AfD-Antrag Sicherheit/Polizei – Lippmann: Rechtsextreme Autokraten werden nie für Freiheit stehen

Redebeitrag des Abgeordneten Valentin Lippmann (BÜNDNISGRÜNE) zum Antrag der Fraktion AfD: „Sicherheit und Sicherheitsgefühl der Bürger stärken – Polizei angemessen ausstatten“ (Drs 7/9866)
52. Sitzung des 7. Sächsischen Landtags, Donnerstag, 02.06.2022, TOP 6

– Es gilt das gesprochene Wort

 

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

die AfD möchte mit uns über Gefühle reden. Nicht etwa über sowas wie Empathie, sondern eher so Gefühle wie „Mein linker Zeh juckt, deshalb wird heute etwas passieren“ oder Gefühlslagen aus der Rubrik „Der Bruder der Schwägerin des Kollegen meiner Tante hat mir erzählt…“

Aus diesem Gefühlswirrwarr wird nun Politik abgeleitet. Aber warum eigentlich? Weil Ihnen die Zahlen nicht passen? Die Straftaten im Freistaat gehen zurück, die Aufklärungsquote ist hoch. Aber das würde nun mal nicht in die Angst- und Unfähigkeitsrhetorik der AfD passen.

Deshalb muss nun Tante Gertruds linker Zeh oder das Empfinden des Kollegen der Cousine 5. Grades für die Begründung politischer Forderungen herhalten.

Dies gipfelt in dem Satz: „zudem gehen 62 Prozent von einer starken Zunahme der Kriminalität in Deutschland aus, die sich bislang als Dunkelfeldkriminalität nicht in der polizeilichen Kriminalstatistik widerspiegelt.“ Das ist politischer Wahnsinn in Worte gegossen.

Das ist vom Anspruch an Seriosität kurz hinter „Weil dort, wo viele Störche leben, viele Kinder geboren werden, müssen diese von Störchen gebracht werden“. Und ich vermute, dass glauben Sie in der AfD auch – so sehr, wie sie beim Thema Sexualität immer sofort Teufelszeug wittern.

Kurzum: Schon jede Annahme, auf der die Forderungen dieses Antrages fußen, sind geistiger Tiefflug. Wir könnten es dabei bewenden lassen und noch die Feststellung hinterherschieben, dass Sie sich zwar immer mit ihren ach so großen technischen Kenntnissen und Erfahrungen selbstbeweihräuchern, aber mit diesem Antrag durch jede Logikprüfung gefallen wären

Aber dennoch kurz zu den Maßnahmen:

Die Polizeipräsenz soll gestärkt werden, um das Sicherheitsgefühl zu erhöhen. Diese Forderungen sind nichts Neues und leider mittlerweile opportun. Das verkennt aber, dass es Aufgabe der Polizei ist, Gefahren abzuwehren – und nicht Gefühle zu verbessern. Nicht Aufgabe der Polizei ist es also, ein subjektives Sicherheitsempfinden zu stärken.

Das sind übrigens die Grundlagen des Polizeirechtes, aber von Polizisten in der AfD darf man dessen Kenntnis ja nicht voraussetzen.

In 2. fordern Sie Zahlen zu dem, was sie in 3. umsetzen wollen. Frei nach dem Motto: Wird schon passen.

Punkt 3 und 7 werden Gegenstand der kommenden Auseinandersetzungen um die Personalstärke der Polizei im Landtag sein. Immerhin hören wir ja auch auf Wunsch der AfD den entsprechenden Evaluationsbericht im Innenausschuss an. Folglich würden wir hier Dinge vorwegnehmen, die wir erst einmal in Erfahrung bringen müssen.

Punkt 5 ist nun wirklich aus der Abteilung billiges Bauernfängertum. Nun soll es die intelligente Videoüberwachung richten, die einen schweren Eingriff in die Bürgerrechte darstellt und gerade vor dem Verfassungsgerichtshof beklagt wird. Das ist mit uns schon aus ganz grundsätzlichen rechtsstaatlichen Erwägungen nicht zu machen!

Und übrigens: Wenn Herr Mayer Eingriffe in Freiheitsrechte „GEMEIN“ findet und sich auch sonst gegen die Diktatur stellt, wundert es mich jetzt doch, dass die AfD wieder massiv in Bürgerrechte eingreifen will. Ihr kurzes Dasein als vermeintliche Freiheitspartei endet nun hier in der Forderung, die Bevölkerung wie in China auszuspionieren. Ein weiterer Beweis, dass rechtsextreme Autokraten nie für Freiheit stehen werden.

Abschließend noch eine Frage: Warum interessieren Sie sich eigentlich nur für das Sicherheitsempfinden des männlichen Teils der Gesellschaft? Das Sicherheitsempfinden von Frauen scheint ihnen ja ausweislich des Textes egal zu sein!

Zusammenfassend:

Gegen diffuse Ängste mag keine noch so gestärkte Polizei helfen. Vielmehr bedarf es hier der Aufklärung, der Rationalisierung und der Frage danach, wodurch dieses Gefühl erst entstanden ist.
Gegebenenfalls gibt es für die diffusen Ängste bei den Antragstellern auch für diesen Bereich Fachkräfte, die jedoch normalerweise nicht in Uniform unterwegs sind.