Datum: 06. März 2016

Kabinettsbeschluss verhindert bei Stellenausstattung der Polizei nur Schlimmeres

(2016-86) Zu den am Freitag von der Staatsregierung vorgestellten Maßnahmen zur Stärkung der inneren Sicherheit und der Ankündigung, Sachsen bekäme kurzfristig über 1.676 neue Polizistinnen und Polizisten, erklärt Valentin Lippmann, innenpolitischer Sprecher der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Sächsischen Landtag:
"Die Staatsregierung täuscht die Öffentlichkeit. Die geplante Rücknahme des Stellenabbaus bis 2020 allein bringt nicht mehr Polizei auf die Straße. Die Staatsregierung muss ab kommendem Jahr den derzeitigen Einstellungskorridor mindestens verdoppeln, um auch nur ansatzweise 1.000 Polizisten mehr einstellen zu können. Ab 2017 ist die Zahl der Alters- und sonstigen Abgänge bei der Polizei größer als der nun verkündete Neueinstellungskorridor von 500 Beamtinnen und Beamten. Wird der Neueinstellungskorridor nicht deutlich erhöht, werden nicht nur 1.000 neue Polizisten eine Illussion bleiben, sondern absehbar weniger Polizisten eingestellt werden, als altesbedingt aus dem Dienst ausscheiden."
"Wir GRÜNEN fordern die Einstellung von 800 Polizeianwärterinnen und -anwärtern in den Jahren ab 2017. Ab 2020 müssten pro Jahr mindestens 550 Polizeibeamte eingestellt werden, um die Altersabgänge auszugleichen. Nur so könnte man das von Markus Ulbig (CDU) avisierte Stellenplus erreichen. Das setzt allerdings auch voraus, dass die Ausbildungskapazitäten erhöht und geeignete Anwärter und Lehrpersonal gefunden werden. Für all das muss die Staatsregierung in den nächsten Wochen ein tragfähiges Konzept vorlegen und der Öffentlichkeit ehrlich darstellen, dass diese Maßnahmen nicht kurzfristig wirken. Ich fordere Inneminister Ulbig auf, bereits jetzt die Vorkehrungen zu treffen, um Ausbildungs- und Lehrkapazitäten bereitzustellen, damit eine Erhöhung des Neueinstellungskorridors unverzüglich umgesetzt werden kann."
"Die angedachte Erhöhung beim Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) ist meines Erachtens völlig unnötig. In den vergangenen zwei Jahren hat das Amt keineswegs für Sicherheit sorgen können und sich sowohl von den Ereignissen in Heidenau als auch in Leipzig überrascht gezeigt. Nach der Definition des LfV sind fremden- oder islamfeindliche Bewegungen wie PEGIDA nicht beobachtungswürdig. Die Anschläge und Bedrohungen von Asylbewerbern werden aber nicht nur von Neonazis begangen, sondern von unauffälligen Nachbarn. Sollen diese künftig alle vom Verfassungsschutz beobachtet werden? Offensichtlich hat der Innenminister noch immer nicht verstanden, das menschenfeindliche Einstellungen nicht nur an den sogenannten extremen Rändern unserer Gesellschaft existieren. Ansonsten würde er nicht auf so eine sinnlose Idee kommen."
Hintergrund:
Bis Ende 2020 gehen 2.281 Polizeibedienstete in den Ruhestand. Darüber hinaus verlassen durchschnittlich 60 Bedienstete jährlich die Polizei. Wenn ab diesem Jahr bis 2020 jährlich 500 Neueinstellungen vorgenommen werden, werden im Jahr 2020 81 Polizisten weniger im Dienst sein als heute.
Die Altersabgänge bei der Polizei sind der Kleinen Anfrage » "Altersabgänge und Neueinstellungen bei den Landesbediensten bis 2030" (Ds. 6/2785) von Valentin Lippmann entnommen.
Danach gehen 2016 377 Polizeibedienstete in den Ruhestand, 2017 419, 2018 nochmals 482, 2019 weitere 497 und 2020 506, insgesamt 2.281 Beamtinnen und Beamte. Die durchschnittlich Zahl sonstiger Abgänge wurden auf frühere Anfragen vom Innenministerium mitgeteilt.