Annekathrin Giegengack zum Antrag „Erhalt der 5. Klassen an der Mittelschule Kreischa“

Wir und die Eltern vor Ort sehen keinen Grund, weshalb die Schulaufsicht ihr Ermessen zur Genehmigung einer Ausnahme im Schuljahr 10/11 anders ausübt als die Jahre zuvor

Redebeitrag der Abgeordneten Annekathrin Giegengack zum Antrag „Erhalt der 5. Klassen an der Mittelschule Kreischa“ in der 28. Sitzung des Sächsischen Landtages, 19.01., TOP 5

Es gilt das gesprochene Wort!
—————————————————————————-

Sehr geehrter Herr Präsident,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

es wurde schon viel gesagt. Ich möchte zum Schluss auf den Sachverhalt eingehen, weshalb meine Fraktion, diesen Antrag mit eingereicht hat und zur Abstimmung bringt.

Wie Sie wissen, enthält das Schulgesetz bestimmte Mindestanforderungen für die Einrichtung einer Eingangsklassenstufe an Mittelschulen – 40 Kinder – zwei Klassen. Ist dies nicht der Fall, kommt es darauf an, ob ein begründeter Ausnahmefall im Sinne § 4a Abs.4 Schulgesetz vorliegt.

Aus Sicht der Staatsregierung erscheint es als opportun, jedes Jahr aufs Neue im Einzelfall zu entscheiden, ob die im Schulgesetz vorgesehenen sechs Ausnahmetatbestände auf die jeweiligen Schulen, die die Mindestschülerzahlen nicht erreichen, Anwendung finden können oder nicht. Und so steht es im Ermessen der Schulaufsicht, über die Zumutbarkeit von Schulwegen und Schulwegentfernungen, besondere pädagogische Gründe, bauliche Besonderheiten oder die überregionale Bedeutung einer Schule zu entscheiden.

Wie sah die Einzelfallentscheidung des Kultus in Kreischa in den letzten Jahren aus?

Schuljahr 05/06 – keine Schüler angemeldet – keine Klasse gebildet
Schuljahr 06/07 – 17 Schüler angemeldet – es wird eine Ausnahmegenehmigung erteilt und nach der Anhörung des Schulträgers auf einen Mitwirkungswiderruf für die Schule verzichtet, obwohl der Kreistag die MS Kreischa aus dem Schulnetzplan streicht
Schuljahr 07/08 – keine Schüler angemeldet – keine Klasse gebildet
Schuljahr 08/09 – 25 Schüler angemeldet – Ausnahmegenehmigung erteilt
Schuljahr 09/10 – 28 Schüler angemeldet – Ausnahmegenehmigung erteilt, wie übrigens bei allen MS, die in diesem Schuljahr die Mindestschülerzahlen nicht erreichen, denn es ist Wahl.
Schuljahr 10/11 – Anmeldung von 38 Kindern – keine Ausnahmegenehmigung.

Grundsätzlich ist die Verwaltung – in diesem Fall die Schulaufsicht – verpflichtet, ihre Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe sowie ihr Ermessen in im Wesentlichen gleichgelagerten Fällen nicht ohne sachlich rechtfertigenden Grund anders auszuüben. Sie ist an ihre selbst gesetzten Maßstäbe gebunden und in ihrer Ermessensausübung in den folgenden Fällen nicht mehr frei.

Wenn meine Fraktion die Fortführung der jetzt fünften Klassen auch über das Halbjahr und über das Schuljahr hinaus fordert, dann weil wir der Auffassung sind, dass es sich bei der MS Kreischa nicht nur um einen im Wesentlichen gleichgelagerten, sondern um denselben Fall handelt. Wir und die Eltern vor Ort sehen keinen sachlich rechtfertigenden Grund, weshalb die Schulaufsicht ihr Ermessen zur Genehmigung einer Ausnahme nach §4a Abs.4 Schulgesetz im Schuljahr 10/11 anders ausübt als die Jahre zuvor. Im Gegenteil, die Anmeldezahlen sind sogar gestiegen.

Sehr geehrter Herr Wöller, sie halten es für nicht angezeigt, die in der Tat einen weiten Interpretationsspielraum bietenden Ausnahmetatbestände des Schulgesetzes durch eine Verwaltungsrichtlinie mit objektiven Kriterien zu untersetzen, wie Sie uns in Ihrer Stellungsnahme zu unserem Antrag ‚Vereinheitlichung des Verwaltungsvollzuges bei Erteilung von Ausnahmegenehmigungen‘ mitteilten.

Ich bin überzeugt, solang sie darauf bestehen, in jedem Einzelfall nach ihrem Ermessen zu entscheiden, wird ihnen jeder Streitfall auf die Füße fallen, weil die Würdigung eines Sachverhaltes als Grundlage des Ermessens  jedenfalls theoretisch immer auch anders ausfallen kann.

Ja, sie können vor Gericht ziehen und sogar Recht bekommen in diesen Streitfällen, ihrem Ansehen als Bildungsminister ist dies so oder so nicht zuträglich. Wer politisch etwas bewegen will, braucht das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger, besonders im Bildungsbereich. Sie haben es mit dem Streit um Kreischa erneut aufs Spiel gesetzt.