Datum: 12. August 2018

Beim Großgefängnis in Zwickau lieber den Ausstieg prüfen statt ‚Augen zu und durch‘

(2018-204) Nach dem Aussagen des Thüringer Ministerpräsidenten Bodo Ramelow (Linke) über einen möglichen Verzicht auf die Haftplätze in dem gemeinsam von Sachsen und Thüringen geplanten Großgefängnis in Zwickau (siehe LVZ vom 11.08.18) regen Sachsens GRÜNE Konsequenzen an.

„Lieber schnell den Ausstieg prüfen statt ‚Augen zu und durch'“, fordert Katja Meier, rechtspolitische Sprecher in der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Sächsischen Landtag.

„Ich erwarte von der Staatsregierung, dass sie von der thüringischen Landesregierung klare Aussagen zur gemeinsamen Haftanstalt einfordert. Sollten die Thüringer den Bau der gemeinsamen Haftanstalt nicht mehr für vordringlich halten, müssen beide Regierungen prüfen, wie der Staatsvertrag schnellstmöglich unter Berücksichtigung der rechtlichen und finanziellen Modalitäten aufgelöst werden kann.“

„Der sächsische Justizminister Sebastian Gemkow (CDU) sollte vor einer Neukonzeption einer kleineren Anstalt in Zwickau nicht zurückschrecken“, erklärt die Abgeordnete. „Eine Haftanstalt mit maximal 450 Haftplätzen – so die Anzahl der sächsischen Haftplätze am geplanten Gefängnis – wäre auch aus fachlicher Sicht viel sinnvoller als eine große Anstalt mit 820 Haftplätzen. Die Gefahr der Bildung von Subkulturen ist in kleineren Gefängnissen viel geringer und Maßnahmen der Resozialisierung lassen sich gezielter umsetzen.“

„Bisher hatte das Justizministerium geplant, die Justizvollzugsanstalt (JVA) Zeithain (Lkr. Meißen) im Jahr 2020 zu schließen. Wenn der Justizminister sie nun bis zum Jahr 2026 nutzen will, sind Investitionen nötig, die deutlich über die Aufrechterhaltung des laufenden Betriebs hinausgehen. Minister Gemkow erklärte selbst, dass die JVA baulich nicht den Voraussetzungen für einen modernen Strafvollzug entspricht“, erläutert Meier. „Wegen der unklaren Entwicklung der Gefangenenzahlen muss die Anstalt so modernisiert werden, dass sie auch über das Jahr 2026 hinaus erhalten bleiben kann. Sie könnte so ihr heute schon weit über die Grenzen Sachsens bekanntes Profil einer suchttherapeutischen Anstalt ausbauen.“

„Zudem würde mit der JVA Zeithain ein wohnortnaher Vollzug für die Landkreise Meißen und Mittelsachsen sichergestellt werden.“

Weitere Informationen:

>> LVZ-Artikel ‚200 Beamte mehr – Sachsen stockt Personal in überfüllten Gefängnissen auf‘ vom 11.08.18:

Hintergrund:
Die noch unter der schwarz-gelben Regierung (2009-2014) vom damaligen Justizminister Dr. Jürgen Martens (FDP) gemeinsamen mit Thüringen geplante Justizvollzugsanstalt in Zwickau sollte ursprünglich im dritten Quartal 2020 eröffnet werden. Für den Bau war ein Kostenrahmen von 150 Mio. Euro veranschlagt. Durch die zeitlichen Verzögerungen geht das Finanzministerium schon heute von einer Kostensteigerung um 21,5 Mio. Euro auf 171,5 Mio. Euro aus. Nach dem nun der Generalunternehmer für den Neubau abgesprungen ist und ein zweites Vergabeverfahren vorbereitet wird, bei dem das Gesamtprojekt in einzelne Baumaßnahmen zerlegt werden soll, muss davon ausgegangen werden, dass sich die Kosten weiter erhöhen (siehe unten).

>> FP-Artikel vom 01.06.2018: ‚Sachsen findet für Großgefängnis in Zwickau keine Baufirma‘:

>> Antwort der Staatsregierung auf die Kleine Anfrage der Landtagsabgeordneten Katja Meier (GRÜNE) ‚Verzögerung beim Neubau der JVA Zwickau‘ (Drs 6/13565):