AfD-Gesetzentwurf für einen Beauftragten im Polizeivollzugsdienst – Lippmann: Was die AfD vorschlägt, ist ein kümmerliches Placebo

Redebeitrag des Abgeordneten Valentin zur Zweiten Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktion AfD zum Thema:
"Gesetz zur Einführung eines Beauftragten für den Polizeivollzugsdienst im Freistaat Sachsen" (Drs 6/13040), 26. September, TOP 5

– Es gilt das gesprochene Wort –

Sehr geehrter Herr Präsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
Sachsen braucht eine unabhängige und wirkmächtige Beschwerdestruktur bei der Polizei, die mit hinreichend Befugnissen ausgestattet ist, um sowohl Beschwerden über polizeiliche Maßnahmen als auch Beschwerden aus der Polizei selbst nachzugehen.

Dass es einen Bedarf an einer solchen Beschwerdestruktur gibt, ist mit Blick auf die polizeiliche Realität in Sachsen klar. Wir GRÜNEN haben in den letzten Jahren in vielen Fällen polizeiliches Fehlverhalten kritisiert, aber insbesondere den Umgang in der Polizei damit. Ich verweise auf eine Reihe missglückter Polizeieinsätze oder polizeilicher Ermittlungen, auch in der letzten Zeit, bei denen wir erleben mussten, dass umfassende Aufklärung, Analyse und Auswertung polizeilichen Fehlverhaltens nicht stattgefunden hat. Mit einer unabhängigen Beschwerdestelle, einem Polizeibeauftragten oder einer Polizeikommission verknüpfen wir GRÜNEN den Wunsch und die Hoffnung für eine bessere Fehlerkultur innerhalb der Polizei. Unabhängige Ermittlungen und Bearbeitung von Beschwerden können dazu beitragen, das Vertrauen in die Arbeit der sächsischen Polizei zu stärken.

Das einzige, was wir aber bisher in Sachsen bekommen haben, ist der zahnlose Tiger der Beschwerde im Innenministerium, die weder ausreichend Kompetenzen hat, Beschwerden wirklich zu verfolgen, noch unabhängig ist – werte Koalition da nützt es auch nichts, wenn Sie jetzt als Etikettenschwindel ins Gesetz schreiben, dass die Beschwerdestelle nun unabhängig ist, sie wird es nie sein. Eine solche Stelle gehört zum Landtag und nicht in die Behörde, die sie kontrollieren soll.

Die AfD schlägt nun – nach Vorbild des Wehrbeauftragten der Bundeswehr – einen Polizeibeauftragten vor, der sowohl für Beschwerden aus der Polizei als auch aus der Bevölkerung zuständig sein soll. Chapeau, das hätte ich von der AfD nun wahrlich nicht erwartet, suggerieren Sie doch hier fast jede Sitzung, dass die Polizei nie Fehler mache. Vielleicht gibt es ja selbst bei Ihnen so was wie Lernfähigkeit.
Allerdings scheint die Lernfähigkeit nicht sonderlich groß zu sein, denn das, was Sie vorschlagen ist ein kümmerliches Placebo.

Wir haben in diesem hohen Haus in dieser Legislaturperiode einen Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE zu diesem Thema diskutiert und bereits in der letzten Legislatur haben wir GRÜNEN den Entwurf eines ‚Gesetzes über eine Polizeikommission zur Gewährleistung rechtmäßiger Polizeiarbeit‘ vorgelegt. Wir GRÜNEN wissen, was wir in Sachen unabhängiger Beschwerdestellen wollen. Der uns heute zur Abstimmung vorliegende Gesetzentwurf ist es jedenfalls nicht:

Zwar normiert das Gesetz einen frei zu wählenden Polizeibeauftragten, der unabhängig und weisungsfrei sein soll, es gibt ihm jedoch nicht die erforderlichen Befugnisse, um seine Aufgaben ausüben zu können. So ist bei festgestellten rechtswidrigen polizeilichen Maßnahmen nur vorgesehen, dass dies dem fachlich zuständigen Staatsminister mitgeteilt wird und diesem Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben sei. Wir sehen es für die Wirksamkeit einer solchen Kontrollinstanz als dringend erforderlich an, dass der unabhängige Polizeibeauftragte, die Polizeikommission oder Beschwerdestelle, den Innenminister auch auffordern kann, die Verstöße innerhalb einer bestimmten Frist zu beheben.

Ein Polizeibeauftragter, der – wie in Ihrem Gesetzentwurf – für seine Sachverhaltsaufklärung lediglich die Möglichkeit hat, Auskunft vom Minister zu verlangen, wird seine Aufgaben nicht wahrnehmen können. Wie soll er seiner unabhängigen Ermittlung nachkommen, wenn er vom Wohl und Wehe des Innenministers und dessen gefilterter Auskunft abhängig ist? Hier sind vielmehr auch Akteneinsichtsrechte zu normieren, Zutritt zu Diensträumen vorzusehen und die Möglichkeit einzuräumen, Polizeibedienstete oder Zeugen anzuhören.

Nicht zuletzt fehlen uns GRÜNEN umfangreiche Informationsrechte, insbesondere über Verwaltungsanordnungen, Rechtsverordnungen und strukturellen Planungen eines Beauftragten oder einer Kommission. Uns fehlt auch die Anbindung an den Landtag, der den Polizeibeauftragten oder eine Kommission mit der Prüfung von Verstößen beauftragen oder besondere Berichte verlangen kann.

Wir brauchen in Sachsen keinen weiteren zahnlosen Tiger sondern eine wirkmächtige Beschwerdestruktur. Wir brauchen eine Institution die das Vertrauen in die Polizei stärkt statt bei noch mehr Menschen Frustration zu schaffen. Und wir brauchen deshalb einen großen Schritt nach vorne und nicht diesen Schmalspurgesetzentwurf.