Datum: 04. November 2015

EU-Wasserrahmenrichtlinie: 96 Prozent der Flüsse und Seen Sachsens besitzen nicht die geforderte Wasserqualität

(2015/367) 96 Prozent der Flüsse und Seen Sachsens werden bis zum 31.12.2015 nicht den in der EU-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) bis dahin geforderten guten ökologischen Zustand erreichen. Das ergab die Antwort von Umweltminister Thomas Schmidt (CDU) auf eine Kleine Anfrage des Abgeordneten Wolfram Günther (GRÜNE).
Die EU-Richtlinie erfüllen von den 481 natürlichen Oberflächengewässern in Sachsen demnach gerade einmal vier Prozent.
Der ökologische Zustand von 33 Prozent der sächsischen Gewässer wurde danach mit der Note 5 als schlecht bewertet, weitere 26 Prozent erhalten mit der Note 4 das Prädikat unbefriedigend.
"Sachsen kommt in puncto Wasserqualität nicht entscheidend voran", beklagt Günther, der auch umweltpolitische Sprechers der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Sächsischen Landtag ist. "Im Jahre 2011 verkündete die Staatsregierung noch, dass bis Ende 2015 zumindest 73 der natürlichen Oberflächengewässer den guten ökologischen Zustand erreichen sollen. Aktuell haben aber nur 20 diese Wasserqualität. Im Jahr 2011 waren das noch 23 Gewässer."
Allerdings hat sich statistisch die Gesamtanzahl der natürlichen Oberflächengewässer in Sachsen durch eine Aktualisierung der Lage, Grenzen und Zuordnung von 487 im Jahr 2011 auf nun 481 reduziert.
"Der Stichtag Ende 2015 ist nicht neu", kommentiert der Abgeordnete. "Bereits seit 15 Jahren gibt es die Wasserrahmenrichtlinie der EU. Sachsens wechselnde CDU-Umweltminister haben das Problem nicht ernst genommen. Umweltminister Schmidt muss endlich tätig werden. In Sachsen fehlen bisher an der WRRL ausgerichtete Gewässerentwicklungskonzepte. Darüber hinaus brauchen wir dringend ein Landesprogramm zur Gewässerrenaturierung. Sonst wird der Minister die Ziele bei den nächsten Stichtagen wieder verfehlen."
Die Staatsregierung muss sich nun bei der EU um Fristverlängerungen bemühen. Diese sind gut begründet bis 2021, allerspätestens bis 2027 möglich. Danach drohen Strafzahlungen.
"Die Gewässerbelastung ist vor allem den Pestizideinsatz in der Landwirtschaft, auf die Einleitung von Klärwasser und Industriechemikalien sowie auf erhebliche strukturelle Defizite der Fließgewässer zurückzuführen", erläutert Günther. "Die Landwirte tragen mit der Düngung der Ackerflächen maßgeblich zum Chemiecocktail im Wasser bei."
"Minister Schmidt trägt als Landwirtschafts- und Umweltminister bei der Umsetzung des EU-Wasserrechts doppelte Verantwortung. Er muss den biologischen Landbau stärker fördern, der bislang in Sachsen nur vier Prozent ausmacht. Zudem muss er noch zügiger die Umrüstung dezentraler Kleinkläranlagen voran bringen und die Auswirkungen aus dem Braunkohlebergbau minimieren."
"Im sächsischen Doppelhaushalt 2015/16 sind für die Verbesserung der Gewässergüte und des gewässerökologischen Zustands jenseits der Einnahmen aus der Wasserentnahmeabgabe keine weiteren finanziellen Mittel eingestellt", bedauert der Abgeordnete.
"Die drei Haushaltsanträge der GRÜNEN-Fraktion zur stärkeren Beteiligung des Braunkohlebergbaus an der Wasserentnahmeabgabe, für jährlich 2 Mio. Euro für den Grunderwerb für Naturschutzzwecke sowie für die Umwidmung von jährlich 10 Mio. Euro vom technischen Hochwasserschutz zur Förderung des ökologischen Hochwasserschutzes wurden leider abgelehnt." » Antwort von Umweltminister Thomas Schmidt (CDU) auf eine Kleine Anfrage des Abgeordneten Wolfram Günther (GRÜNE) "Ökologische und chemische Gewässergüte sächsischer Oberflächengewässer – Erfüllung der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie bis Ende 2015 in Sachsen" (Drs. 6/2749) » Antwort von Umweltminister Frank Kupfer (CDU) auf eine Kleine Anfrage Gisela Kallenbach 2011 "Gewässergüte sächsischer Oberflächengewässer" (Drs. 5/6044) mit der Zielvorgabe, dass 73 Gewässer den guten ökologischen Zustand Ende 2015 erreichen werden.
Hintergrund:
Die Wasserrahmenrichtlinie der Europäischen Gemeinschaft (WRRL) ist am 22.12.2000 in Kraft getreten. Damit übernehmen die Mitgliedsstaaten erstmals eine grenzüberschreitende Verantwortung für ihre Gewässer, und zwar für das Grundwasser, die Seen und die Flüsse von der Quelle bis zur Mündung.
>>Wasser ist keine übliche Handelsware, sondern ein ererbtes Gut, das geschützt, verteidigt und entsprechend behandelt werden muss.<< Dieser Auszug aus den Erwägungsgründen (Präambel 1) der Wasserrahmenrichtlinie deutet schon an, dass diese stärker ökologisch ausgerichtet ist und für einen ganzheitlichen Gewässerschutz eintritt.
Die Wasserrahmenrichtlinie zielt auf den Schutz und die Verbesserung des qualitativen Zustands der Gewässer und die Förderung einer nachhaltigen, ausgewogenen Wasserwirtschaft. Das wichtigste Ziel: Bis zum Jahr 2015 sollen möglichst viele Oberflächengewässer und Grundwasservorkommen in Europa den »guten Zustand« erreicht haben.
Der ökologische Zustand eines Gewässers wird anhand der vorkommenden Arten an Fauna (Fische und wirbellose Tiere wie Insektenlarven) sowie Flora (also Plankton und Wasserpflanzen) ermittelt. Unterstützend zur Beurteilung werden die Wasserbeschaffenheit, das Aussehen und der technische Zustand von Gewässerbett, Ufer und Aue sowie allgemeine chemische und physikalisch-chemische Parameter herangezogen.
Ein "guter ökologischer Zustand" ist dann erreicht, wenn sich die Zusammensetzung der vier Qualitätskomponenten Fische, wirbellose Tiere, Plankton und Wasserpflanzen nur geringfügig von der natürlichen Situation ohne menschliche Eingriffe unterscheidet.