Datum: 30. September 2015

Sachsens Anteil an ÖPNV-Bundesmitteln sinkt von 7,16 auf 5,3 % – Quittung für ÖPNV-Kürzungspolitik von CDU und FDP

(2015-330) Bei der Neuverteilung der Regionalisierungsmittel des Bundes für den ÖPNV wird Sachsen deutlich weniger vom Kuchen abbekommen als bisher.
Bund und Ländern haben sich in der letzten Woche auf eine Neuverteilung zur Finanzierung des öffentlichen Nahverkehrs geeinigt.
Bis 2030 reduziert sich der sächsische Anteil an diesen Bundesmitteln von 7,16 Prozent nach und nach auf nur noch 5,3 Prozent.
Die Erhöhung der gesamten Regionalisierungsmittel von bisher 7,3 Mrd. Euro auf zunächst 8 Mrd. Euro (2016) und dann nach und nach auf 10,27 Mrd. Euro durch den Bund verschafft Sachsen zwar in den nächsten beiden Jahren leicht höhere Mittel von etwa 543 Mio. Euro (2014: 522,7 Mio.). Doch dann reduzieren sich die Regionalisierungsmittel für Sachsen wieder auf 520 Mio. Euro (ab 2020) und steigen nur noch bis zum Jahr 2030 sehr leicht an.
"Damit stehen im Jahr 2030 ca. 26 Prozent weniger Mittel zur Verfügung als bei Fortführung der bisherigen Verteilung", zeigt sich Katja Meier, verkehrspolitische Sprecherin der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Sächsischen Landtag, entsetzt.
"Dieser Schaden ist hausgemacht. Die Staatsregierung hat in den letzten Jahren nur noch 75 Prozent dieser Bundesmittel den Verkehrsverbünden weitergereicht und ist damit bundesweites Schlusslicht. Niemand muss sich über diesen Anteilsverlust wundern, wir GRÜNEN haben oft genug auf diese drohende Konsequenz hingewiesen."
Meier fordert:
"Die Quote der perspektivisch knapper werdenden Regionalisierungsmittel muss zu mindestens 90 Prozent an die Zweckverbände weitergeleitet werden – so wie es die SPD in der Opposition immer gefordert hat. So könnte Sachsen seinen hinteren Platz im bundesweiten Ranking verlassen. Wenn Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) es ernst meint mit einer auskömmlichen Finanzierung von Bus und Bahn in Sachsen, muss er jetzt umsteuern."
"Bisher wurden in Sachsen aus den Bundesmitteln u. a. der Schülerverkehr subventioniert, der City-Tunnel mitfinanziert oder Schmalspurbahnen gefördert. Für solche Aufgaben haben andere Bundesländer Landesmittel verwendet."
"Die Kürzungen beim ÖPNV durch die Staatsregierung führte bei den Verkehrsverbünden zu Streckenausdünnungen, Abbestellungen und hat sich somit negativ auf die Anzahl der bestellten Zugkilometer in Sachsen ausgewirkt. Diese sind aber ein Kriterium bei der Neuregelung der Verteilerquoten unter den Bundesländern", erläutert die Abgeordnete.
"Andere Bundesländer haben nicht gekürzt, sondern offensiv in den Nahverkehr investiert und Kampagnen für den Umstieg auf Bus und Bahn organisiert. Dies hat sich für diese Länder bei der Verteilung der Bundesmittel ausgezahlt, die nun wegen der mehr gefahrenen Zugkilometern in ihren Ländern auch mehr Geld bekommen. Durch die verfehlte Verkehrspolitik der letzten Jahre entgehen Sachsen nun Millionen."
Meier sieht weitere Probleme:
"Die Rahmenbedingungen haben sich für die Zweckverbände in Sachsen dramatisch verschärft. Durch den Rückzug der Deutschen Bahn aus dem sogenannten eigenwirtschaftlichen Bahnverkehr auf der Sachsen-Franken-Magistrale und zwischen Görlitz und Dresden müssen jetzt die Zweckverbände diese Verkehrsleistungen kompensieren."
"Zudem müssen zusätzliche Leistungen wie z. B. die Taktverdichtungen im Raum Dresden- Meißen nach Ausbau der S-Bahnstrecke bestellt werden. Dazu kommen höhere Trassen- und Stationsentgelte für die Zweckverbände, auch steigende Kosten der Infrastruktur und inflationsbedingte Mehrkosten sind zu stemmen.“
"So droht der Schienenverkehr auf dem Land weiter auszudünnen. Selbst Streckenstilllegungen sind nicht ausgeschlossen“, so die Abgeordnete.
"Schon die bisherige Kürzungspolitik der CDU-geführten Regierungen in Sachsen hat ganz konkrete Auswirkungen für die Bürgerinnen und Bürger. Seit 2010 wurden die Tarife um ca. 20 Prozent erhöht. Wenn Sachsen nicht endlich finanzielle Verantwortung für den ÖPNV übernimmt, wird sich diese Preissteigerung fortsetzen.
» Besprechung der Bundeskanzlerin mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder am 24. September 2015 – siehe Pkt. 6 (ab Seite 9)
» Beschluss der Verkehrsministerkonferenz vom 1./2.10. 2014 zum Kieler Schlüssel

Hintergrund:
Regionalisierungsmittel sind Gelder, die der Bund den Bundesländern aufgrund des Regionalisierungsgesetzes (RegG) jährlich zur Verfügung stellt. Die Zahlungen an die Länder erfolgen, da diese 1996 die Zuständigkeit für die Finanzierung des Eisenbahnnahverkehrs vom Bund übernommen haben. Die Regionalisierungsmittel des Bundes sind dafür gedacht, den einst vom Bund auf regionaler Ebene finanzierten Verkehr auch in Regie der nun verantwortlichen regionalen Zweckverbände aufrechtzuerhalten. Jährlich erhält der Freistaat Sachsen Regionalisierungsmittel vom Bund zur Sicherung insbesondere eines leistungsfähigen Schienenpersonennahverkehrs (SPNV).
Seit 2010 hat die Staatsregierung nur noch 74 Prozent dieser vom Bund zur Verfügung stehenden Mittel direkt an die Zweckverbände für die Bestellung der Verkehre weitergereicht. 2015 sind zwar knapp 80 Prozent vorgesehen, bundesweit bleibt Sachsen damit aber auf dem letzten Platz.
Der von der Verkehrsministerkonferenz in Kiel am 2. Oktober 2014 beschlossene Kieler Schlüssel regelt die Verteilung der vom Bund an die Länder vergebenen Regionalisierungsmittel für den öffentlichen Personennahverkehr. Der Schlüssel setzt sich zur Hälfte aus der Einwohnerzahl des Landes (mit Stand 2012) und den für 2015 angemeldeten Zugkilometern zusammen.
Sachsen erhielt bis 2014 konstant einen Anteil von 7,16 Prozent von den Bundesmitteln. Aufgrund der Reduzierung beider Parameter wird dieser Anteil bis zum Jahr 2030 auf nur noch 5,3 Prozent sinken. Damit stehen im Jahr 2030 ca. 26 Prozent weniger Mittel zur Verfügung als bei Fortführung der bisherigen Regelung.