Datum: 21. September 2018

Die Inklusion an sächsischen Schulen droht aus dem Blick zu geraten

(2018-247) Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Sächsischen Landtag beklagt die Engführung der Bildungspolitik durch Kultusminister Christian Piwarz (CDU). „Die Bildungspolitik in Sachsen beschränkt sich derzeit auf die Umsetzung des Handlungsprogramms, vor allem auf die Verbeamtung“, konstatiert Petra Zais, bildungspolitische Sprecherin der GRÜNEN-Fraktion.

„So wichtig die Debatte um die Gewinnung und Bindung neuer Lehrkräfte ist: Andere bildungspolitische Themen geraten dabei völlig aus dem Blick. Das gilt insbesondere für die Inklusion. Wir haben das Thema deshalb mit unserem Antrag ‚Inklusion an sächsischen Schulen – Ressourcen effizient steuern, Unterstützung gewährleisten, Bildungschancen wahren‘ heute (Freitag, 21.09.) auf die Tagesordnung des Ausschusses für Schule und Sport gesetzt.“

In dem Antrag fordert die GRÜNE-Fraktion die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention an sächsischen Schulen und die Sicherung des inklusiven Unterrichts für Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf. Dabei werden die Diagnostik und die Schuleingangsphase ebenso in den Blick genommen wie die benötigte Unterstützung der Schülerinnen und Schüler und die Frage der personellen und sächlichen Ressourcen.

„Trotz aller Fortschritte gibt es nach wie vor hohe Hürden bei der Umsetzung des inklusiven Unterrichts. Das zeigen zahlreiche Zuschriften betroffener Eltern. Die Förderstunden für Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf wurden mit Verweis auf die vorrangige Absicherung der Grundversorgung nahezu auf Null gekürzt. Andernorts kämpfen Eltern darum, dass die Schülerbeförderungskosten für ihr Kind übernommen werden, wenn sie eine andere als die nächstgelegene Schule gewählt haben, die mehr Erfahrung im Bereich des inklusiven Unterrichts hat. Wieder andere fragen, inwieweit E-Learning tatsächlich praktiziert werden darf, wenn ein Kind mit Autismus nicht in einer Regelklasse unterrichtet werden kann – wo doch E-Learning >>insbesondere […] zur Förderung von Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf<< gedacht ist, wie es im Schulgesetz heißt.“

„Zum 01.08.2018 trat das neue Schulgesetz vollumfänglich in Kraft. Positiv ist: Die Förderschulpflicht wurde abgeschafft, an weiterführenden Schulen ist endlich eine lernzieldifferente Unterrichtung möglich und der Passus, wonach die >>Störung<< von Schülerinnen und Schülern ohne sonderpädagogischen Förderbedarf zum Ausschlusskriterium für inklusiven Unterricht erklärt wurde, wurde erfreulicherweise aus dem Schulgesetz-Entwurf gestrichen.“

„Ich erwarte jedoch, dass sich Koalition und Staatsregierung dem Thema Inklusion ebenso gewissenhaft widmen wie der Verbeamtung – im Interesse der Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf und deren Eltern, aber auch im Interesse all der Schulen und Kollegien, die sich längst auf den Weg zur inklusiven Schule gemacht haben.“

Weitere Informationen:

» GRÜNER Antrag ‚Inklusion an sächsischen Schulen – Ressourcen effizient steuern, Unterstützung gewährleisten, Bildungschancen wahren‘ (Drs 6/5046) 

Hintergrund:
Den Antrag hat die GRÜNE-Fraktion bereits vor zwei Jahren zum Start der Debatte um das neue Schulgesetz vorgelegt. Im Schulausschuss wird Petra Zais morgen auch einen Änderungsantrag einbringen. So hieß es im Schulgesetz-Entwurf in § 4c ‚Sonderpädaogogischer Förderbedarf‘ damals: >>Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf können in allen Schularten gemeinsam mit Schülern ohne sonderpädagogischen Förderbedarf inklusiv unterrichtet werden, wenn dies unter Berücksichtigung der organisatorischen, personellen und sächlichen Voraussetzungen dem individuellen Förderbedarf des Schülers entspricht und soweit die angemessene Förderung anderer Schüler nicht erheblich beeinträchtigt wird.<< Dieser Passus wurde von vielen Seiten, auch von der GRÜNEN-Fraktion, als diskriminierend eingestuft und letztlich aus dem Schulgesetz entfernt. (Im Antrag haben wir daraufhin die Nummer 5 b) gestrichen.)

Nach wie vor trifft allein die Schulleiterin bzw. der Schulleiter die Entscheidung darüber, ob eine Schülerin bzw. ein Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf an einer Regelschule unterrichtet wird oder nicht. Dieses Vorgehen kritisieren wir. Im Ergebnis der Anhörung wollen wir jedoch nicht die Schulkonferenz mit dieser Entscheidung betrauen, sondern, wie in Hessen, sog. Förderausschüsse einrichten, die das Zusammenwirken von staatlicher Schulaufsicht, Eltern und den am Diagnostikverfahren Beteiligten sichern. (Im Antrag haben wir deshalb die Nummer 5 a) neu gefasst.)

» Protokoll der Anhörung zum GRÜNEN-Antrag am 10.06.2016 
» PM ‚Anhörung im Schulausschuss zu Inklusion zeigt, dass im Entwurf für das neue Schulgesetz noch erheblicher Änderungsbedarf besteht‘, 10.06.2016