Annekathrin Giegengack: Erhalt der Mittelschule Seifhennerdorf? Der Kreistag muss sich erneut mit seinem Schulnetzplan befassen
Rede der Abgeordneten Annekathrin Giegengack, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Sächsischen Landtag zum Antrag der Fraktion Die Linke „Zusage der Kultusministerin einhalten – Neueinrichtung einer Eingangsklassenstufe 5 an der Mittelschule Seifhennersdorf zulassen“ DRS 5/10178, 62. Sitzung des Sächsischen Landtages, 26. September 2012, TOP 10
– Es gilt das gesprochene Wort –
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Sehr geehrter Herr Präsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
im Landtag werden immer wieder einzelne Schulstandorte zum Thema der Auseinandersetzungen. Ich erinnere in diesem Zusammenhang an den Kampf um den Erhalt von Klassen an der Mittelschule Kreischa oder an den diesjährigen Kampf der Mittelschule Hartha.
Die Frontlinien sind scheinbar überall die gleichen und vor allem: verhärtet. Ein Schulstandort, der ums Überleben kämpft, auf der einen, die Kultusbürokratie, die die betreffende Einrichtung für überflüssig hält, auf der anderen Seite.
Im Fall von Seifhennersdorf jedoch ist die Lage in einem zentralen Punkt eine andere, weshalb ich das Gefühl nicht loswerde, dass der Antrag der LINKEN den falschen Adressaten gewählt hat.
Die Mittelschule Seifhennersdorf kämpft seit Jahren für ihren Erhalt, es gibt nie genügend Anmeldungen entsprechend den Vorgaben des Schulgesetzes. Im Schuljahr 2009/2010 wurde letztmalig eine Eingangsklasse 5 gebildet, seitdem ist keine neue Klasse mehr zusammengekommen.
Der Antrag fordert nun, die Ausnahmetatbestände gemäß § 4a Abs. 4 SchulG auszunutzen und damit zu ermöglichen, dass eine fünfte Klasse an der Mittelschule gebildet werden kann. In der Begründung bezieht man sich auf die im Gesetz benannten Ausnahmetatbestände, das Mittelschulmoratorium sowie auf das Wort der Ministerin.
Der Antrag fordert vom Kultusministerium die förmliche Feststellung eines öffentlichen Bedürfnisses gemäß § 24 Abs. 2. Dies könnte sie wohl feststellen, jedoch sollte man an dieser Stelle das Gesetz denn auch weiter lesen bzw. zurückblättern.
Im § 23a des SchulG heißt es nämlich: "Beschlüsse des Schulträgers und Entscheidungen des Staatsministeriums für Kultus nach § 24 [Einrichtung, Änderung und Aufhebung von Schulen] erfolgen auf der Grundlage eines genehmigten Schulnetzplanes."
Es ist der Landkreis Görlitz, der zunächst die Mittelschule Seifhennersdorf zur Schließung ausgewiesen hat. Gegen den Willen der Stadt als Schulträger. Das SMK hat diesen Schulnetzplan genehmigt und bezieht sich nunmehr auf diesen, wenn sie von einem "nicht gegebenen öffentlichen Bedürfnis" spricht, denn ein öffentliches Bedürfnis ist nur gegeben, wenn die entsprechende Schule im Schulnetzplan verankert ist und somit die Unterstützung des Landkreises hat.
Das SMK bestätigte auf Anfragen, dass das Votum des Kreistags Maßstab des weiteren Verwaltungshandelns ist. Somit greift auch das Schulmoratorium nicht, denn auch dafür bräuchte es zunächst die Erwähnung im Schulnetzplan und somit den Nachweis eines öffentlichen Bedürfnisses.
Im Unterschied zu Kreischa, wo der Landkreis hinter der Schule steht und diese im Schulnetzplan ausgewiesen ist, stellt sich die Sache hier anders dar. Auch im Fall Hartha, das am Rande, hat der Landkreis selbst die Schule nicht aus dem Schulnetzplan gestrichen. Jedoch hat das SMK diesen Plan nur mit Änderungen bewilligt, ohne die Mittelschule Hartha. Dass der Schulträger dagegen vorgeht, ist sein gutes Recht – und durch die Unterstützung des Landkreises wohl auch eher von Erfolg gekrönt als in dem Fall, der uns heute vorliegt.
Welche Bedeutung in diesem Zusammenhang die Zusage der Kultusministerin hat, spielt so gesehen keine Rolle und würde wohl eher in einer müßigen Diskussion über Ehrenworte und Wortbruch enden.
Für Seifhennersdorf ist es zielführender, wenn der Kreistag sich erneut mit seinem Schulnetzplan befasst, wie er es für die nächste Sitzung anberaumt hat. Hier und heute könnten wir die Staatsregierung höchstens auffordern, die Sache so lang auszusetzen, bis der Kreistag entschieden hat.
Wünschenswert wäre es indes, wenn die Staatsregierung klärt, welche Möglichkeiten der eigentliche Schulträger – die Stadt, die Gemeinde – hat, um sich für den Erhalt seiner Schule einzusetzen. Dazu gehört auch die Klärung, an welchem Stichtag die Anmeldezahlen an Schulen verbindlich sind: im März, wenn die Eltern die Kinder anmelden? Im Juni, wenn der Bescheid über die Aufnahme kommt? Im August, mit dem kalendarischen Schuljahresbeginn? Oder doch, wie es das Oberverwaltungsgericht darlegte, zu Unterrichtsbeginn?
Das könnte zumindest den Schulen helfen, die Teil des Schulnetzplanes sind, von den Ausnahmetatbeständen nach § 4a des Schulgesetzes oder vom Mittelschulmoratorium profitieren könnten. In den anderen Fällen sollte den Schulträgern bei der Erarbeitung der Schulnetzpläne deutlich mehr Gewicht gegeben werden.
Hintergrund:
Der GRÜNE Änderungsantrag zum Antrag der Linksfraktion