AfD Gesetzentwurf zur Deutschen Sprache – Meier: Deutsche Sprache braucht einen solchen Schutz wie diesen Gesetzentwurf nicht

Rede der Abgeordneten Katja Meier (GRÜNE) zum Gesetzentwurf der Fraktion AfD "Gesetz zur Aufnahme der deutschen Sprache als Kulturgut in die Sächsische Verfassung" (Drs 6/7209)
52. Sitzung des Sächsischen Landtags, 11. April, TOP 5

– Es gilt das gesprochene Wort –

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Frau Staatsministerin,

die AfD möchte die deutsche Sprache vor dem sicher geglaubten Sprachentod retten. Die deutsche Sprache müsse aktiv geschützt und gefördert werden, weil ihr viele große Gefahren drohen.

Zum einen werden in der Welt der AfD die Menschen in Zukunft nicht nur ausschließlich Englisch sprechen, sondern auch denken und somit die deutsche Sprache vergessen. Diese Diskussion über Anglizismen und das ‚Denglische‘ erinnert mich sehr stark an einen Antrag, der in der letzten Legislatur in diesem Hause diskutiert wurde – ein Antrag der NPD, mit dem die deutsche Sprache vor ihrer Meinung nach unnötigen Anglizismen geschützt werden sollte.

Nun will uns also die AfD über die Gefahren für die deutsche Sprache durch fremde Einwirkungen aufklären. Die größte Gefahr aber, die im Weltbild der AfD der deutschen Sprache droht und die es mit allen Mitteln zu bekämpfen gilt, ist die geschlechtsinklusive und damit gendergerechte Sprache. Sie zerstöre nicht nur das deutsche Schriftbild, sondern würde als pure Ideologie den BürgerInnen ausschließlich von oben zwangsverordnet.

So, und jetzt kommen wir mal zurück auf den Boden der Tatsachen:

Der deutschen Sprache droht weder der Sprachentod noch ist sie gänzlich ungeschützt ideologischen Vorgaben von oben ausgeliefert. Eine Sprache unterliegt einer stetigen Entwicklung durch den täglichen Gebrauch unter Menschen. Entstehen dabei Veränderungen, werden neue Worte oder Schreibweisen hervorgebracht, fallen diese in der Gesamtgesellschaft auf einen fruchtbaren Boden oder eben auch nicht.

Nimmt die Sprachgemeinschaft eine Veränderung oder Empfehlung nicht an, weil sie zu kompliziert, unattraktiv oder fernliegend ist, verschwindet diese sehr schnell wieder.

Die sprachwissenschaftliche Empfehlung, Frauen in der Gesellschaft dadurch sichtbarer zu machen und mehr teilhaben zu lassen, dass sie in der Sprache mehr berücksichtigt werden, kam zuerst Ende der 60er Jahre in den USA auf. Es geht um Sichtbarkeit – um nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Es ist wissenschaftlich bewiesen, dass Frauen bei der Verwendung des generischen Maskulinums eben nicht mitgemeint sind und nicht automatisch mitgedacht werden. Wenn Testpersonen nach ihrem Lieblingssportler gefragt werden, benennen sie signifikant häufiger Männer als Frauen.

Die ersten Empfehlungen für eine gendergerechte deutsche Sprache wurden 1980 vorgestellt. Die Ablösung der ausschließlich männlichen Sprachform ist seitdem sprachlicher Alltag geworden. Diese Veränderungen der deutschen Sprache sind nicht schnell wieder verschwunden, sondern in der breiten Masse der Deutsch-Sprechenden auf fruchtbaren Boden gefallen. Die deutsche Sprache hat sich hier ganz klassisch weiterentwickelt. Eine solche Entwicklung kann gar nicht von oben diktiert werden, mal davon abgesehen, dass in den 80ern ‚die da oben‘ noch nicht besonders feministisch sensibilisiert und aktiv waren.

Da Sprache Bestandteil und Ausdruck einer Gesellschaft ist, ist es nur logisch, dass Frauen auch in der Sprache aktiv sichtbarer werden. Dass wird auch die AfD nicht verhindern können. Schon gar nicht mit einem handwerklich so dürftigen Gesetzentwurf wie dem vorliegenden.

Wenn Sie sich mit der deutschen Sprache intensiver auseinandergesetzt hätten, hätten Sie vielleicht auch mal in den Duden geschaut. Dann wäre ihnen nämlich aufgefallen, dass die deutsche Schriftsprache durch gendergerechte Schreibweisen gar nicht ‚verhässlicht‘ werden kann, weil es das von ihnen in ihrer Begründung verwendete Verb ‚verhässlichen‘ im Deutschen nicht gibt.

Ganz im Gegensatz übrigens zu den Begriffen ‚Gender-Mainstreaming‘ und ‚Gender-Studies‘, die schon lange im Duden finden lassen.

Willkommen in der Wirklichkeit der deutschen Sprache, die einen solchen Schutz wie diesen Gesetzesentwurf nun wirklich nicht braucht!
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