Datum: 30. September 2008

PM 2008-297: Minister-Ehrenpension trotz Stasimitarbeit?

Skandal durch Erinnerungslücken? – Gesetzesänderung erforderlich
Die GRÜNE-Fraktion im Sächsischen Landtag verlangt eine Überprüfung der neu beschlossenen Ruhegehälter für die Minister der letzten DDR-Regierung. In Frage kommen 24 ehemalige Minister.
„Wissen die Mitglieder des Bundestages und des Bundesrates nicht, dass drei Minister der letzten DDR-Regierung in besonderer Weise stasibelastet waren?“, fragt Karl-Heinz Gerstenberg, Parlamentarischer Geschäftsführer der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Sächsischen Landtag.
Der Prüfungsausschuss der Volkskammer der DDR hatte seinerzeit drei Ministern die dringende Empfehlung zum sofortigen Rücktritt ausgesprochen.
Darüber hat der Vorsitzende des damaligen Prüfungsausschusses der Volkskammer, Peter Hildebrand, den Bundespräsidenten, den Bundestagspräsidenten, den Bundesratspräsidenten und den Bundesinnenminister Ende September informiert.
Hildebrand erwartet, dass das Gesetz in der bisherigen Fassung nicht in Kraft tritt.
 
Der Prüfungsausschuss hatte 1990 die Abgeordneten der Volkskammer sowie die Minister hinsichtlich ihrer früheren Tätigkeit für das MfS/ AfNS zu überprüfen. Der Ausschuss war paritätisch zusammengesetzt. Die Entscheidungen sind einstimmig gefällt worden und wurden von der Volkskammer bestätigt.
Danach waren drei Mitglieder des Ministerrates unwürdig und ungeeignet, ein Ministeramt in der letzten DDR-Regierung zu bekleiden. Sie wären auch nie in die <> (Formulierung aus der der Begründung des Änderungsgesetzes) gekommen, wenn ihre besondere Zusammenarbeit mit dem MfS vor Amtsantritt bekannt gewesen wäre.
„Diese Minister haben den demokratischen Neuanfang in der DDR in Misskredit gebracht“, so Gerstenberg. „In dem Gesetzentwurf wird dem Problem nicht Rechnung getragen. Die Nichteignung der drei Personen als Minister nachträglich sogar noch mit einer ‚Ehrenpension‘ zu honorieren, schafft einen unerträglichen Zustand und wäre ein Skandal.“
„Die Überprüfung der Minister erfolgte 1990 mit einschränkenden Bedingungen“, so der GRÜNEN-Abgeordnete. „Deshalb kann nur eine generelle Lösung befriedigen: Alle in Frage kommenden Ruhegehaltsempfänger müssen hinsichtlich ihrer Eignung als Minister durch die Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR, und zwar gerechterweise nach den seinerzeit geltenden Entscheidungskriterien des Prüfungsausschusses der Volkskammer überprüft werden.“
Hintergrund:
Bei den Gesetzentwürfen handelt sich um die Bundestagsdrucksachen 16/5052 und 16/9759.http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/050/1605052.pdfhttp://dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/097/1609759.pdf