Antje Hermenau: Schwarz-Gelb hat einen Rohrkrepierer nach dem anderen produziert!
Redebeitrag der Abgeordneten Antje Hermenau in der 1. Aktuellen Debatte zum Antrag "08/14 ist Schluss mit 08/15 – was Schwarzgelb in Sachsen wirklich vorzuweisen hat", 89. Sitzung des Sächsischen Landtages, 18. Dezember 2013, TOP 4
– Es gilt das gesprochene Wort –
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Herr Präsident! Meine Damen und Herren Kollegen,
jetzt hat man einmal gehört, wie das ist, wenn jemand nicht von der Substanz spricht, sondern den blau-gelben Verpackungskünstler des Nichts gibt. Nummernschilder, gefällte Bäume und Waschanlagen waren das, was Sie als Ihre Erfolge dargestellt haben. Da gibt es in der Tat nicht viel aufzuräumen, wenn Sie weg sind von der Regierung. Aber die Drohung, dass Sie uns in den nächsten neun Monaten hier weiterhin mit diesem Nichts unterhalten wollen, nehme ich ernst. Das wird heißen: wieder ein politischer Rohrkrepierer.
Was wirklich passiert, ist etwas ganz anderes. Passiert ist, dass es in den letzten vier Jahren in ganz vielen Bereichen einen tiefen Vertrauensverlust in unseren Staat, in das Handeln dieser Landesregierung gegeben hat.
Es ging überall rein in die Kartoffeln und raus aus den Kartoffeln. Es war ein unzuverlässig agierender Staat. Das, glaube ich, ist ein viel schlimmeres Problem, als diese Petitessen, die hier gerade vorgetragen wurden.
Schauen wir uns zum Beispiel einmal den Bereich Energie an: Im Frühjahr 2011 haben Sie, Herr Ministerpräsident, noch vorgeschlagen, Sachsen zum Energieland Nummer eins in Deutschland zu machen. Das war in Ihrer Regierungserklärung: 33 Prozent Strom aus erneuerbaren Energien bis 2020. Heute ist in Sachsen angesagt: 28 Prozent erneuerbarer Strom bis 2025. So viel zum Thema Dichtung und Wahrheit. Sie sind der Energie-Loser Nummer eins in der Bundesrepublik.
In Sachsen-Anhalt und Brandenburg verdienen sehr viele Menschen über das EEG auch gutes Geld.
Aber hier in Sachsen zahlen wir drauf, weil Sie das aus ideologischen Gründen boykottiert haben!
Nächster Punkt: Baumschutz. Die FDP war ganz vorn beim »Baum-ab-strategieren“.
Ergebnis am Beispiel Leipzig: 2009 konnte die Stadt Leipzig noch circa 10.000 Ersatzpflanzungen für gefällte Bäume anordnen. 2013 sind es gerade noch 2.000 als Ersatzpflanzungen.
Die Kommune kann für die Fällungen keine Gebühren mehr erheben, sondern muss selbst aus öffentlichen Mitteln 80.000 Euro aufbringen, um diese Ersatzpflanzungen vorzunehmen.
Das Tollste an der Sache ist die Chuzpe von FDP-Abgeordneten. Frau Siebert in Leipzig verbreitet überall, im Jahr 2013 sei aufgefallen, dass die Stadt doch ein wenig mehr Grün brauche. Das würde Sinn machen. – Das ist eine bahnbrechende Erkenntnis. Die Bäume sind aber weg. Es braucht Jahrzehnte, bis ein Baum einen Stammdurchmesser von einem Meter erreicht hat und eine Fällgenehmigung erteilt werden muss. Jetzt haben wir die Situation, dass die Bäume vorher abgesägt werden und die Stadt keine Genehmigungen erteilen muss und keine Einnahmen hat. Die Vorgärten sind rasiert.
Kürzungen im Jugend- und Sozialbereich 2010: völlig unverhältnismäßig, völlig unnötig und ideologisch gesteuert, soziale Verschuldung aufgebaut.
Im Jahr 2008 haben immerhin noch acht von 13 Landkreisen und kreisfreien Städten die Jugendpauschale für Jugendhilfe eingesetzt. Im Jahr 201 1 sind es noch zwei Landkreise von 13, die das tun. Das betrifft den ländlichen Raum. Das ist denen von der FDP Wurst, aber Ihnen in der CDU nicht.
Wirtschaft: Ich sage nur Eierschecke. Ich führe das nicht weiter aus.
Bildung: Schulen in freier Trägerschaft. Im Koalitionsvertrag wird noch von der Wertschätzung von Schulen in freier Trägerschaft gesprochen. In der Realität lassen Sie es im Haushaltsbegleitgesetz 2011/2012 darauf ankommen und nehmen es billigend in Kauf, verklagt zu werden. Was herausgekommen ist, haben wir in der vergangenen Woche erlebt. Sie leben jetzt im Zustand der Verfassungswidrigkeit nach dieser Kapriole. Das ist wieder ein Rohrkrepierer, wieder Leute verunsichert.
Wir werden heute noch darüber debattieren.
Bildung: Oberschule, die „Weiterentwicklung der Mittelschule“ dröhnte es durch den Raum – neue Schilder, neue Briefköpfe, eine reine Marketingmaßnahme.
Die zweite Fremdsprache gab es vorher schon an 80 Prozent der Schulen. Jetzt sind es 86 Prozent. Dafür hatte man nicht so einen Wind machen müssen.
Hochschule: Wo ist die Hochschulautonomie? Bei den Hochschulen haben wir inzwischen eine Mangelverwaltung in Eigenverantwortung. Wo ist die solide Grundfinanzierung, die noch im Koalitionsvertrag gefordert wurde? Sie machen es nicht! Sie liefern nicht! Diese Staatsregierung liefert nicht!
Justiz: Am Ende der Legislaturperiode wollen Sie einen Normenkontrollrat einführen, um die Kosten von Gesetzesinitiativen für die Bürger und für die Wirtschaft zu prüfen – am Ende, nachdem Sie ein nicht durchgerechnetes Standortkonzept beschlossen haben und der Landesrechnungshof klagen muss.
Polizei: Stellenabbau verhängt. Inzwischen stehen Ihnen die Schweißtropfen auf der Stirn, weil es viel Ärger gibt. Sie fabulieren, Sie wollten eine Evaluation machen. Auf Ihren Parteitagen beschließen Sie alles Mögliche, aber die Verunsicherung im ländlichen Raum und überall sonst ist groß.
Bahnpolitik: Der Fernverkehr macht um Sachsen inzwischen einen Bogen. Das liegt auch an den fehlenden Ausbauinvestitionen. Die Finanzierung der Sachsenmagistrale ist von der Bahn eingestellt worden. Die Planungsleistungen, die noch gemacht werden, finanziert der Steuerzahler, obwohl es die Aufgabe der Bundesbahn wäre.
Sie haben einen Rohrkrepierer nach dem anderen produziert. Die kommen jetzt alle zum Vorschein und werden jetzt einer nach dem anderen aufgedeckt. Da können Sie hier dröhnende Reden halten, Herr Zastrow. Es wird nichts bringen.
Die Substanz ist die Wahrheit, und die Schlussabrechnung dieser Koalition erfolgt am Wahltag.
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