Datum: 19. Juni 2019

Leipzigs Abhängigkeiten von der Braunkohle rasch und konsequent lösen

(2019-143) Zum heutigen Artikel in der Leipziger Volkszeitung, dass der Braunkohle-Ausstieg der Leipziger Stadtwerke für das Jahr 2023 vom Tisch sei, erklärt Dr. Gerd Lippold, energie- und klimapolitischer Sprecher der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Sächsischen Landtag:

„Obwohl insbesondere die sächsische CDU im Interesse von LEAG und MIBRAG aus vollen Rohren gegen einen Leipziger Kohleausstieg geschossen hat, bleibt es dabei: Sachsens größte Stadt will und wird aus der Kohle aussteigen, und zwar so schnell wie möglich. Der Leipziger Ersatz für die bisher aus dem Braunkohlenkraftwerk Lippendorf bezogene Fernwärme wird gebaut. Vor allem dagegen hatte die sächsische CDU geschäumt.“

„Die gesetzlichen Rahmenbedingungen schienen zunächst ein enges Zeitfenster für die optimale Förderung eines Gaskraftwerks mit Kraft-Wärme-Kopplung bis zum Jahresende 2022 zu setzen. Sie bleiben aber auf Bundesebene sehr wahrscheinlich länger günstig. Das ist notwendig, um die Empfehlungen der Kohlekommission zum Kohleausstieg auch mit den nötigen Ersatz- und Reservekapazitäten zu untersetzen. Somit kann diese Leipziger Investition in der erforderlichen Gründlichkeit geplant und umgesetzt werden, statt in großer Eile wegen Verschlechterung von Förderbedingungen übers Knie gebrochen zu werden.“

„Nun kommt es darauf an, dafür zu sorgen, dass der 2023 auslaufende Fernwärme-Liefervertrag der letzte langfristige Liefervertrag mit der Braunkohle bleibt. Einen Folgevertrag mit langjähriger, fester Laufzeit darf es nicht mehr geben. Denn eine fortgesetzte Bindung der Stadt Leipzig an die Braunkohle im Süden von Leipzig ist nicht nur klimapolitisch problematisch, sondern auch eine sehr unsichere Option. Niemand kann heute sagen, wie lange die Betreiber des Kraftwerks Lippendorf bei steigenden CO2-Preisen im Geschäft bleiben. Der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer wird zwar nicht müde, immer wieder zu behaupten, der Betrieb der sächsischen Braunkohlekraftwerke sei mit dem Kompromiss der Kohlekommission bis zum 31.12.2038 gesichert. Doch das ist ein absurdes Zerrbild des Kompromisses.“

„Tatsächlich hat die Kommission eben nicht beschlossen, die Kohleverstromung noch bis 2038 laufen zu lassen. Sie hat im Gegenteil empfohlen, die Kohleverstromung bis spätestens 2038 zu beenden. Es gibt keinerlei Bestandsgarantie und keinerlei garantiertes Geschäftsmodell für die Braunkohleverstromung bis dahin. Die Zeiten von Politbüro-Entscheidungen sind vorbei. Politische Wunschvorstellungen aus der sächsischen Staatskanzlei interessieren am Strommarkt nicht. Die Kohleverstromung in der Bundesrepublik endet dann allerspätestens 2038, wenn sie nicht aus ökonomischen Gründen bereits viel früher endet.“

„Ein Kohlekraftwerk läuft dann und nur dann, wenn es hinsichtlich seiner Emissionen genehmigungsfähig ist und wenn es sich am Strommarkt wirtschaftlich rechnet. Die Genehmigungsfähigkeit von Lippendorf steht angesichts neuer europäischer Grenzwerte bereits in den nächsten zwei Jahren in Frage, wenn nicht teuer nachgerüstet wird. Und hinter der Wirtschaftlichkeit steht ein noch größeres Fragezeichen, wenn spätestens in der zweiten Hälfte der 2020iger echte Knappheitspreise am CO2-Zertifikatemarkt erwartet werden.“

„Es kann also aus wirtschaftlichen Gründen sehr viel schneller mit der Braunkohle im Süden von Leipzig zu Ende gehen, als die Kohleunternehmen und ihre Unterstützer in der Politik heute behaupten. Es ist deshalb eine Frage der verantwortlichen Daseinsvorsorge in der Großstadt Leipzig, sich keinen Tag länger als unbedingt nötig an diese unsichere Wärmequelle zu binden. Dasselbe gilt für die Schaffung neuer Möglichkeiten der kommunalen Klärschlammentsorgung. Denn auch hier besteht heute über die Klärschlamm-Mitverbrennung im Kraftwerk Lippendorf eine Bindung an den klimapolitisch fragwürdigen und energiewirtschaftlich nicht mehr notwendigen Betrieb des Braunkohle-Großkraftwerks.“