Antje Hermenau zum Antrag „Beratende Äußerung des Sächsischen Rechnungshofes“
Nach außen Aktionismus durch die Koalition und nach innen nichts Gescheites im Haushalt
Redebeitrag der Abgeordneten Antje Hermenau zum Antrag „Beratende Äußerung des Sächsischen Rechnungshofes“ in der 21. Sitzung des Sächsischen Landtages, 29.09., TOP 10
Es gilt das gesprochene Wort!
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Herr Präsident! Meine Damen und Herren Kollegen! Warum findet diese Debatte heute in diesem Parlament statt? Das ist ein großes Ablenkungsmanöver. Nach außen Aktionismus durch die Koalition und nach innen nichts Gescheites im Haushalt, und jetzt kommt der zweite lnbusschlüssel für IKEA. Das war der Versuch einer großen Show, und Herr Prof. Schmalfuß, Sie sind in dieser Frage ein schlechter Schauspieler. Lassen Sie das in Zukunft, Sie tun sich nichts Gutes.
Die Verstöße gegen die Haushaltsgrundsätze sind erheblich. Haushaltswahrheit und Haushaltsklarheit sind gefährdet. Die Vollständigkeit des Haushaltes ist gefährdet, die Einheit und die Fälligkeit der einzelnen Ausgabeposten sind alle als Grundsätze gefährdet. Schlimmer geht es eigentlich nimmer; und es ist Ihr Machtverlust, meine Damen und Herren von der CDU, der hier auch zur Debatte steht. Die Regierung ist immer noch bei Ihnen angestellt. Nirgends wird das klarer, als wenn wir über Haushalt sprechen. Natürlich, Herr Schmalfuß, kann man sagen, man hätte ja eher klagen können. Das haben wir übrigens. Wir haben dreimal vor dem Verfassungsgericht wegen Budgetfragen geklagt und wir haben auch, wie Sie schmerzlich wissen dürften, zweieinhalb Mal gewonnen.
Nun auch noch Ihr Antrag, der bestätigt, dass viele Fragen, die wir bereits seit einem halben Jahr diskutieren, zum Beispiel über die Budgethoheit, die Frage des Rahmens der Kreditermächtigung den Bericht des Landesrechnungshofes aus der Sommerpause — all das gemeinsam und amtlich bestätigt in der gemeinsamen Meinung, dass dieses Budget nicht mehr zu verantworten ist, so wie es hier vorgelegt wurde. Sie haben ein Übermaß erreicht, und wenn Sie von der FDP politisch der Meinung sind, dass man diese Machtdelegierung durch Flexibilität an die Regierung geben muss, dann könnten Sie Ihre Halbtagsmandate meiner Meinung nach auch gleich an der Garderobe abgeben.
Der Haushalt ist budgetiert, aber er wird kameralistisch aufgeschrieben. Sie schreiben in einer falschen Sprache auf, was Sie tun. Wenn Sie Angst davor haben, Budgethaushalte vorzulegen, dann dürfen Sie die Kameralistik nicht so verletzen, wie Sie das in diesem Haushaltsentwurf tun, sondern Sie müssen sich entscheiden: Budgetierung la FDP, aber dann ordentlich aufgeschrieben, oder Kameralistik la CDU, aber dann ordentlich durchgehalten. Dort müssen Sie mal zu Potte kommen.
Das Parlament erfährt durch diese Deckungsstruktur in diesem Haushalt viele Änderungen in der Ausgabenstruktur nicht. Das heißt, Sie müssen nicht einmal mit der überplanmäßigen Ausgabe kommen, das können Sie einfach mal so nebenbei in der Regierung erledigen. Im zweiten Jahr des Doppelhaushaltes wird es noch undurchsichtiger und noch grobmaschiger. Es ist völlig egal, was Sie, meine Damen und Herren von der CDU, in Ihren Fachbereichen meinen. Es spielt keine Rolle, es wird eh andersherum geschoben.
Dann gibt es noch die Frage der Koppelungsvermerke. 43 % der Haushaltstitel mit Koppelungsvermerken — das ist unserer Meinung nach nicht zulässig. Dabei könnten losgelöste Sonderbereiche entstehen. Es betrifft 42 % der Haushaltstitel, die übertragbar sind. Das ist die Debatte über disgabste, die wir führen. Auch dort sind viele Fragen offen. Wir haben inzwischen eine Ausgabenrestsituation von fast 3 Milliarden Euro in diesem Haushalt. Dann stehen den Ministerien natürlich Nebenbudgets zur Verfügung. Das ist interessant. Wir halten das, wie wir im Frühjahr dieses Jahres schon oft hier erklärt haben, für eine Frechheit. Das Budgetrecht des Parlamentes ist massiv gefährdet, und normalerweise entscheidet nach Verfassungslage in diesem Land das Parlament, welches und wie viel Geld für welche Maßnahme ausgegeben wird. Ich habe versucht, das am Beispiel der Haushaltsgrundsätze darzulegen.
Nun kommt die Idee der Ergänzungsvorlage auf. Ich vermute, sie wird dann 14 Bände dick. Jeder Titel muss nämlich angeschaut werden, ob er zu den 84 % oder den 42 % dazugehört, von denen ich gerade spreche. Wir sprechen von 4028 Seiten — nur um das einmal klar auf den Tisch zu legen. Meiner Meinung nach ist dieser Haushalt eine Mogelpackung. Man kann ihn sozusagen nicht außen kameral aufschreiben und innen mit Budgetierung führen. Das ist nicht flexibel, wie Herr Prof. Schmalfuß meinte, das ist eine unerlaubte, falsche Haushaltsführung.
Es ist meiner Meinung nach auch nicht mit dieser Sache zu heilen. 4028 Seiten als Anlage zum Haushaltgesetz in Einzelplänen müssten einzeln überprüft und besprochen werden. Dazu brauchen wir definitiv bis Januar oder Februar. Ich habe mehrmals deutlich gemacht, dass es kein Problem wäre, die Haushaltsberatungen zu verlängern. Das ist kein Thema, man kann eine vorläufige Haushaltsführung machen. Das wäre aufwendig, aber nötig. Wenn Sie das nicht tun, dann dürfen Sie damit rechnen, dass wir nicht nur in der 3. Lesung den Haushalt ablehnen werden. Sie dürfen damit rechnen, dass die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wieder vor das Verfassungsgericht ziehen und klagen wird. Davor hatte Herr Prof. Schmalfuß ja auch Angst. Deswegen hat er dauernd darüber herumschwadroniert, dass man schon vorher hätte klagen können.
Es fehlen in diesem Haushalt geeignete lnformations- und Steuerungsinstrumente und die Leistungsverabredung. Deshalb können Sie ihn so, wie Sie ihn aufgeschrieben haben, nicht durchziehen. Diese Debatte führen wir nun wirklich lange genug. Ich empfehle, den Antrag der Koalitionsfraktionen im ersten Punkt abzulehnen. Damit heilen Sie nichts. Es sind alles Krücken, die nur weiter zum Humpeln verleiten. Dem zweiten Punkt kann man großzügig zustimmen, weil es eigentlich selbstverständlich ist, dass Dinge, die jetzt nicht geschafft werden, noch nachgebessert werden müssen.