Anerkennung von Berufsqualifikationen – Sejdi: Beratung verankern, Anerkennung beschleunigen

Redebeitrag der Abgeordneten Petra Čagalj Sejdi (BÜNDNISGRÜNE) zur Zweiten Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktionen CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD: "Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2005/36/EG über die Anerkennung von Berufsqualifikationen"
14. Sitzung des 7. Sächsischen Landtags, Mittwoch, 30.09.2020, TOP 5

– Es gilt das gesprochene Wort –

Sehr geehrter Herr Präsident,
Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete,

mit dem vorliegenden Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2005/36/EG über die Anerkennung von Berufsqualifikationen kommen wir der Aufforderung der EU Kommission nach, die Regelungen des Sächsischen Berufsqualifikationsgesetz dort anzupassen, wo sie nicht im Einklang der Richtlinie stehen. Da müssen wir nachbessern und das haben wir mit dem vorliegenden Entwurf getan. Ich will zwei Punkte aus dem Gesetz benennen, die ich für besonders wichtig halte:
Bei der Anerkennung von ausländischen Berufsabschlüssen wird darauf geschaut, ob diese gleichwertig zu den hiesigen Abschlüssen sind. Liegen wesentliche Unterschiede vor, kann der Berufsabschluss nicht anerkannt werden. Soweit das Verfahren einfach erklärt.
Bisher sah das Sächsische Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz vor, dass wesentliche Unterschiede auch bestehen, wenn sich die Ausbildungen allgemein aufgrund der Ausbildungsdauer unterscheiden. Jedoch sieht die Richtlinie wesentliche Unterschiede hinsichtlich Inhalt oder Dauer vor. Das heißt, eine Beschränkung allein aufgrund der Dauer darf nicht erfolgen, es kommt auch auf den Inhalt an. Das hat auch die Kommission betont.
Ein weiterer wichtiger Punkt, ist die Vereinfachung der Anerkennungsverfahren innerhalb der EU. Da den Mitgliedstaaten mit dem Binnenmarktinformationssystem (IMI) ein besonderes elektronisches Tool zur Verfügung steht, soll auch eine einfache Kopie als Nachweis von Dokumenten ausreichen. Bei Zweifeln können die Mitgliedstaaten über das System schnell kontaktiert werden.

Um hier kein Vertragsverletzungsverfahren zu riskieren, war Eile geboten, der wir jetzt mit dem Gesetzesentwurf nachkommen.
Wir BÜNDNISGRÜNE sehen aber noch weitere Punkte, die wir bei der Anerkennung von ausländischen Berufsabschlüssen für wichtig halten. Deshalb haben wir uns mit den Koalitionspartnern auf weitere Änderungen und Weiterentwicklungen geeinigt:
Denn die Regelungen zur Fachkräfteeinwanderung und Berufsanerkennung sind ziemlich unüberschaubar geworden. Die Beratung durch unabhängige Stellen spielt da eine wesentliche Rolle und führt dazu, dass das Anerkennungsverfahren zielgerichtet und schnell bei den zuständigen Stellen durchgeführt werden kann. Wir haben dazu schon Beratungsstrukturen mit einer guten Expertise geschaffen, die wir auch erhalten müssen.
Deshalb wollen wir bis Juni 2021 einen Anspruch auf Beratung gesetzlich verankern. In anderen Bundesländern, wie Niedersachsen, Sachsen-Anhalt oder Schleswig-Holstein ist das bereits der Fall.
Doch Beratung ist nicht das einzige, was es braucht, um bei uns bereits ansässiges Fachpersonal auch in den Arbeitsmarkt einbinden zu können, oft gibt es tatsächlich inhaltliche Unterschiede, aber nicht gänzlich, daher muss es möglich sein, fehlende Teile passgenau durch Qualifizierungsmaßnahmen nachholen zu können. Das wollen wir verankern.
Ich habe in meinem Berufsleben viele Fälle kennengelernt, bei denen Anerkennungsverfahren lange – viel zu lange – gedauert haben und das waren leider keine Einzelfälle. Oft führt es dazu, das Fachpersonal wieder abwandert oder in anderen fachfremden Berufen landet. Daher brauchen wir ein Konzept zur Beschleunigung der Berufsanerkennung! Und da denke ich auch an die Digitalisierung von Prozessen in den Behörden. Hier ist noch Luft nach oben.
Luft nach oben gibt es auch bei der Bewertung und Anerkennung von mitgebrachten Kompetenzen. Menschen, die zugewandert sind oder auch Alteingesessene, die bereits ein Berufsleben hinter sich haben, bringen Kompetenzen mit, die bei der Berufsanerkennung derzeit kaum eine Rolle spielen. Das ist verlorenes Potenzial. Daher wollen wir die Verfahren zur Erfassung und Bewertung nonformaler und informell erworbener Kompetenzen weiterentwickeln und diese bekannter machen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
es ist inzwischen eine Tatsache, dass wir in Sachsen einen hohen Bedarf an Fachkräften haben, den wir nicht mehr nur mit den nächsten Generationen nachholen können. Um das zu ändern, braucht es natürlich viel mehr, aber ein wichtiger Baustein ist Zuwanderung. Und wir müssen endlich das Potential vieler Menschen in Sachsen erkennen, die mit Migrationsgeschichte hier leben.
Wir wollen, dass Menschen jung oder alt, mit oder ohne Migrationsgeschichte, Akademiker*in oder Handwerker*in hier bei uns in Sachsen gut und gerne leben. Dafür brauchen wir eine offene Gesellschaft und eine vielfältige Lebenskultur und die Möglichkeit eigene Potenziale mit einzubringen!

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