Datum: 08. Oktober 2013

PM 2013-255: Umweltbericht 2012 offenbart keinen Grund zum Feiern

Zum heute durch Umweltminister Frank Kupfer (CDU) vorgelegten sächsischen Umweltbericht 2012 erklärt Gisela Kallenbach, umweltpolitische Sprecherin der GRÜNEN-Landtagsfraktion:
"Die Einschätzung von Minister Kupfer, dass Umweltschutz in Sachsen groß geschrieben wird, kann ich zumindest für die sächsische Staatsregierung nicht bestätigen."
"Während Minister Kupfer den angeblich guten chemischen Zustand der sächsischen Gewässer lobt, schweigt er über ihre ökologische Qualität. Nicht ohne Grund, denn hier gibt es keine sächsische Erfolgsgeschichte: 85 Prozent der sächsischen Gewässer werden auch bis 2015 nicht in einem guten ökologischen Zustand sein."
"Außerdem sind Sachsens Gewässer regional stark mit Pestiziden belastet. Die Verursacher, meist landwirtschaftliche Betriebe, brauchen unter Kupfer allerdings keine Angst vor Strafe oder Sanktionen haben. Laut Staatsregierung sind die ‚Verursacher der diffusen Einträge nicht zu ermitteln‘."
"Trotz massiv zurückgehender Einwohnerzahlen weiten sich in Sachsen die Siedlungs- und Verkehrsflächen auf der ‚Grünen Wiese‘ aus. Im Zeitraum von 2007 bis 2012 ist die Siedlungs- und Verkehrsfläche um ca. 17.000 Hektar angewachsen. Nach letzten offiziellen Aussagen im Landesentwicklungsplan 2012 der Staatsregierung wurden in Sachsen immer noch täglich 8,2 Hektar Fläche neu versiegelt. Das entspricht einer Fläche von elf Fußballfeldern pro Tag. Das kann sich bitter rächen, denn vollständig versiegelter Boden leitet das Wasser nur oberflächig ab und führt bei Starkniederschlägen zur Ausbildung von Hochwasser."
"Dennoch sind Flächenversiegelungen für den sächsischen Umweltminister kein Thema. Konkrete Vorschläge, diese zu mindern, sind weder im Doppelhaushalt noch im Landesentwicklungsplan oder im Landesverkehrsplan erkennbar. Zusätzlich wurde das Fördergeld für die Brachflächenrevitalisierung von 2011 bis 2014 auf die Hälfte reduziert."
"Auch beim Naturschutz muss ich Wasser in den Wein schütten: Auch hier steht die konkrete Politik von CDU und FDP den wohlfeilen Worten diametral entgegen: Geld für den Ankauf von Naturschutzflächen gibt es nicht. Auf ein Vorkaufsrecht des Freistaats und der Kommunen für Gewässergrundstücke und an Gewässern angrenzende Grundstücke wurde mit dem gerade verabschiedeten Wassergesetz bewusst verzichtet. Berechtigter Dank an die ehrenamtlichen sächsischen Naturschützer kann diese Defizite nicht aufwiegen."
"Hätte ein Umweltminister nicht auch einige Worte zur Lärm- und Luftsituation zu sagen? Offenbar nicht in Sachsen. Für die CDU/FDP-Regierung ist Lärm kein Thema. Lediglich 150.000 Euro jährlich stehen im Haushalt für Schallschutzmaßnahmen an bestehenden Staatsstraßen zur Verfügung. Die GRÜNE-Fraktion hatte in den Haushaltsberatungen jährlich insgesamt vier Millionen Euro für Lärmschutzmaßnahmen an Bahnschienen und Staatsstraßen gefordert. Die Finanzierung sollte durch Einsparungen im Straßenneubau erfolgen. Dies lehnten CDU und FDP ab. Und auch die lärmgeplagten Bewohner rund um den Leipziger Flughafen werden allein gelassen. Als Haupt-Gesellschafter wären sie verantwortlich für lärmminderndes Management – hier versagt der Freistaat auf ganzer Linie."
"In Sachsen sterben massenhaft Bienen. Ursache ist nicht nur die Varroa-Milbe, sondern vor allem die Landwirtschaft mit ihrem Pestizidmissbrauch. Sachsens einst vielfältige Kulturlandschaft ist dank Agroindustrie eine Agrarsteppe geworden. Hier zeigen die Pestizide ihre volle Wirkung: Mittlerweile existieren weite, von der industriellen Landwirtschaft geprägte Landstriche, in denen überhaupt keine Vögel mehr brüten und lediglich Randstrukturen wie Gräben und Hecken durch Vögel besiedelt werden. Auf 85 Prozent der Flächen wachsen Getreide, Raps und Mais – nicht zuletzt protegiert durch die Förderpolitik des Landes. Auf der letzten Agrarministerkonferenz vom 30. August setzten sich Vertreter aus zehn Bundesländern für Einschränkungen beim Einsatz des Unkrautvernichtungsmittels Glyphosat (Round up) ein. Staatsminister Kupfer sieht als Vertreter Sachsens keinen Handlungsbedarf, obwohl Glyphosat bereits in geringen Dosen toxisch für menschliche Zellen wirkt."
"Statt nachhaltiger regionaler Kreisläufe in der Landwirtschaft setzt sich Kupfer für die großzügige Förderung von Massentierhaltungsanlagen ein und behauptet, in Sachsen gäbe es noch viel Platz für weitere Tierfabriken. Statt Klasse setzt er auf Masse und nimmt die starken Belastungen für Boden, Luft und Wasser in Kauf."
"Bei dieser Staatsregierung ist Umweltschutz nicht mehr als eine Fußnote. Leider."