Datum: 27. November 2018

Erschreckend verantwortungslos! Ministerpräsident Kretschmer will Entscheidungen zum Kohleausstieg blockieren

(2018-329) „Wenn sich Ministerpräsident Kretschmer heute zufrieden zeigt, den ambitionierten Zeitplan der Kohlekommission durch Intervention bei der Bundeskanzlerin kurz vor entscheidenden Abstimmungsrunden gekippt zu haben, so offenbart das angesichts der Größe der Aufgabe ein erschreckendes Maß an Verantwortungslosigkeit“, erklärt Dr. Gerd Lippold, energie- und klimapolitischer Sprecher der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Sächsischen Landtag.

„Die unmittelbare Folge ist, dass die Bundesregierung mit leeren Händen zur Folgekonferenz des Pariser Abkommens nach Polen fährt, wenn es um das Thema konkreter Maßnahmen zur Umsetzung geht.“

„Die sächsische Staatsregierung hatte mit Absicht in der Vergangenheit keinerlei eigenen Plan für einen schrittweisen Kohleausstieg und begleitenden Strukturwandelförderung entwickelt. Was man nicht plane, könne auch nicht stattfinden, war offenbar die Meinung“, kritisiert der Abgeordnete.
„Jetzt will der Ministerpräsident in der Kommission mitarbeiten. Ich sehe darin den Versuch, die Entscheidungen für den Kohleausstieg vor der Landtagswahl und in dieser Wahlperiode des Bundestages zu blockieren.“

„Es ist ein altbekannter Trick handlungsunwilliger oder inkompetenter Manager, Entscheidungsvorlagen samt der Ersteller mit dem Ruf: >>Ich brauche konkretere Informationen!<< zwecks Zeitgewinn vom Tisch zu fegen und zurück in die Schleife zu schicken. Wenn es wie beim Klimaschutz jedoch um äußerst zeitkritisches und bereits rechtlich verbindliches Handeln zur Sicherung der Lebensgrundlagen künftiger Generationen geht, verbietet sich jegliches Taktieren für einen Zeitgewinn.“

„Bundesumweltministerin Schulze sah in den letzten Wochen die Kohlekommission gar als Vorbild für andere Länder, wenn es um sozial gerechten und ökonomisch nachhaltigen Ausstieg aus der fossilen Energieerzeugung geht. Das alles setzt der sächsische Ministerpräsident nun aufs Spiel, um noch etwas Zeit für die LEAG und ihre Aktionäre zu gewinnen“, moniert Lippold.

„Ich freue mich, dass sich Ministerpräsident Kretschmer in den letzten Tagen gegen staatliche Entschädigungszahlungen für Energieunternehmen ausgesprochen hat. Doch es kommt darauf an, die öffentlichen Mittel ganz und gar für neue Impulse in den betroffenen Regionen zur Verfügung zu stellen. Ein rascher Ausstieg aus der Braunkohle lässt sich weitgehend entschädigungsfrei gestalten, wenn Übergangsfristen eingehalten werden und für die Restlaufzeit Rechtssicherheit geschaffen wird. Mit Klimaschutzerfordernissen nicht vereinbar ist hingegen die Haltung des Ministerpräsidenten, Entschädigungszahlungen dadurch zu vermeiden, dass man die Unternehmen ihre eigenen Pläne bis zum letzten Kilogramm Braunkohle umsetzen lässt“, erläutert Lippold.

„Die Kommission hatte die wichtige Aufgabe, noch vor dieser Konferenz Vorschläge zu unterbreiten, wie die Lücke zum Klimaschutzziel 2020 geschlossen werden kann. Sie war auf dem besten Weg, die gestellte Aufgabe pünktlich zu erfüllen. Das wären zugleich die einzigen Vorschläge der Kommission gewesen, die unverzüglich, noch in dieser Wahlperiode bis 2021, konkretes Handeln verlangt hätten. Die Vorstellung eines wirklich stattfindenden Einstiegs in den Kohleausstieg ist allerdings für den Ministerpräsidenten wohl das eigentliche Schreckgespenst.“

Hintergrund:

Die Kommission war in einem zeitraubenden Einsetzungsprozess so ausgewogen wie möglich besetzt worden und ist für den bestmöglichen Konsens aller Interessengruppen nur mit Zweidrittelmehrheit beschlussfähig. Sie sollte Handlungsvorschläge unterbreiten, in deren Erarbeitung sich die Regierung explizit nicht einmischen wollte.
Mit seinem Hineingrätschen durch gezielte politische Erpressung in einer für die Zukunft der CDU entscheidenden Phase riskiert Ministerpräsident Kretschmer eine nachhaltige Delegitimierung der Kommission durch deren öffentliche Degradierung zu einer Art Marionettentheater.