Datum: 13. Juli 2011

PM 2011-229: Fremdsprachenlotterie an Sachsens Gymnasien: GRÜNE fordern mehr Sprachlehrer

An sächsischen Gymnasien wird die Teilnahme am Sprachunterricht in immer mehr Fällen per Los entschieden. Zugleich stellt das Kultusministerium trotz hoher Bewerberzahl nur wenige Fremdsprachenlehrer ein. "Kultus verlost lieber Französischunterricht als Sprachlehrer einzustellen", kritisiert die bildungspolitische Sprecherin der GRÜNEN-Fraktion, Annekathrin Giegengack.
"Der Zugang zum Sprachunterricht per Los wäre nachvollziehbar, wenn es tatsächlich zu wenig Sprachlehrer geben würde. Das Kultusministerium erzeugt mit seiner Einstellungspraxis jedoch erst einen künstlichen Mangel an geeigneten Lehrkräften", so die Bildungspolitikerin.
Für das Schuljahr 2009/10 wurden nach einer Antwort der Staatsregierung auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Losverfahren an acht Gymnasien durchgeführt, im darauffolgenden Schuljahr waren es sieben Schulen. Im kommenden Schuljahr 2011/12 sind es jedoch 23 von insgesamt 145 Gymnasien. Betroffen sind 14 mal das Fach Französisch, 7 mal Russisch, 9 mal Latein sowie je einmal Tschechisch und Spanisch. "Wenn jedes sechste Gymnasium betroffen ist, kann nicht mehr von Härtefallen und Zufall gesprochen werden. Bei dieser Größenordnung geht es um ein strukturelles Problem", erklärt Giegengack.
Der Bildungspolitikerin zufolge ist das Problem hausgemacht: "Obwohl in diesem Jahr 42 Bewerber eine Lehramtsqualifikation für Französisch aufwiesen, hat das Kultusministerium nur 11 Lehrer für das Fach eingestellt." Die Einstellungszahlen in den Jahren zuvor sind ähnlich, mit 13 Französischlehrern am Gymnasium wurde 2009/10 der Höhepunkt erreicht, 2006/07 wurden gar nur 3 Französischlehrer eingestellt. In anderen Fächern sieht es ähnlich aus. Von 16 Bewerbern in Latein wurden nur 6 eingestellt, von 18 Spanischlehrern nur 6.
Giegengack findet die Einstellungspraxis fragwürdig: "Zweifellos muss bei der Einstellung von Fremdsprachenlehrern auf Qualität geachtet werden. Aber wenn nur jeder vierte Bewerber eingestellt wird, kann dies nicht daran liegen, dass die restlichen drei Bewerber Nieten sind." Giegengack fordert das Kultusministerium auf, das Einstellungsverfahren zu überprüfen: "Lehrer in Mangelfächern müssen bevorzugt eingestellt werden. Das Kultusministerium muss umgehend dafür sorgen, dass geeignete Bewerber auch tatsächlich eine Stelle bekommen."
Giegengack zufolge muss die Verlosung des Zugangs zu einzelnen Fächern künftig die absolute Ausnahme sein: "Das Losverfahren mag rechtlich zulässig sein, bildungspolitisch ist es ein Offenbarungseid. In jedem Fall, in dem ein Kind eine Sprache wider Willen lernt, spielt der Kultusminister unnötig mit dem Talent und der Energie der betroffenen Schüler."
» Kleine Anfrage ‚Verlosung des Unterrichtszugangs zu Französisch und Russisch‘ (Drs.5/5728) » Kleine Anfrage ‚Lehrkräftesicherung in Fremdsprachenfächern‘ (Drs. 5/5729) » Bericht zum Thema auf Spiegel online