Antje Hermenau zur Finanztransaktionssteuer
Redebeitrag der Abgeordneten Antje Hermenau zum Antrag "Spekulationen zukünftig eindämmen – Einführung einer Finanztransaktionssteuer" in der 38. Sitzung des Sächsischen Landtags, 29.06., TOP 5
Es gilt das gesprochene Wort!
—————————————————————————-
Herr Präsident! Meine Damen und Herren Kollegen!
Erst einmal, Herr Pecher, heiße ich Sie willkommen zurück in der Runde derer, die sich auch gern einmal jenseits von Kommunal- und Landespolitik in Finanzfragen über den Tellerrand bewegen wollen. Das war im letzten Plenum noch anders. Ich finde es auch richtig, dass Sie diesen Antrag vorgestellt haben. In der Sache kann man das noch diskutieren. Das Desaster der Landesbank muss ja durchaus auch hier in diesem Parlament zu Einsichten führen. Wenn man gute Erfahrungen und kluge Hinweise hat, dann soll man die auch in die Debatte einspeisen. Ich finde, das kann man machen.
Trotzdem haben wir einen Änderungsantrag machen müssen. Das ist ganz klar. Der ist ein bisschen schärfer als Ihrer, der jetzt schon ein Jahr herumliegt, und orientiert sich ein bisschen mehr an der Aktuellen Debatte von vor ein paar Tagen im Bundestag zu dem Thema. Da treffen Sie Forderungen wieder, die übrigens auch die SPD-Bundestagsfraktion erhoben hat. Das müsste Ihnen also nicht sachfremd sein.
Die CDU hat auch im Bundestag, Herr Löffler, konditioniert argumentiert. Es müsse mindestens in der Eurozone gemacht werden, besser in der ganzen EU oder am besten weltweit. Den Versuch von Frau Merkel gab es. Aber selbst der Vorstandschef der Deutschen Bank ist inzwischen weiter als die sächsische CDU und vielleicht die auf Bundesebene. Er hat gesagt, er hält die Einführung dann für richtig, wenn mindestens die wichtigsten kontinentaleuropäischen — da ist London draußen — Finanzplätze einbezogen würden.
Diesen Punkt haben wir erreicht. Bisher hat es keiner aufgegriffen von denen, die diskutiert haben. Vielleicht haben Sie heute noch keine Presse zur Kenntnis genommen. Am heutigen Tag hat Algirdas Semeta, das ist unser EU-Steuerkommissar in Brüssel, den Vorschlag für die Finanzplanung von 2014 bis 2020 vorgelegt.
Darin enthalten ist die Finanztransaktionssteuer in einem Korridor von 0,01 bis 0,05 % auf alle Börsengeschäfte. Das entspricht den Forderungen aus Deutschland, Frankreich, Österreich, Luxemburg und dem Europäischen Parlament. Die Briten haben sich erwartungsgemäß dagegen verhalten, aber bei einem Schuldenstand von ungefähr derselben prozentualen Höhe wie Griechenland sollte man vielleicht auch nicht so kleinlich sein.
Die FDP hat sich im Bundestag als einzige gegen die Finanztransaktionssteuer ausgesprochen. Sie haben, wie ich finde, im letzten Jahr ein politisches Ablenkungsmanöver entwickelt: Das heißt Finanzaktivitätssteuer. So ähnlich hat heute auch Herr Löffler argumentiert. Das ist der Stand der Debatte vom letzten Jahr.
Das Fazit, das ich politisch ziehen muss, ist, dass die Europapartei CDU im Bundestag von der FDP keine Unterstützung hat. Ich finde es schon bedenklich, dass Sie andere europafreundliche Fraktionen im Bundestag und offensichtlich auch hier im Landtag brauchen, um in einer so entscheidenden Frage weiterzukommen.
Ich wiederhole es noch einmal: In der heutigen Finanzplanung für die EU ist die Finanztransaktionssteuer eingepreist. Die ganze Debatte kommt im Prinzip zu spät. Man könnte auch sagen, dass sich der Antrag erledigt hat. Aber nachdem ich jetzt merke, dass die Vorredner diesen Kenntnisstand noch nicht hatten, hat sich die Debatte ja schon wieder gelohnt.
Ein zweites Mal kann sich Deutschland keinen Bankenrettungsschirm mehr leisten. Jeder sollte sich durch den Kopf gehen lassen, was das bedeutet. Das heißt automatisch, dass jetzt angefangen werden muss, solche Regulationsmechanismen in Angriff zu nehmen. Es gibt da, glaube ich, keine Alternative, obwohl ich diesen Satz nicht gut finde. Es gibt aber manchmal Situationen, die lassen einem wirklich nicht viele Möglichkeiten.
Auch wenn wir Sachsen es geschafft haben, beim Desaster der SachsenLB andere aktuell in Höhe von vielleicht 11 oder 12 Milliarden Euro für unseren Schaden bürgen zu lassen, kann man wohl doch nicht damit rechnen, dass es immer so weiter und so gut geht. Vor diesem Hintergrund bin ich der Meinung, dass es dem Hause gut zu Gesicht stünde, sich dazu zu bekennen, dass die Finanztransaktionssteuer ab heute in die europäische Politik einfließt.
Vielen Dank.