Datum: 23. Februar 2017

Radschnellwege: Sachsen hat aktuell nur vier Strecken beim Bund angemeldet – Beim Wettlauf um die Fördermillionen droht der Freistaat mal wieder auf den hinteren Rängen zu landen

(2017-51) Ab Juni 2017 stellt der Bund die Förderung von komfortablen und nahezu kreuzungsfreien Rad-Trassen sogenannten ‚Radschnellwegen‘ in Aussicht. Aktuell wird dazu eine Verwaltungsvereinbarung zwischen Bund und Ländern erarbeitet. Im September 2016 wurden alle Bundesländer gebeten, ihren Bedarf an möglichen Rad-Schnellverbindungen zu benennen.

"Sachsen hat leider nur vier mögliche Projekte benannt", beklagt Katja Meier, verkehrspolitische Sprecherin der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Sächsischen Landtag, nach der Beantwortung ihre diesbezüglichen Kleinen Anfrage durch Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD).
Dabei handelt es sich um die Strecken Pirna-Meißen, Radeberg-Dippoldiswalde, Halle-Leipzig-Markleeberg und Markkleeberg-Elster.
"Betrachtet man die Antworten einer aktuellen Kleinen Anfrage der GRÜNEN Bundestagsfraktion zu den bundesweit gemeldeten Vorschlägen für Radschnellwege, ist die sächsische Bedarfsanmeldung im Vergleich zu Niedersachsen (13) und Hessen (10) sehr bescheiden."

"Zudem sind die angemeldeten sächsischen Projekte bisher planerisch überhaupt nicht untersetzt", kritisiert die Abgeordnete. "Ich fordere Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) auf, bereits jetzt in Vorleistung zu gehen und erste Planungen für mögliche Radschnellwege zu entwickeln. Sonst landet der Freistaat beim Wettlauf um die Fördermillionen mal wieder auf den hinteren Rängen."
"Wer zum Abschluss der Verwaltungsvereinbarung zur Finanzierung von Radschnellwegen im Juni 2017 schon Vorplanungen für mögliche Radschnellwege auf den Tisch legen kann, hat deutlich höhere Chancen auf eine Förderung. Statt mit großer Begeisterung für den Autoverkehr zu planen und zu bauen, sollte die Staatsregierung endlich ihre Prioritäten auf den Radverkehr lenken und damit den Umweltverbund stärken. Dazu braucht es aber ausreichend Personal für die Radverkehrsplanung im Sächsischen Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr (SMWA) sowie im Landesamt für Straßenbau und Verkehr (LASuV), was seit Jahren in diesem Bereich fehlt, wie eine Kleine Anfrage ergab. Um den Planungsstau bei Radverkehrsmaßnahmen aufzulösen und Fördermillionen für Sachsens Radfahrer und Radfahrerinnen zu nutzen fordere ich mindestens 12 Vollzeitstellen im LASuV und eigenen Radverkehrsabteilung im SMWA.“

"Der Freistaat Bayern z.B. treibt die Modernisierung seiner Radverkehrsinfrastruktur deutlich konsequenter voran. Für sämtliche möglichen Radschnellwege, die Bayern dem Bund gemeldet hat, werden gerade Machbarkeitsstudien erarbeitet. In Nordrhein-Westfalen wurde extra ein Landeswettbewerb ausgelobt, für den sich Kommunen, Landkreise und Regionale Gebietskörperschaften mit Routenvorschlägen für Radschnellwege bewerben konnten."

"Es ist unser Ziel, dass attraktive Schnellverbindungen für Radfahrerinnen und Radfahrer bald auch sächsische Städte und Gemeinden v.a. in den Ballungsräumen miteinander verbinden. Aus unserer Sicht würde sich als ein erster Radschnellweg in Sachsen eine Verbindung der Städte Markkleeberg über Leipzig mit Halle anbieten. In diesem Ballungsraum gibt es ein Riesenpotential. Die vom Bund geforderten 2.000 Fahrradfahrten pro Tag sollten auf den einzelnen Abschnitten der Verbindung zwischen Leipzig und Halle problemlos zu erreichen sein", erläutert Meier.
"Etwas irritiert bin ich über die Anmeldung eines Radschnellweges von Radeberg nach Dippoldiswalde. Logischer scheint mir eine mögliche Strecke von Radeberg nach Wilsdruff. Dieser würde den Ballungsraum Dresden in West-Ost Richtung kreuzen und hat auch eine geringere Steigung. Ich halte es für dringend erforderlich, bei der Auswahl und Untersuchung weiterer möglicher Radschnellwege die sächsischen Städte und Landkreise deutlich stärker mit einzubeziehen als bisher."

Schnelle Radverbindungen machen für Pendler und Pendlerinnen den Umstieg vom Auto aufs Fahrrad viel einfacher. Sie sind speziell für die hohen Anforderungen des Alltagsradverkehrs angelegt: mit mindestens vier Meter Breite großzügig ausgebaut, mit glatter Oberfläche, überörtlich konzipiert, geradlinig und weitgehend kreuzungsfrei. Auf solchen Radschnellwegen ohne Stau, Ampeln und Fußgängerüberwege sind Radfahrende komfortabel und zügig unterwegs. Wenn mehr Menschen das Auto stehen lassen und im Individualverkehr aufs Fahrrad setzen, hat das auch positive Auswirkungen auf Gesundheit, Lärmreduzierung und Klimaschutz. Auch der Stau auf Sachsens überörtlichen Straßen ließe sich damit reduzieren.

» Antwort des Wirtschaftsministers Martin Dulig (SPD) auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Katja Meier (GRÜNE) ‚Bedarf und Förderung von Radschnellwegen in Sachsen‘ (Drs 6/8151) » Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage von Abgeordneten der GRÜNEN-Bundestagsfraktion ‚Rechtsgrundlage für die Förderung von Radschnellwegen durch den Bund‘» Antwort des Wirtschaftsministers Martin Dulig (SPD) auf die Kleine Anfrage Katja Meier (GRÜNE) ‚Anzahl und Stellenumfang der mit Radverkehrsplanung, Alltagsradverkehr und Fahrradtourismus im Freistaat beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter‘ (Drs. 6/6309)

Hintergrund:
Ihren Ursprung haben die Radschnellverbindungen in den Niederlanden. Erste Projekte sind inzwischen auch in Deutschland in der Umsetzung. Diese ‚Autobahnen für das Fahrrad‘ erlauben Radfahrerenden ganzjährig, ihr Ziel in kurzer Zeit und komfortabel zu erreichen. Kerngedanke solcher überregionalen Radverkehrsverbindungen ist, das komfortable und zügige Fahrradfahren auch über längere Distanzen zu ermöglichen. Dafür werden Radschnellwege separat vom Kfz-Verkehr mit einem leichtläufigen Belag, großzügiger Breite und einer weitgehend geraden, kreuzungsfreien Streckenführung ausgestattet. Ziel ist, dass sich die Radstrecke als Alternative zum Autofahren bewähren kann – und dass darauf auch längere Strecken (10 bis 15 km) als sonst üblich (ca. 5 km) zurückgelegt werden können.

Das bekannteste Projekt in Deutschland ist der Radschnellweg Ruhr quer durch das Ruhrgebiet.
Nordrhein-Westfalen plant aktuell mit einem 100 km langen Radschnellweg zwischen Duisburg und Hamm den bislang längsten Radschnellweg in Deutschland. Quer durchs Ruhrgebiet soll er das dortige Autobahnnetz entlasten.