Datum: 29. Juni 2012

PM 2012-209: Fraktionsvorsitzende appellieren an Innenminister – Verantwortungsfrage zu NSU länderübergreifend beantworten

Die Landtagsfraktionsvorsitzenden von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Thüringen und Sachsen, Anja Siegesmund und Antje Hermenau, apppellieren an die Innenminister ihrer Bundesländer, ihrer Verantwortung zur Aufklärung des Terrors vom ‚Nationalsozialistischen Untergrund‘ nachzukommen. Anlass dazu ist der vorläufige Abschlussbericht des sächsischen Innenministeriums, der vor allem die Thüringer Behörden für die Fehler bei der Suche nach dem Neonazi-Trio verantwortlich macht.
"Verantwortung ist konkret. Die Öffentlichkeit erwartet von ihnen als zuständige Innenminister zu Recht, dass sie ohne Ansehen der Person für die bestmögliche Aufklärung sorgen. Da genügt es nicht, gegenseitig mit dem Finger aufeinander zu zeigen", erklären Siegesmund und Hermenau. "Ziel muss es sein, die Fehler im jeweils eigenen Zuständigkeitsbereich zu analysieren und gemeinsam für eine bessere Zusammenarbeit zu sorgen. In Thüringen hat sich das Netzwerk gegründet und ist abgetaucht, in Sachsen haben die drei Terroristen jahrelang unentdeckt gelebt sowie ihre Raubüberfälle geplant und begangen, um schließlich in anderen Bundesländern zu morden."
"Noch längst sind nicht alle Akten im Untersuchungsausschuss, den wir Grüne in Thüringen initiiert haben, gesichtet, noch längst nicht alle Zeugen vernommen, da will der sächsische Innenminister schon wissen, dass vor allem der Thüringer Verfassungsschutz Schuld sei. Das ist kurzsichtig und ignoriert das immense behördliche Versagen auch bei Polizei, Staatsanwaltschaft oder Landeskriminalamt. Übrigens in beiden Ländern. Thüringens Innenminister Jörg Geibert hat vergangene Woche von uns im Parlament die gelbe Karte bekommen, weil es nach dem umfassenden 200-seitigen Bericht der Schäfer-Kommission Zeit für Antworten statt Fragen ist. Verantwortung übernehmen, heißt auch Konsequenzen ziehen, das erwarten wir von unserem Innenminister", fordert Siegesmund.
"Es genügt nicht, dass Sachsen auf Thüringen zeigt. Das Trio hat über zehn Jahre in Sachsen gelebt, sächsische Behörden haben ihm Pässe ausgestellt", erklärt Antje Hermenau. "Die sächsische Polizei hat keinen Zusammenhang zwischen zehn Banküberfällen und den Untergetauchten hergestellt. Und der sächsische Verfassungsschutz hat sich nicht zuständig gefühlt, obwohl er als einzige Behörde von den engen Beziehungen des Trios zur sächsischen Neonaziszene wusste. Das alles sind Versäumnisse, für die Sachsen verantwortlich ist und die auch in Sachsen aufgeklärt werden müssen. Da der sächsische Innenminister dazu offenbar nicht willens oder in Lage ist, muss es der sächsische Untersuchungsausschuss leisten."
Hintergrund:
Der sächsische Innenminister Markus Ulbig hatte argumentiert, der sächsische Verfassungsschutz habe seinerzeit nur einen Teil der Informationen erhalten, die im Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz vorgelegen hätten. Es habe Schwachstellen in der Zusammenarbeit gegeben. Sachsen jedoch sei nur ein kleines Ende in einer Kette gewesen. >> Mehr zum NSU-Untersuchungsausschuss…