Datum: 24. März 2009

PM 2009-078: Kinderschutz: Verpflichtende U-Untersuchungen sind kein Allheilmittel

Zur Anhörung am Montag im Sozialausschuss zum Gesetzentwurf der Staatsregierung, nach dem Vorsorgeuntersuchungen verpflichtend werden sollen, um Gefährdungen des Kindeswohls aufzudecken, erklärt Elke Herrmann, sozialpolitische Sprecherin der Fraktion GRÜNE:
"Verpflichtende Vorsorgeuntersuchungen sind kein Allheilmittel für einen besseren Kinderschutz. Die Staatsregierung wählt diesen Weg, weil er vermeintlich günstig ist. Mit umgerechnet 10 Euro pro Jahr für jedes Kind zwischen 0-6 Jahren sind die finanziellen Auswirkungen des Gesetzes vergleichsweise gering. Sollte uns das Aufwachsen unserer Kinder frei von Vernachlässigung und Gewalt nicht mehr wert sein?"
"Um Kinder wirklich zu schützen, brauchen wir ein dichtes Netz aus Beratungs- und Unterstützungsangeboten samt qualifizierten Mitarbeitern, die Familien mit Problemen beistehen können; Jugendämter, die so ausgestattet sind, dass sie Kinder tatsächlich regelmäßig besuchen können, um im Ernstfall schnell zu intervenieren. Am Ende haben auch verpflichtende Vorsorgeuntersuchungen nur Erfolg, wenn ausreichend Personal in den Gesundheits- und Jugendämtern vorhanden ist, um gemeldete Fälle tatsächlich kontinuierlich zu begleiten."
"Wir setzen deshalb zum einen auf Prävention: Eltern und Kinder in schwierigen Situationen sollen von Hebamme und Kinderarzt bis hin zu Kita-Erziehern sowie Mitarbeitern in Beratungsstellen und Jugendamt Ansprechpartner haben, die sie mit passgenauen Angeboten unterstützen. Zum anderen müssen zuständige Behörden wie das Jugendamt finanziell so ausgestattet werden, dass sie Familien tatsächlich individuell betreuen und im Notfall rechtzeitig einschreiten können. Diesen Weg unterstützte auch die Mehrzahl der Experten in der heutigen Anhörung", betont Herrmann.

Hintergrund:
Die Staatsregierung plant, die Vorsorgeuntersuchungen für Kinder bis zum 8. Lebensjahr verpflichtend einzuführen. Bei Nichtwahrnehmung ohne ausreichende Begründung soll das Gesundheitsamt die Daten der Familien an das Jugendamt melden, obwohl die Untersuchungen im 5. Sozialgesetzbuch als freiwillige Angebote festgeschrieben sind. Die GRÜNE-Fraktion setzt auf die Stärkung von Unterstützungsangeboten für Eltern, die sogenannten ‚Frühen Hilfen‘, damit Überforderungssituation nicht auftreten oder mit Hilfe von außen bewältigt werden können, um eine Gefährdung des Kindeswohls zu verhindern. Dazu hat die Fraktion auch einen Antrag eingebracht. » Antrag "Kinder entschlossen vor Vernachlässigung und Misshandlung schützen" (Drs. 4/15090)