Datum: 03. November 2017

Erinnerungspolitische Tagung beklagt geringe Unterstützung bürgerschaftlicher Initiativen durch die Sächsische Gedenkstättenstiftung

(2017-253) Zum Ergebnis der erinnerungspolitischen Tagung an der Evangelischen Hochschule Dresden am Donnerstag (02.11.) erklärt Dr. Claudia Maicher, kulturpolitische Sprecherin der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Sächsischen Landtag:

„Die Fachtagung brachte die Chancen des bürgerschaftlichen Engagements für die Erinnerungskultur auf den Punkt. Ehrenamtliche Initiativen entwickeln an vielen Orte moderne Ansätze der Auseinandersetzung mit der Geschichte der Diktaturen. Deshalb ist es wichtig, dass professionelle Einrichtungen verstärkt mit Ehrenamtlichen zusammenarbeiten und ihre Aktivitäten unterstützen.“

„Die Wahrnehmung dieser Aufgabe ist bei der Stiftung Sächsische Gedenkstätten aktuell unterentwickelt“, so Maicher weiter. „Das Potential der sächsischen Initiativen wird gehemmt, weil eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe kaum möglich ist. Es werden keine Fachtage und Vernetzungstreffen mit Experten und Einrichtungen außerhalb Sachsens unterstützt und auch zur Antragstellung für Projektförderung wird zu wenig aktiv beraten. Und das, obwohl mit dem Generationswechsel dringend neue Ansätze historisch-politischer Bildung erprobt werden müssen.“

Diese Kritikpunkte wurden auch bereits bei der Anhörung im Landtag zum Antrag der GRÜNEN Fraktion zur Gedenkstättenarbeit (Drs 6/9610) am 23. Oktober 2017 von externen Sachverständigen dargelegt. Insgesamt wurde bestätigt, dass eine Entwicklungskonzeption für die Stiftung notwendig ist und ihre inhaltliche Ausrichtung sowie eine langfristige Planung für die finanzielle und personelle Ausstattung diskutiert wird.

Den Stillstand bei der Gedenkstättenstiftung nahmen auf der Tagung nun Mitarbeiter und Engagierte aus Vereinen, Projekten und Verbänden aus ganz Sachsen zum Anlass, die Gründung einer Landesarbeitsgemeinschaft der NS-Erinnerungsinitiativen auf den Weg zu bringen. Darunter Vertreter der Jüdischen Gemeinde zu Dresden, des Kulturbüro Sachsen, der Initiative Klick Sachsenburg und der Evangelische Hochschule Dresden.

Maicher begrüßt den Zusammenschluss ausdrücklich: „Diese Selbstorganisation ist ein wichtiger Schritt der Engagierten, die Zukunft des Erinnerns selbst in die Hand zu nehmen. Sie können auf diese Weise besser ihre Interessen und Handlungsempfehlungen gegenüber der Gedenkstättenstiftung und der Politik vertreten.“

Hintergrund:
Die Gedenkstättenarbeit ins Sachsen steht vor Herausforderungen wie der Entwicklung von Lernorten für historisch-politische Bildung, der verstärkten Einbindung bürgerschaftlichen Engagements und dem gesellschaftlichen Generationswechsel. Um die zeitgemäße Aufgabenerfüllung und die Weiterentwicklung von Orten, Themen und Formen des Gedenkens bestmöglich zu unterstützen, ist die Stiftung Sächsische Gedenkstätten als zentrales Förderinstrument auf eine fachlich begründete Konzeption angewiesen. Die Stiftung im Verantwortungsbereich von Staatsministerin Dr. Eva-Maria Stange ist jedoch diesbezüglich seit dem Jahr 2009 keinen Schritt voran gekommen. Deshalb setzt sich die Landtagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN mit einem Antrag (Drs 6/9610) und begleitenden Fachdiskussionen dafür ein, dass die Staatsregierung und die Stiftung den notwendigen Prozess wieder in Gang bringen.

Weitere Informationen:

>> Antrag ‚Gedenkstättenarbeit und Erinnerungskultur in Sachsen weiterentwickeln‘ (Drs 6/9610):

>> Protokoll der Anhörung des Antrags (23.11.17):