des Ministers für Umwelt und Landwirtschaft zu widersetzen und ihren Einfluss in der Koalition geltend zu machen. „Mit Antritt der Koalition ist die Landwirtschaftspolitik nicht besser, sondern drastisch schlechter geworden. Von der SPD hatte ich anderes erhofft.“

Auszug aus dem Landesentwicklung 2003 des Freistaates Sachsen, Seite 76:
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„Mit dem Bewirtschaftungsverfahren des ökologischen Landbaus kann dabei die höchste Stufe der Umweltentlastung (Wasser- und Bodenschutz, Artenvielfalt, Klimaschutz) erreicht werden, da u. a. auf chemisch-synthetische Dünge- und Pflanzenschutzmittel vollständig verzichtet wird. Der derzeitige Flächenanteil des ökologischen Landbaus an der landwirtschaftlichen Nutzfläche in Sachsen liegt bei 2 % (17 500 ha). Dieser Anteil soll bis 2009 auf 10 % ansteigen. Neben der Umweltentlastung dient diese Ausweitung einer Bedienung der wachsenden Nachfrage nach ökologisch erzeugten Lebensmitteln.“
Der Landesentwicklungsplan ist eine Verordnung mit Gesetzeskraft.