Datum: 20. Juni 2018

Freiheit & Gleichheit: GRÜNE legen Entwurf für ein neues Hochschulgesetz vor

(2018-169) Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Sächsischen Landtag hat heute einen eigenen Hochschulgesetzentwurf vorgestellt. Hierzu erklärt Dr. Claudia Maicher, hochschulpolitische Sprecherin der Fraktion:
„Wir wollen das Hochschulgesetz auf den Stand der Zeit bringen. In seiner jetzigen Form hat es sich in vielen Punkten nicht bewährt. Es hängt der Hochschulrealität um Jahre hinterher und untergräbt die Freiheit der Hochschulen. Außerdem ist es an verschiedenen Stellen verfassungsrechtlich bedenklich. Ein juristisches Gutachten im Auftrag der GRÜNEN-Fraktion hatte dies bestätigt.“

„Mit unserem Gesetzentwurf legen wir die Novelle auf den Tisch, die die Staatsregierung schon längst hätte präsentieren müssen. Wir machen die demokratischen Gremien zu den zentralen Entscheidungsstellen und sorgen dafür, dass alle Mitgliedergruppen gleichstark vertreten sind. Damit schaffen wir die Grundlage, für mehr Freiheit von staatlicher Bevormundung für die sächsischen Hochschulen.“

„Wir bauen Hindernisse ab, die heute den Studienerfolg gefährden. So werden beispielsweise das Studium in Teilzeit grundsätzlich ermöglicht und Qualitätskontrollen gesetzlich geregelt. Starke Studierendenvertretungen sind für uns eine Selbstverständlichkeit. Die an den Hochschulen tätigen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erhalten verlässliche Arbeitsbedingungen. Für die Lehrbeauftragten sehen wir verbindliche Vergütungsregelungen und die Einbindung in die Hochschule vor.“

„Echte Chancengleichheit ist ein Kernstück grüner Hochschulpolitik. Dafür werten wir die Rolle der Gleichstellungsbeauftragten deutlich auf. Die Belange von Hochschulangehörigen mit Behinderung oder chronischer Krankheit werden durch die neuen Beauftragten in den Entscheidungsgremien besser und nachdrücklicher vertreten.“

„Hochschulen für Angewandte Wissenschaften (HAW) sind keine Hochschulen zweiter Klasse. Deshalb beenden wir die Diskriminierung von Nachwuchsforscherinnen und -forschern an diesen Hochschulen bei der Landesstipendienvergabe. Besonders forschungsstarken Bereichen an den HAW eröffnen wir die Möglichkeit eines eigenen Promotionsrechts.“

„Das umfassende Gesetzeswerk, das wir heute vorstellen, ist nicht hinter verschlossenen Landtagstüren entstanden. Wir haben alle Vorschläge mit verschiedenen HochschulakteurInnen intensiv diskutiert und die Anregungen dieser Sachverständigen in eigener Sache aufgenommen. So können wir heute ein Gesetz vorstellen, dass sowohl auf der Höhe der Zeit, als auch praxistauglich ist. Damit bereiten wir den Weg für starke, demokratische Hochschulen, an denen erfolgreich studiert und geforscht, Vielfalt gelebt und gut gearbeitet werden kann.“

Weitere Informationen:
» Zusammenfassung des GRÜNEN Gesetzentwurfs für ein Sächsisches Hochschulgesetz (Stand: Juni 2018)
» GRÜNER Gesetzentwurf ‚Gesetz zur Reform des Sächsischen Hochschulfreiheitsgesetzes‘ (Drs 6/13676)
» Synopse mit GRÜNEN Änderungen am bestehenden ‚Gesetz über die Freiheit der Hochschulen im Freistaat Sachsen‘ (Stand: Juni 2018)

Hintergrund – Die wichtigsten Änderungen im Überblick:

1. Einführung der paritätischen Gremien / Stärkung der demokratischen Gremien
Die Fakultätsräte, der Senat und der Erweiterte Senat der Hochschulen werden paritätisch besetzt und Studierende, HochschullehrerInnen, wissenschaftliche MitarbeiterInnen sowie die sonstigen MitarbeiterInnen sind mit gleicher Sitzanzahl vertreten. In Fragen, die Forschung und Lehre betreffen, behalten die HochschullehrerInnen, das letzte Wort. Alle wichtigen Fragen werden entweder im Fakultätsrat oder Senat beschlossen. Die verfasste Studierendenschaft erhält das Solidarsystem zurück und wird in ihren Aufgaben aufgewertet. Die Promovierenden an Hochschulen bilden eigene Promovierendenräte mit Rede- und Antragsrecht in den gewählten Gremien. Die Hochschulräte dienen den Hochschulen in beratender Funktion.

2. Hochschulleitungswahlen
Die Vorauswahl der Kandidierenden und die schließliche Wahl der Rektorinnen und Rektoren sowie der Prorektorinnen und Prorektoren obliegt allein dem Erweiterten Senat. Er entscheidet ebenfalls über die Abwahl der Hochschulleitung, wenn der Senat eine solche beantragt.

3. Hochschulen als gleichberechtigte Partner
Das Verfahren, mit dem die Staatsregierung und die Hochschulen Zielvereinbarungen abschließen, wird auf eine gleichberechtigte Grundlage gestellt. Einseitige Vorgaben vonseiten des Ministeriums werden der Vergangenheit angehören. Im Falle einer Nichteinigung entscheidet eine Schlichtungskommission.

4. Der Traumjob Wissenschaft
Befristungen von wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern haben eine verbindliche Mindestvertragslaufzeit von zwei Jahren. Der Befristungszwang bei Drittmittelbeschäftigungen wird gestrichen und deren Vertragslaufzeiten müssen sich an der Projektlaufzeit orientieren. Lehrbeauftragte werden zu Angehörigen der Hochschulen und haben Anspruch auf eine Vergütung, wie sie wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zusteht.

5. Studieren mit Erfolg
Jede/r Studierende erhält das Recht, das Studium auch in Teilzeit absolvieren zu können. Langzeitstudiengebühren, die einen erfolgreichen Abschluss des Studiums verhindern können, werden ebenso abgeschafft wie Studiengebühren für ausländische Studierende. Die Qualität des Studiums wird durch eine verbindliche Akkreditierungspflicht besser gesichert.

6. Gleichstellungsarbeit ernst nehmen
Die Gleichstellungsbeauftragten sollen ihre Tätigkeit hauptamtlich ausüben können und Anspruch auf die dafür nötigen Ressourcen erhalten. In den Berufungskommissionen für Professuren und im Senat erhalten sie eine Stimme. Erheben sie gegen eine Maßnahme aus gleichstellungspolitischen Gründen Widerspruch, hat dies eine aufschiebende Vetowirkung.

7. Die Leistung der Hochschulen für Angewandte Wissenschaften würdigen
Die Hochschulen für Angewandte Wissenschaften (HAW) können ein partielles Promotionsrecht für einzelne Fachbereiche beantragen. Promovierende, die ihre Forschungsarbeit an einer HAW verrichten, werden für das Landesstipendienprogramm zugelassen.

8. Ethische Forschung fördern
Militärische Forschungsvorhaben müssen den Senaten angezeigt werden. Die Hochschulen werden ermächtigt, sich in Form sogenannter Zivilklauseln zu ausschließlich friedlicher Forschung zu verpflichten.