AfD-Antrag AGVO − Lippold: Gibt es eigentlich eine AfD und wenn ja wie viele?
Redebeitrag des Abgeordneten Dr. Gerd Lippold zum Antrag der Fraktion AfD:
"Mehr Rechtssicherheit weniger Bürokratie bei der Wirtschaftsförderung in Sachsen – AGVO sinnvoll weiterentwickeln" (Drs 6/11081), Mittwoch, 30. Januar, TOP 8
– Es gilt das gesprochene Wort –
Sehr geehrter Herr Präsident,
sehr geehrte Damen und Herren,
nach einer Reihe von Anträgen zu bundespolitischen Themen will die AfD – und da reibt man sich schon die Augen – von der Elbe aus Politik im Kernbereich des Multilateralismus und eines einheitlichen Binnenmarktes auf EU-Ebene machen. Ausgerechnet die AfD möchte jetzt Novellierungen in einen Brüsseler Politikbetrieb einbringen, den sie regelmäßig für überflüssig erklärt. Da fragt man sich doch: Gibt es eigentlich eine AfD und wenn ja wie viele?
Es geht um Regelungen zum Schutz des Wettbewerbs im EU-Binnenmarkt, genau genommen um Ausnahmen vom Verbot von ansonsten als wettbewerbsverfälschend angesehenen staatlichen Beihilfen. Wer damit kollidiert, der muss Beihilfen gegebenenfalls zurückzahlen.
Die AfD wollte es im Vorfeld ihrer Initiative genau wissen. Sie hat eine Antwort bekommen: 2994,84 Euro musste der Freistaat in 2017 an die EU zurückbezahlen. Seit 2006 insgesamt rund 3,7 Mio. Euro und damit 0,13 Prozent des Geldes, das Sachsen in der laufenden Strukturfondsperiode aus der EU erhalten hat. Nicht wirklich ein großes Thema.
Welchen Nektar gedenkt die AfD dann im Bereich der europäischen Finanz- und Förderpolitik zu saugen? Dazu ein Zitat des Kollegen Barth:
>>Die finanzielle Umverteilung deutscher Steuergelder ins Ausland muss endlich aufhören. Wenn die EU Deutschland derart benachteiligt, sollten die Zahlungen an Brüssel eingestellt werden. Mit den eingesparten Milliarden wird Sachsen dann noch stärker gefördert als bisher.<<
Das sind genau die Töne, meine Damen und Herren, mit denen die Öffentlichkeit in Großbritannien vor der Brexit-Abstimmung von Populisten getäuscht wurde.
Auf dem AfD Parteitag in Riesa übertrafen sich die Redner regelrecht mit ihren EU-Ausstiegsphantasien – es war vom ‚Dexit‘ die Rede, von der Abschaffung des Europarlamentes und von der >>geordneten Auflösung der Europäischen Union<< – so dass die Granden der Partei zurückrudern mussten, um die Lücke zum rechten Rand der CDU nicht zu weit aufzureißen.
Ich fasse mal zusammen, was zu diesem Antrag zu sagen ist. Die Informationen, die Sie im Berichtsteil anfordern, hätten Sie mit zwei kleinen Anfragen gewinnen können. Dann hätten Sie auch gewusst, dass in Ihrem Prüfungsteil gestellten Prüfungsforderungen bereits weitgehend umgesetzt sind, denn das hat ja zu einer von allen Bundesländern unterstützten und somit auch mit Sächsischer Beteiligung entstandenen Stellungnahme Deutschlands zur Reform der allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung vom 21. November 2016 geführt, die einen großen Teil der Forderungen in Ihrem Antrag obsolet macht.
Wenn Sie im Vorfeld der Antragseinreichung gründlich gearbeitet hätten, dann hätten Sie das auch ohne kleine Anfragen festgestellt. Anstatt Ihren – in großen Teilen offenbar erledigten – Antrag einfach zu beerdigen, haben Sie Ziffer II mit Ihrem gestrigen Änderungsantrag neu gefasst und damit nun die Katze aus dem Sack gelassen.
Sie packen das, was Sie eigentlich wollen, nicht mehr in Prüfaufträge, sondern malen einfach ganz direkt das Bild eines bürokratischen und viel zu komplizierten EU-Rechts und einer Kommission, auf die man aus Sachsen permanent Druck ausüben müsse.
Auch wenn das natürlich gegenüber den Forderungen aus Ihrer Partei, sich einfach gar nicht mehr daran zu halten, indem man die EU verlässt oder diese auflöst, eine deutlich zahmerer Ansatz ist, so scheint trotzdem dasselbe Bild durch: der europäische Multilateralismus als gefräßiges Bürokratiemonster, dem man sich entgegenstellen müsse.
Meine Damen und Herren von der AfD, Ihre Informationen haben Sie bekommen, Ihre Forderungen an die Staatsregierung haben sich erledigt und mit Ihrem Änderungsantrag schrumpft Ihr ansonsten erledigter Antrag zu einem der üblichen Anträge aus Ihrer Feder, mit denen Sie hier regelmäßig das rechtsnationales Weltbild und rechtspopulistische Stereotype in Ihrer Anhängerschaft füttern.
Wir sehen wirklich nichts Zustimmungsfähiges in Ihrem Antrag.
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