Aktuelle Debatte CSD – Meier: Es geht um das Recht, ohne Angst zu leben, zu lieben und Teil dieser Gesellschaft zu sein
Redebeitrag der Abgeordneten Katja Meier (BÜNDNISGRÜNE) zur Dritten Aktuellen Debatte der Fraktion SPD: „“Mehr als nur Parade: Politische CSD-Demonstrationen für Vielfalt und Respekt schützen sowie unterstützen“
17. Sitzung des 8. Sächsischen Landtags, Freitag, 27.06.2025, TOP 1
– Es gilt das gesprochene Wort –
Sehr geehrter Herr Präsident,
werte Kolleginnen und Kollegen,
schwarze Kleidung, Springerstiefel und kahlrasierte Köpfe – wohl nicht unbedingt die Bilder, die man im Kopf hat, wenn man an CSDs denkt.
Doch genau diese Bilder waren vergangenes Jahr in den Nachrichten zu sehen, als beispielsweise über die CSDs in Bautzen oder in Leipzig berichtet wurden.
Es ist unter anderem der Einsatz der Polizei, der dafür sorgt, dass die CSDs überhaupt sicher stattfinden können. Denn mit dem Erstarken rechtspopulistischer und rechtsextremer Kräfte wächst auch die Bedrohungslage für queere Menschen. Mehr als 2.100 Straftaten gegen queere Personen haben die Behörden des Bundeskriminalamtes für das Jahr 2024 erfasst – ein neuer Höchststand. Allein in Sachsen wurden 181 Fälle queerfeindlicher Gewalt registriert. Die Dunkelziffer dürfte weit höher sein.
Zugleich beobachten wir einen neuen Grad an Vernetzung und Organisation in der rechtsextremen Szene, wenn es um die Mobilisierung gegen die CSDs geht – sowohl in Ost- als auch in Westdeutschland. Hass auf queere Personen wird zum identitätsstiftenden Merkmal. Meist sind die Täter*innen nicht nur hemmungslos gewaltbereit, sondern auch sehr jung und männlich.
Queer sein öffentlich zu machen, war noch nie eine leichte Angelegenheit, sondern erforderte schon immer viel Mut. Aber gerade in diesen Tagen, in denen der Hass gegen die queere Community immer offener und sichtbarer wird, ist es besonders schwer.
Und schon das zeigt: Der CSD ist keine Party, wie regelmäßig von führenden Politiker*innen behauptet wird. Der CSD ist hochpolitisch. Es geht längst nicht mehr nur um Sichtbarkeit – es geht um Sicherheit. Um das Recht, ohne Angst zu leben, zu lieben und Teil dieser Gesellschaft zu sein – ohne Angst.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
ich freue mich sehr, dass die SPD heute dieses wirklich wichtige Thema als Aktuelle Debatte gesetzt hat. Nur: Aktuelle Debatten und Lippenbekenntnisse alleine reichen nicht aus – es braucht konkretes Handeln.
Die Queerpolitik ist ein Bestandteil des SPD-geführten Sozialministeriums unter der Leitung der Vizeministerpräsidentin. Und dennoch waren im Regierungsentwurf für den Doppelhaushalt 2025/26 erhebliche Kürzungen bei den queeren Verbänden und Bildungsangeboten geplant.
Doch die SPD hat in den vergangenen Monaten den Eindruck erweckt, als hätte sie mit dem Haushalt nichts zu tun – dabei hat sie ihn selbst aufgestellt und im Kabinett zugestimmt.
Ich bin sehr froh, dass es uns als BÜNDNISGRÜNE Fraktion durch die Verhandlungen gelungen ist, diese Fehlstelle gemeinsam mit den LINKEN zu beheben und eine auskömmliche Finanzierung queerer Projekte sicherstellen konnten.
Aber eine ausreichende Finanzierung ist nur ein Baustein. Auch auf struktureller Ebene müssen Prozesse angestoßen werden. Beispielsweise gibt es seit einigen Jahren in Leipzig und in Dresden Ansprechpersonen für LSBTTIQ*-Personen in den Staatsanwaltschaften. Diese Ansprechpersonen müssen flächendeckend etabliert werden, um Betroffenen niedrigschwellig Zugang zum Recht zu ermöglichen und Vertrauen in den Rechtsstaat zu stärken.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
am Wochenende findet der CSD in Leipzig statt. Ebenso sind im ländlichen Raum wie in Plauen, Zwickau oder Döbeln wieder CSDs geplant. Und auch hier werden Rechtsextreme wieder in Telegram-Chatgruppen mobilisieren.
Dass die CSDs trotzdem stattfinden, ist den mutigen Organisator*innen sowie den vielen Teilnehmer*innen zu verdanken, die wieder auf die Straße treten, um für die Rechte und Sichtbarkeit queerer Menschen zu demonstrieren und ja, auch um die Liebe zu feiern.
Denn am Ende ist die Liebe doch stärker als der Hass.